Die missionarische Dimension des Ordens der Barmherzigen Brüder
Eine prophetische Stimme Im Dienst des kranken und hilfsbedürftigen Menschen
HOSPITALORDEN DES HL. JOHANNES V. GOTT
DIE MISSIONARISCHE DIMENSION
DES ORDENS DER BARMHERZIGEN BRÜDER
Eine prophetische Stimme im Dienst des kranken und
hilfsbedürftigen Menschen
ROM, 1997
HOSPITALORDEN DES HL. JOHANNES V. GOTT
DIE MISSIONARISCHE DIMENSION
DES ORDENS DER BARMHERZIGEN BRÜDER
Eine prophetische Stimme im Dienst des kranken und
hilfsbedürftigen Menschen
ROM, 1997
INHALTSVERZEICHNIS
Abkürzungen
VORWORT
EINLEITUNG
I TEIL. UNSER AUFTRAG IN DER KIRCHE: DAS
EVANGELIUM VON
DER BARMHERZIGKEIT VERKÜNDEN UND ERFAHRBAR MACHEN
Kapitel I. Die Dimension der Evangelisierung in
der Kirche
1. Jesus
von Nazareth und der Sinn des menschlichen Lebens
2. Glaubenserfahrung
und Verkündigung der Heilsbotschaft
3. Der
Auftrag der Kirche zur Evangelisierung: eine ständige Aufgabe
4. Die
evangelisierende und pastorale Kraft des Zweiten Vatikanischen Konzils
5. Forderungen
der Evangelisierung nach dem kirchlichen Lehramt:
Evangelii
Nuntiandi und Redemptoris missio
6. Missionarische
Antworten der Kirche: die neue Evangelisierung
7. Das
geweihte Leben im Licht des Mysteriums und der Sendung der Kirche
Kapitel II. Johannes von Gott: Bruder und Diener
für das Heil aller Menschen
1. Von
der Barmherzigkeit Gottes betört
2. Zeuge
der Freundschaft Gottes zum Menschen
3. Er
steckte die anderen mit seiner Nächstenliebe an
4. Die
ersten Gefährten
5. Prophetische
und evangelisierende Zeichen seines Lebens
II TEIL. ZUR EVANGELISIERUNG DER ARMEN UND KRANKEN
BERUFEN.
EIN HISTORISCHER RÜCKBLICK
Kapitel III. Der Hospitalorden bis zur Hälfte des
19. Jahrhunderts
1. Vom
Tod des hl. Johannes v. Gott bis zur Spaltung des Ordens in zwei Kongregationen
2. Spaltung
des Ordens in zwei Kongregationen
2.1. Die
spanische Kongregation
2.2. Die
italienische Kongregation
3. Der
Orden in Amerika
4. Der
Orden in Asien, Afrika und Ozeanien
5. Werte
der Hospitalität und andere Faktoren, die einen wichtigen Einfluß auf die
Ausbreitung
des Ordens ausgeübt haben
6. Der
Hospitalität treu geblieben bis zum Martyrium
Kapitel IV. Apostolisch-missionarische Arbeit des
Ordens ab der Hälfte
des 19. Jahrhunderts
1. Erlöschen
der spanischen Kongregation
2. Verfall
der italienischen Kongregation
3. Verfall
und Erlöschen des Ordens in den Überseeprovinzen
III TEIL. DIE HOSPITALITÄT: DER BESONDERE AUFTRAG
DES ORDENS
Kapitel V. Leitlinien des Ordens für die
Evangelisierung
1. Geschichtlicher
Werdegang der Konstitutionen
2. Prinzipien
der Evangelisierung
3. Die
missionarische Dimension in den Schriften der Brüder
4. Die
Missionstätigkeit des Ordens: Meinungen, Standpunkte und Erklärungen unserer
Brüder
in der Mission
Kapitel VI. Instrumente des Ordens im Dienst der
Evangelisierung
1. Organe
der Generalkurie im Dienst der Missionsarbeit
2. Interprovinzielle
und Provinzorgane
IV TEIL. HOSPITALITÄT HEUTE
Kapitel VII. Die neue Blüte der Hospitalität
1. Europa:
dynamische Kraft des Ordens
2. Der
Orden in Amerika heute
3. Afrika:
neue Lebenskraft für den Baum der Hospitalität
4. Asien:
die Barmherzigen Brüder in einer Kultur voller Kontraste
5. Ozeanien:
neue Horizonte der Hospitalität
Kapitel VIII. Aktuelle Herausforderungen für die
Missionstätigkeit des Ordens
1. Die
Berufung des Barmherzigen Bruders im Licht der Missionsarbeit
2. Die
missionarische Animation: eine ständige Herausforderung für unsere Kommunitäten
3. Die
Charta zur missionarischen Animation
4. Grundlagen
unserer Missionsarbeit
5. Die
Neue Hospitalität: Neuevangelisierung im Geist des hl. Johannes v. Gott
DOKUMENTATION UND BIBLIOGRAPHIE
WICHTIGE ABKÜRZUNGEN
AG AD GENTES. II. Vaticanum
Dekret über die Missionstätigkeit
der Kirche.
AGFR Archiv der Generalkurie der Barmherzigen
Brüder in Rom
AIP Archiv im Pisas-Haus in Granada
Celam IV IV. Bischofskonferenz Lateinamerikas
Santo Domingo (12. - 28. Oktober
1992)
DV DEI VERBUM. II. Vaticanum
Dogmatische Konstitution über die
göttliche Offenbarung
EA Ecclesia
in Africa
EN EVANGELII NUNTIANDI. Apostolisches
Schreiben von Paul VI.
Die Evangelisierung in der Welt
von heute
GL Brief des hl. Johannes v. Gott an
Gutierrez Lasso
GS GAUDIUM ET SPES. II. Vaticanum
Pastorale Konstitution über die
Kirche in der Welt von heute
GST. Generalstatuten des Hospitalordens
vom hl. Johannes v. Gott
HS Brief des hl. Johannes v. Gott an die
Herzogin von Sessa
Konst. Konstitutionen des Hospitalordens vom
hl. Johannes v. Gott
(Nach
der Abkürzung wird das jeweilige Datum ihres Erscheinens angegeben, z.B. Konst.
1984 usw.)
LB Brief des hl. Johannes v. Gott an
Luis Bautista
LG LUMEN GENTIUM. II. Vaticanum
Dogmatische Konstitution über die
Kirche
NA NOSTRA AETATE. II. Vaticanum
Erklärung über das Verhältnis der
Kirche zu den nichtchristlichen Religionen
PC PERFECTAE CARITATIS. II. Vaticanum
Dekret über die zeitgemäße Erneuerung
des Ordenslebens
POE Präsenz des Ordens in Spanien. Madrid,
1986
RMi REDEMPTORIS MISSIO. Enzyklika von
Johannes Paul II.
über die fortdauernde Gültigkeit
des missionarischen Auftrages
SALOH Interprovinzielles Sekretariat des
Hospitalordens in Lateinamerika
SC SACROSANCTUM CONCILIUM.
II. Vaticanum
Konstitution über die heilige
Liturgie
SD SALVIFICI DOLORIS. Apostolisches
Schreiben von Johannes Paul II.
über das menschliche Leiden
SELARE Lateinamerikanisches Sekretariat für
Erneuerung
VC VITA CONSECRATA. Apostolisches
Schreiben von Johannes Paul II. über
das geweihte Leben
BRIEFE DES HL. JOHANNES V. GOTT. Die Zitate aus den Briefen des hl. Johannes v.
Gott stammen aus: Die Regel des heiligen Augustinus - Briefe des heiligen
Johannes von Gott. Rom, 1984. Herausgeber: Provinzialat der Barmherzigen
Brüder Wien - Regensburg - Frankfurt/M.
VORWORT
Das Dokument Die missionarische Dimension des
Hospitalordens, das Sie in Händen halten, ist eine Arbeit, mit der eine
wichtige Lücke in der Ordensliteratur gefüllt wird.
Das Dokument ist das Ergebnis eines langen
Arbeitsprozesses, den ich kurz darstellen möchte:
·
Bei einer Zusammenkunft der
Generalkommission für Animation vom 11. bis 13. März 1992 erkannte man die
Notwendigkeit, ein Dokument über die “missionarische Dimension des Ordens” zu
erstellen. Ohne den Titel zu definieren,. vereinbarte man, daß in dem Dokument
die Missionstätigkeit des Ordens in der Vergangenheit und Gegenwart dargestellt
sowie ein Ausblick in die Zukunft gegeben werden sollte.
·
Bei der folgenden Zusammenkunft vom
16. bis 18. Oktober desselben Jahres beschäftigte man sich erneut mit dem ins
Auge gefaßten Dokument und kam überein, daß die bevorstehende Feier des 500.
Geburtstages des hl. Johannes v. Gott eine ideale Gelegenheit darstellte, dem
Orden das Dokument vorzulegen und dadurch das apostolische Bewußtsein bei den
Brüdern und Mitarbeitern zu stärken.
·
1993, bei der Begegnung vom 26. bis
27. Mai, wurde der Generalkommission ein Schema mit den wichtigsten Punkten des
angestrebten Dokumentes zur Prüfung vorgelegt. Das Schema wurde mit einigen
geringfügigen Abänderungen von der Kommission gutgeheißen.
·
In der Folge wurde ein Arbeitskreis
gebildet, in den Fr. Pascual Piles, seinerzeit erster Generalrat, und der
Generaldelegat Afrikas Fr. Juan Bautista Carbó sowie die Mitbrüder Fr. Jesús
Etayo und Fr. Ubaldo Feito berufen wurden, die die Arbeit unter sich
aufteilten.
·
Bei der nächsten Zusammenkunft der
Generalkommission für Animation vom 18. bis 20. Mai 1994 drängte man erneut
darauf, daß das Dokument im Festjahr des 500. Geburtsjahres des hl. Johannes
von Gott publiziert werden sollte.
·
Obwohl sich der Arbeitskreis nach
Kräften anstrengte, mußte beim Generalkapitel 1994 in Bogotá bekanntgegeben
werden, daß das Dokument unmöglich fristgerecht fertiggestellt und publiziert
werden konnte
·
Die Erstellung und Publikation des
Dokumentes wurde deswegen in das Programm der Generalleitung für das Sexennium
1994-2000 aufgenommen und sollte in dem Arbeitsabschnitt 1996-1997 mithilfe des
bestehenden Arbeitskreises, P. General miteingeschlossen, erfolgen.
·
Bei der Zusammenkunft der
Generalkommission für Animation vom 26. bis 27. Juni 1995 kam man überein, daß
das Dokument sehr gut bei der im Oktober 1997 geplanten Generalkonferenz
vorgelegt werden könnte.
·
Nachdem alle Mitglieder des
Arbeitskreises ihren Teil erarbeitet hatten, wurde das Dokument auf mögliche
Wiederholungen geprüft und überarbeitet und der Generalkommission für Animation
bei der Zusammenkunft vom 5. bis 6. Juni 1997 vorgelegt und soll nunmehr an die
Provinzen weitergeleitet werden.
Damit glauben wir, die uns anvertraute Aufgabe im
Sinne des Ordens erfüllt zu haben. Außer uns eingehend mit dem Kern der Sendung
der Kirche, sprich der Evangelisierung, und dem Beitrag, den wir Ordenschristen
dazu leisten können, zu beschäftigen, haben wir die Missionstätigkeit des
Ordens im Laufe der Geschichte darzustellen versucht und die Reichgottesarbeit,
die von unseren in der Mission tätigen Brüdern zur Zeit in den
Entwicklungsländern geleistet wird, mit Dankbarkeit und Anerkennung gewürdigt.
Entsprechend einer Empfehlung, die von der Generalkommission für Animation bei
einer Sitzung im März 1992 formuliert wurde, haben wir uns auch bemüht, einen
Ausblick auf die Herausforderungen zu geben, die den Orden bei seiner Tätigkeit
in den Missionen in Zukunft erwarten.
Es freut mich, daß ich dem Orden diese Arbeit
übergeben darf. Ich bin sicher, daß ihr wichtige Impulse für das spirituelle
und apostolische Wachstum der Brüder und Mitarbeiter entnommen werden können.
Fr.
Pascual Piles
Generalprior
Rom, den
12. Oktober 1997
EINLEITUNG
Die missionarische Dimension ist ein
charakteristisches Kennzeichen unseres Ordens, das die Tätigkeit unserer
Gemeinschaft seit ihrem Bestehen geprägt hat. Der missionarische Geist, der
unsere Gemeinschaft heute wie gestern erfüllt, ist ein lebendiges Zeichen
dafür, daß die Barmherzigkeit Gottes durch die in Tat und Wort gelebte
christliche Liebe zu allen Menschen dringen will und erfahrene Gottesliebe, wie
wir am Leben des hl. Johannes v. Gott und zahlreichen anderen heiligen Männern
und Frauen sehen, unwiderstehlich danach drängt, weitergegeben zu werden.
Das Dokument gliedert sich in vier Teile. Der
erste, der aus zwei Kapiteln gebildet ist, trägt den Titel Unser Auftrag in
der Kirche: Das Evangelium von der Barmherzigkeit verkünden und erfahrbar
machen. Das erste Kapitel illustriert die evangelisierende Tätigkeit der
Kirche ausgehend von dem neuen Sinn, den Jesus von Nazareth dem Leben des
Menschen durch sein Heilswerk gegeben hat, das er seinen Jüngern aufgetragen
hat, in der Welt fortzuführen. Von
ihnen hat die Christengemeinde, die durch das Pfingstereignis zusammengeführt
wurde, als wichtigste Aufgabe den Auftrag erhalten, das Evangelium zu bezeugen
und zu verkünden. In diesem Kontext beschäftigt sich das Dokument besonders
ausführlich mit der missionarischen Dimension der Kirche auf dem Hintergrund des
II. Vaticanums und mit der Dimension der Evangelisierung als wesentlichen
Inhalt des geweihten Lebens.
Das zweite Kapitel hat die Gestalt unseres
Gründers zum Gegenstand, der, von der barmherzigen Liebe Gottes umgestaltet und
gebannt, von dem unstillbaren Bedürfnis erfaßt wurde, diese beglückende
Erfahrung in zeichenhafter und prophetischer Weise an die Kranken und
Hilfsbedürftigen weiterzugeben. In Johannes von Gott hat unsere Ordensfamilie
ihren Ursprung; mit ihm und durch ihn haben wir an der universellen Sendung der
Kirche teil.
Der zweite Teil des Dokumentes mit dem Titel Zur
Evangelisierung der Armen und Kranken berufen zeichnet den geschichtlichen
Werdegang des Ordens von den Anfängen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nach.
In den zwei Kapiteln, aus denen dieser Teil besteht, wird das apostolische und
missionarische Engagement gewürdigt, das unsere Brüder erfüllte und einige von
ihnen sogar zu Märtyrern machte (drittes Kapitel), während im vierten
geschildert wird, wie sie nach der Krise der Aufklärungszeit wieder zu neuer
Lebenskraft und erstarkter evangelischer Zeichenhaftigkeit zurückfanden.
Die zwei Kapitel, die den dritten Teil bilden, der
den Titel trägt Die Hospitalität: der besondere Auftrag des Ordens, geben
einen Überblick über die Mittel und Instrumente, mit denen sich der Orden
bemüht hat, den apostolischen Geist der Brüder wach zu halten und seine Sendung
im Gesundheitsdienst strukturell und ökonomisch zu unterstützen. In diesem
Zusammenhang wird auf wichtige Dokumente des Ordens, die Konstitutionen und die
Rundschreiben einiger Generaloberen Bezug genommen sowie eine Reihe von
schriftlichen Zeugnissen von herausragenden Brüdern angeführt, die sich, wie
z.B. der heilige Richard Pampuri, durch ihr Leben und ihren Dienst in der
Hospitalität im Bereich der Sendung “ad gentes” (fünftes Kapitel) besondere
Verdienste erworben haben. Das sechste Kapitel beschreibt kurz die wichtigsten
Organe, die der Orden zum Dienst der Evangelisierung eingerichtet hat.
Im vierten Teil mit dem Titel Hospitalität
heute wird dargestellt, wie die Kraft des Charismas der Hospitalität in
unserem Jahrhundert dank dem vorbildhaften Leben und großmütigen Einsatz der
Brüder zu neuer Blüte gelangt ist. Dank dieser Blüte ist der Orden heute, trotz
des schwierigen gesellschaftlichen Umfeldes, mit dem er vielerorts konfrontiert
ist, in der Lage, das Evangelium der Barmherzigkeit auf allen fünf Kontinenten
zu verbreiten (siebtes Kapitel).
Das letzte Kapitel handelt von den aktuellen
Herausforderungen der Missionsarbeit und versucht aufzuzeigen, wie wir
Barmherzigen Brüder unsere Berufung in unseren Gemeinschaften, erfüllt von
echtem missionarisch-apostolischem Geist, leben sollen, damit die neue
Hospitalität wirklich einen Beitrag zur neuen Evangelisierung leistet.
Das Dokument wendet sich an alle Brüder, die heute
gemeinsam mit den Mitarbeitern in den Häusern des Ordens an der neuen
Hospitalität arbeiten. Zugleich wendet es sich an die kommenden
Brüdergenerationen, denen es den ganzen spirituellen Reichtum darbieten will,
den der Orden in jahrhundertelanger, unermüdlicher Missionstätigkeit in Treue
zum hl. Geist, der Kirche, dem hl. Johannes v. Gott und dem leidenden Menschen
zusammengetragen hat, damit sie mit demselben Elan die Botschaft Christi in
allen Teilen der Welt weitertragen.
Mit dieser Schrift soll nicht zuletzt das Werk der
vielen Brüder gewürdigt werden, die uns vorausgegangen sind und unter
vielfachen Gesichtspunkten einen großen Beitrag zur Evangelisierung und Mission
"ad gentes" geleistet haben. Zugleich hoffen wir, daß die Schrift
auch ein Echo in der Praxis findet. Wenn jede Provinz sich bemüht, die eigene
Geschichte neu zu entdecken, und die vielen, oft verschütteten Lebenszeugnisse
der Brüder zu Tage zu fördern, denen wir die heutige Wirkkraft des Ordens
verdanken, können die kommenden Generationen nicht nur wertvolle Impulse aus
dem Enthusiasmus und der Opferbereitschaft dieser Brüder gewinnen, sondern auch
überzeugende Motivationen für ein Leben im Dienst des Charismas finden, das wir
vom hl. Johannes v. Gott als Vermächtnis empfangen haben.
I.
TEIL
UNSER
AUFTRAG IN DER KIRCHE:
DAS
EVANGELIUM VON DER BARMHERZIGKEIT VERKÜNDEN UND ERFAHRBAR MACHEN
Erstes
Kapitel
DIE
DIMENSION DER EVANGELISIERUNG IN DER KIRCHE
1. Jesus von Nazareth und der Sinn des
menschlichen Lebens
Die Dimension der Evangelisierung in der Kirche
besteht darin, der Menschheit das Heil Jesu Christi zu vermitteln, der gekommen
ist, um uns in den Plan der Liebe einzugliedern, den Gottvater für den Menschen
seit dem Schöpfungsbeginn im Sinn hatte.
Gottvater hat uns aus Liebe und Güte erschaffen
und will, daß wir an seiner göttlichen Natur teilhaben: "Im Anfang
schuf Gott Himmel und Erde" (Gen 1,1) und "Gott schuf also den
Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn" (Gen 1,27).
Er erschuf und ordnete alles auf das ewige Wort, seinen geliebten Sohn hin: "Denn
in ihm wurde alles erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das
Unsichtbare... alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen" (Kol
1,16).
Gott hat uns seit jeher dazu bestimmt, "seine
Söhne zu werden durch Jesus Christus und nach seinem gnädigen Willen zu ihm zu
gelangen, zum Lob seiner herrlichen Gnade" (Eph 1, 5-6). Dieses
Liebeswollen bewirkt " zugleich seine Herrlichkeit und unsere
Seligkeit” (AG 2).
Durch Jesus wissen wir, daß der Vater sich im
Sohn, und der Vater und der Sohn im Heiligen Geist offenbaren. Aus dieser
dreifaltigen Liebe ist der Mensch geboren worden, "die einzige von Gott
um ihrer selbst willen gewollte Kreatur" (GS 24), weil nur der Mensch
dazu bestimmt ist, am göttlichen Leben teilzuhaben. Zu diesem Zweck sind wir
erschaffen worden, das ist der Hauptgrund unseres Daseins.
Aufgrund seiner Schwächen hat der Mensch
zwiespältige Gefühle gegenüber Gott entwickelt. Die Geschichte Israels ist für
die widersprüchliche Haltung des Menschen gegenüber Gott ein eindrucksvolles
Beispiel. Das auserwählte Volk schwankte immer wieder zwischen der Liebe und
dem Glauben zu Gott und Untreue und Götzendienst hin und her.
Diese Zwiespältigkeit hat seit jeher das Handeln
des Menschen geprägt. Ständig aufs neue hat er sich über das Rätsel des Lebens
befragt, auf das die verschiedensten Strömungen des menschlichen Denkens
vergebens eine endgültige Antwort zu geben versucht haben. Die großen Fragezeichen,
die über unserem Leben stehen, das Leiden und der Tod, lassen den Menschen oft
an der barmherzigen Liebe Gottes des Vaters, so wie sie uns durch die Schöpfung
geoffenbart wurde, zweifeln.
Gott hat jedoch durch den heiligen Bund die
Verbindung zum Menschen nie abbrechen lassen und hat dem Menschen seine Liebe
und Güte immer wieder unter Beweis gestellt, bis er sie in seinem Sohn Jesus
Christus definitiv offenbarte: "Viele Male und auf vielerlei Weise hat
Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber
hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben des Alls eingesetzt
hat” (Hebr 1,1-2).
So wurde Jesus, als Gesandter des Vaters und
Gesalbter des Geistes, für den Menschen zum Weg der Befreiung und des Heils und
hat seinem Dasein seinen endgültigen Sinn gegeben, denn "Gott will, daß
alle Menschen gerettet werden" (1 Tim 2,4). Jesus kam, um den
Heilsplan zu vollenden, der von den Propheten angekündigt worden war.
Das ganze Leben und Wirken Jesu sind auf diese
Sendung hingeordnet, wie uns im Johannesevangelium gesagt wird: "...
der Vater, der mich gesandt hat, hat mir aufgetragen, was ich sagen und reden
soll" (Joh 12, 49; RMi 5).
Jesus ist der einzige Weg, der uns zu Gott
zurückführt. Seine Sendung ist, alles nach dem Schöpfungsplan zu ordnen. Er ist
der höchste Ausdruck der Liebe Gottes des Vaters: "Ich bin der Weg, die
Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich. Wenn ihr mich
erkannt habt, werdet ihr auch meinen Vater erkennen" (Joh 14, 6-9).
Jesus verkündet die Frohe Botschaft Gottes, der uns einlädt, ihn als Vater
anzuerkennen und unser Leben mit Vertrauen auf ihn in Erfüllung seines Willens
hinzuordnen.
Die dogmatische Konstitution über die göttliche
Offenbarung erinnert uns: "Er (Jesus Christus) ist es, der durch sein
ganzes Dasein und seine ganze Erscheinung, durch Worte und Werke, durch Zeichen
und Wunder, vor allem aber durch seinen Tod und seine herrliche Auferstehung,
schließlich durch die Sendung des Geistes der Wahrheit die Offenbarung erfüllt
und abschließt und durch göttliches Zeugnis bekräftigt, daß Gott mit uns ist,
um uns aus der Finsternis von Sünde und Tod zu befreien und zu ewigem Leben zu
erwecken" (DV 4).
Mit Gott Gemeinschaft haben durch Jesus Christus
und den Heiligen Geist heißt, eine neue Gesellschaft im Zeichen der
Brüderlichkeit und Solidarität begründen, heißt, in besonderer Weise auf der
Seite des Schwachen und Schutzlosen im Stil Jesu als Vorausdeutung auf das
Reich Gottes stehen. Wer verkündet, daß Gott der Vater aller Menschen ist und
daß deswegen alle Menschen Brüder sind, die dazu bestimmt sind, sich gemeinsam
zum Vater auf den Weg zu machen und eine Welt aufzubauen, die zur vollen Fülle
kommen wird, wenn Gott alles in allem sein wird, stellt die menschlichen Beziehungen
auf eine total neue Grundlage.
2. Glaubenserfahrung und Verkündigung der
Heilsbotschaft
Nachdem sich Jesus als Gesandter des Vaters zu
erkennen gegeben hatte, begann er nach dem Vorbild der alten Meister Schüler um
sich zu scharen, um mit ihnen sein Wort und Leben zu teilen.
Unter ihnen wählte er Apostel und Jünger aus (vgl. Lk 5, 10-11;
10, 1; Mk 3, 14). So entstand um Jesus die christliche Urgemeinde, aus
der sich später die Kirche Christi bildete. Außer den Personen, die namentlich
in den Evangelien genannt werden, vernahmen viele andere sein Wort und begannen
den Glauben nach seiner Lehre zu leben, die ihr Leben radikal veränderte.
Aus dem Ostergeschehen wuchs die Kirche. Diese von
Jesus und seinen Jüngern gebildete neue Realität war ein greifbarer Ausdruck
des Heilsplanes Gottes. Nach seiner Auferstehung gab der Herr den Aposteln den "weltkirchlichen
Auftrag zur Evangelisierung", durch den sie ihre Erfahrung allen
Menschen weiter vermitteln sollten. ”Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet
das Evangelium allen Geschöpfen” (Mk 16, 15; vgl. Mt 29, 19; Joh 20, 21).
Am Pfingsttag empfingen sie den Heiligen Geist und
schwärmten in die ganze Welt aus, um die Botschaft Jesu zu verkünden, die ihr
Leben mit Hoffnung und Freude erfüllt hatte. Getragen von der Kraft des
Heiligen Geistes begann die christliche Urgemeinde die Heilsbotschaft in der
ganzen Welt zu verbreiten: "Um dies zu vollenden, hat Christus vom
Vater her den Heiligen Geist gesandt, der sein Heilswerk von innen her wirken
und die Kirche zu ihrer eigenen Ausbreitung bewegen soll" ( AG 4).
Die Kirche hat in
dieser ersten Gruppe von Jüngern, die sich um Jesus scharte, stets ein
Bezugsmodell für die christliche Gemeinschaft und ihre Sendung in der Welt
gesehen. “Sie hielten an der Lehre der
Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den
Gebeten" (Apg 2, 42), und waren "
ein Herz und eine Seele” (Apg 4, 32).
In der Folge entstanden neue Gemeinden in Samaria,
Cäsarea, Syrien, Kleinasien und Europa. Es ist klar, daß diese Gemeinden ohne
einen starken Gemeinschaftssinn nicht überlebt hätten und sich ohne ein
ausgeprägtes Sendungsbewußtsein nie so ausgebreitet hätten, wie es dann
geschehen ist.
Als ein herausragendes Modell für die
Missionstätigkeit kann die Kirche in Antiochia bezeichnet werden (vgl. Apg 11,
19-30). Ihre Gründer kamen aus der Gemeinde von Jerusalem. Nach ihrer Ankunft
in Antiochia beschlossen sie, gedrängt vom Heiligen Geist, sich der
Evangelisierung zu widmen und machten aus der Missionstätigkeit einen tief im
Glauben verwurzelten Lebensstil. So
begann das Missionswerk der Kirche, das bis heute andauert.
3. Der Auftrag der Kirche zur Evangelisierung:
eine ständige Aufgabe
Die
Evangelisierung ist für Kirche Ausdruck der Gemeinschaft mit Christus: "So wird deutlich, daß die missionarische
Tätigkeit zuinnerst aus dem Wesen der Kirche hervorquillt. Sie breitet ihren
heilschaffenden Glauben aus, verwirklicht in der Ausbreitung ihre katholische
Einheit und wird von ihrer Apostolizität gehalten. Sie ist Vollzug der
kollegialen Gesinnung ihrer Hierarchie und bezeugt, verbreitet und fördert ihre
Heiligkeit" (AG 6).
Die Identität der
Kirche hat sich im Lauf der Geschichte ganz besonders im Auftrag zur
Evangelisierung gezeigt: "Wir
wollen erneut bekräftigen, daß die Aufgabe, allen Menschen die Frohbotschaft zu
verkündigen, die wesentliche Sendung der Kirche ist, eine Aufgabe und Sendung,
die die umfassenden und tiefgreifenden Veränderungen der augenblicklichen
Gesellschaft nur noch dringender machen. Evangelisieren ist in der Tat die
Gnade und eigentliche Berufung der Kirche, ihre tiefste Identität. Sie ist da,
um zu evangelisieren" (EN
14).
Die Frohe Botschaft ist an zahllose Orte überall
auf der Welt gelangt; trotzdem bleibt die Tatsache, daß bisher nur ein Drittel
der Menschheit evangelisiert wurde: "Während wir uns dem Ende des
zweiten Jahrtausends des Erlösungswerkes nähern, wird es immer deutlicher, daß
jene Völker, zu denen noch keine erste Verkündigung von Christus gedrungen ist,
die Mehrheit der Menschheit bilden" (RMi 40).
Ein wichtiger Aspekt bei der Evangelisierung waren
die wechselnden Fortschritte und Rückschritte, die es bei diesem Bestreben
gegeben hat (vgl. AG 6). Die Ausbreitung der Kirche fiel mit der Zeit der
Entdeckungen und Eroberungen zusammen, weshalb diese Zeit gemeinhin auch als
das “christliche Zeitalter” bezeichnet wird, das mit dem Zusammenbruch des
römischen Reiches und der Christianisierung der europäischen Völker begann. Die
Entdeckung Amerikas und die Missionen in Asien und Afrika markierten wichtige
Momente in der Geschichte der Evangelisierung.
Die Kirche ist bei der Durchführung ihres
Auftrages zahlreichen Hindernissen begegnet, als deren wichtigste hier erwähnt
werden sollen: der Widerstand vieler Kulturen gegen den christlichen Glauben,
die Verfolgung durch politische Systeme, die Folgen mangelnder Inkulturation,
das schwierige Zusammenleben mit anderen Religionen usw.... Diese Hindernisse
wurden allmählich dank der inneren Überzeugung und Kraft, die der Heilige Geist
der Kirche schenkte, überwunden. Zugleich bewirkten sie wichtige Phasen der
Neubelebung in der Kirche und beeindruckende Zeugnisse, die bis zum Martyrium
gingen.
In neuerer Zeit sind andere Schwierigkeiten
aufgetreten. Tatsächlich haben wir es heute mit einer dominierenden Kultur zu
tun, die den Plan Gottes mit der Welt verkennt und seiner innersten Werte
beraubt.
Die Gesellschaft hat einen tiefen Umbruch erlebt,
der die Kirche gezwungen hat, ihre Aufgabenstellung und ihre Position zu
überdenken und neu zu definieren. Aus dieser Notwendigkeit wurde das Zweite
Vatikanische Konzil einberufen, das dem Werk der Evangelisierung der Kirche
eine neue Orientierung gegeben hat.
Das Konzil erhellte den Sendungsauftrag der Kirche
ausgehend von der christozentrischen Bedeutung der “Inkarnation“ (Menschwerdung
Christi) und sah darin den Hauptbezugspunkt, auf den alles hingeordnet werden
mußte: "Die Sendung der Kirche vollzieht sich mithin durch das Wirken,
kraft dessen sie im Gehorsam gegen Christi Gebot und getrieben von der Gnade
und Liebe des Heiligen Geistes allen Menschen und Völkern in voller
Wirklichkeit gegenwärtig wird, um sie durch das Zeugnis des Lebens, die
Verkündigung, die Sakramente und die übrigen Mitteilungsweisen der Gnade zum
Glauben, zur Freiheit und zum Frieden Christi zu führen: So soll ihnen der
freie und sichere Weg zur vollen Teilhabe am Christusgeheimnis eröffnet
werden" (AG 5).
Die Kirche leugnet nicht, daß auch in der Welt und
anderen Religionen sich Elemente der Wahrheit finden (vgl. NA 2), doch zugleich
erklärt sie, "daß diese pilgernde Kirche zum Heile notwendig ist.
Christus allein ist Mittler und Weg zum Heil” (LG 14). Das muß, ausgehend
vom Heilsplan Gottes, in einem weiten Sinn verstanden und angewandt werden.
Nach dem Konzil, als die Theologie der
Missionsarbeit den Bedürfnissen der modernen Welt angepaßt zu sein schien,
zeigten sich in der Kirche Tendenzen, die auch die neuen Inhalte der
Konzilslehre in Frage stellten. Themen wie Befreiung, politische Theologie, das
Heil der Nichtchristen, die Förderung der Gerechtigkeit und des Friedens und
die verschiedenen Formen missionarischer Zeugnisablegung und Zusammenarbeit
wurden in der nachkonziliären Debatte aus verschiedenen Perspektiven diskutiert
und in die Praxis umgesetzt.
Die verschiedenen geistigen Strömungen, die sich
bei der Interpretation dieser Themen herauskristallisierten, haben verschiedene
Stile, Arbeitsweisen und Erfahrungen gezeitigt, die jedoch alle dasselbe Ziel
verfolgten.
Das apostolische Schreiben "Evangelii
Nuntiandi" und die Enzyklika "Redemptoris Missio"
haben einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, daß die verschiedenen Aspekte der
Missionstätigkeit harmonisiert und die unterschiedlichen Interpretationen aus
der nachkonziliären Zeit überwunden wurden.
4. Die evangelisierende und pastorale Kraft des
Zweiten Vatikanischen Konzils
Das Zweite Vatikanische Konzil ist nicht nur der
Initiative von Johannes XXIII. zu verdanken, sondern war das Ergebnis einer
Entwicklung, die bereits hundert Jahre davor begonnen hatte. Die Kirche spürte
bereits seit langem das Bedürfnis, ihre Position vor den tiefen und rapiden
Veränderungen der Welt zu klären und neu zu definieren, auch weil sie vor der
modernen Philosophie ihren Auftrag nicht mit Denkkategorien aus der
Vergangenheit erklären konnte.
Es galt, neue Ansätze zu finden, um den Kern des
Daseins und Wirkens der Kirche als Sakrament und Gesandte zur Bezeugung der
durch Christus geoffenbarten Liebe Gottes deutlich und klar zur Geltung zu
bringen. Das neue Selbstverständnis, das sich daraus ergab, kann als der
wichtigste Beitrag des II. Vaticanums betrachtet werden, von dem eine große
evangelisierende und pastorale Kraft ausgegangen ist.
Von dem Konzil wurde viel Neues eingeleitet. In
der Folge soll darüber ein kurzer Überblick gegeben werden.
a) Das Verhältnis der Kirche zur Welt
Das Konzil stellte das Verhältnis zwischen Kirche
und Welt auf eine neue Grundlage, indem
es den Glauben als Wegangebot und nicht mehr als Herrschaftsanspruch des
Religiösen über das Weltliche auffaßte und darstellte.
Dieses neue Glaubensverständnis, dessen Pfeiler
die Freiheit und die persönliche Überzeugung sind, förderte eine neue Form der
Eingliederung der Gläubigen in die Welt, deren Endziel der Aufbau des einen
Volkes Gottes aus dem Glauben und der Liebe ist.
Das Konzil erkannte das Positive, das die
Modernisierung zum Schutz der menschlichen Würde und zur Vertiefung der
Beziehung zu Gott leisten konnte, an, insofern die Werte einer gerechten und
solidarischen gesellschaftlichen Ordnung im Licht der Offenbarung gewahrt
blieben.
Außerdem überwand das Konzil die
individualistische Perspektive der Zugehörigkeit zum Volk Gottes, indem es die
Kirche als Sakrament Christi und Gemeinschaft des Glaubens sah, eine
Sichtweise, aus der sich das neue Selbstverständnis der Kirche als Sakrament
der Gemeinschaft entwickelte, das aus allen Konzilsdokumenten durchscheint,
ganz besonders aus Lumen Gentium und Gaudium et Spes.
b) Kirche, Gemeinschaft und Sendung
Das Konzil sah einen unauflöslichen Zusammenhang
zwischen der Kirche in ihrem geheimnisvollen Sein als Gemeinschaft und als
Sendungsinstrument. In der Sendung äußert und entfaltet sich die Gemeinschaft;
andererseits ist die Gemeinschaft Ursprung und Ziel der Sendung.
Die Sendung der Kirche gründet im Mysterium der
Gemeinschaft mit Gott und besteht darin, im Stil Jesu Christi das Reich Gottes
in Wort und Tat zu verkünden und aufzubauen. Genau das ist letztlich das Ziel
der Evangelisierung.
Die Definition der Kirche als Heilssakrament
eröffnet eine neue Kategorie, in der die kirchliche Gemeinschaft und ihre
Sendung in der Welt zusammenfallen.
c) Die liturgische Reform
Die Reform der Liturgie gehörte zu den
Erneuerungsmaßnahmen des Konzils, die eine große pastorale Wirkung hatten.
Durch sie wurden die Gläubigen zur Überwindung individualistischer, religiöser
Einstellungen eingeladen und als Mitglieder des einen Volkes Gottes zur
gemeinsamen Feier des Glaubens hingeführt.
Die Benutzung der Landessprachen erleichterte das
Verständnis der Zeichen und ihre Einbindung in das Alltagsleben. Die gemeinsame
Feier der Liturgie half, diese Zeichen im Licht des Lebens neu zu beleben und
zu interpretieren.
d) Andere Themen, die die pastorale und
evangelisierende Wirkkraft des Konzils nachhaltig beeinflußten, waren: die
Betonung des gemeinsamen Priestertums der Gläubigen; die Anerkennung der
Bedeutung der Laien und ihrer Charismen bei der Reichgottesarbeit in der Welt;
die Beziehung zu den Nichtchristen und Nichtgläubigen; die Kollegialität der
Bischöfe; die Wiedereinführung des Diakonats, das auch Gläubigen verliehen
werden kann, die nicht das Priesteramt anstreben; das Verständnis der Kirche
als Gemeinschaft, die zur Fülle der Wahrheit unterwegs ist und die Erklärung
über die religiöse Freiheit.
Außerdem wurde die Gestalt der Jungfrau Maria
Gegenstand eingehender Betrachtungen, die sie in den Mittelpunkt des
kirchlichen Seins rückten und als zentrale Mittlerin des Heilswerkes Christi
darstellten.
e) Über die
missionarische Tätigkeit äußerte
sich das Konzil in dem Dekret “Ad Gentes”, in dem die Leitlinien der
Evangelisierung definiert und ihr folgende Konzepte aus den
Konzils-konstitutionen zugrundegelegt wurden::
·
Die Kirche als “Heilssakrament” und
die Motive, die zur Evangelisierung der Welt drängen (vgl. LG 48);
·
Die Kirche als Hüterin und
Mittlerin der Offenbarung Gottes für die ganze Menschheit (vgl. DV 1);
·
Die Reform der Liturgie als
wirksamer Impuls für die Evangelisierung (vgl. SC 2);
·
Die Solidarität der Kirche mit der
ganzen Menschheit und der Menschheitsgeschichte, die ihren weltkirchlichen
Auftrag bedingt (vgl. GS 1).
Das Dekret “Ad Gentes” hat zahlreiche neue Ansätze
und Ideen bewirkt, die uns bis heute eine hilfreiche Stütze bei der
Weiterentwicklung der Evangelisierung waren.
5. Forderungen der Evangelisierung nach dem
kirchlichen Lehramt:
Evangelii nuntiandi und Redemptoris missio
a) Evangelii nuntiandi
Das apostolische Schreiben “Evangelii Nuntiandi”
wurde von Paul VI. zehn Jahre nach dem
Zweiten Vatikanischen Konzil am 8. Dezember 1975 publiziert.
Das Schreiben, dessen Untertitel
bezeichnenderweise "Die Evangelisierung in der Welt von heute”
lautet, setzte auf der Linie des
Dekretes über die Missionstätigkeit der Kirche “Ad Gentes” sowie unter
Berücksichtigung der Ergebnisse der Bischofssynode 1974 zum Ziel, "die
Kirche des 20. Jahrhunderts besser zu befähigen, das Evangelium der Menschheit
des 20. Jahrhunderts zu verkünden" (EN 2).
Die große Intuition von Evangelii Nuntiandi war
die Erweiterung des Begriffes "Evangelisierung". Das Schreiben bringt
das sehr plastisch zum Ausdruck: "In die ganze Welt! Der ganzen
Schöpfung! Bis an die Grenzen der Erde!...der Verkündigung des Evangeliums darf
man keine Fesseln anlegen... man darf sie nicht einengen auf einen bestimmten
Bereich der Menschheit, auf bestimmte Bevölkerungsschichten oder auf nur eine
Kulturform" (EN 50).
Die Evangelisierung hat die ganze Welt zum Ziel
und muß all die vielfältigen Aspekte des menschlichen Zusammenlebens wie
Gerechtigkeit, Entwicklung, Solidarität, Freiheit und Frieden umfassen, die von
der Kirche erhellt und gefördert werden sollen: "Die Verhältnisse der
Gesellschaft legen uns allen die Verpflichtung auf, die Methoden zu überprüfen
und mit allen Mitteln uns zu bemühen herauszufinden, wie man dem modernen
Menschen die christliche Botschaft nahebringen kann, in der allein er die
Antwort auf seine Fragen zu finden vermag und die Kraft für seinen Einsatz zu
menschlicher Solidarität" (EN 3). Dadurch wurden die Aussagen des
Dekretes “Ad Gentes” bedeutend ergänzt und der Bereich der Evangelisierung um
ein Vielfaches erweitert.
Als wichtigste Aspekte des Schreibens greifen wir
folgende Erkenntnisse heraus:
·
Die Kirche muß sich ständig selbst
evangelisieren, um in steter Umkehr- und Erneuerungsbereitschaft den Elan und
die Kraft zur Verkündigung des Evangeliums zu bewahren.
·
Die Evangelisierung öffnet ein
mannigfaltiges, komplexes und dynamisches Aufgabenfeld, in das alle Elemente
einbezogen und harmonisch angegangen werden müssen, die von den
Konzilskonstitutionen und von dem Dekret "Ad Gentes" signalisiert
wurden.
·
Als wichtigstes Mittel der
Evangelisierung wird das authentische Zeugnis eines konsequent gelebten
christlichen Lebens erkannt.
·
Als Zielgruppen der Evangelisierung
werden aufgelistet: die Menschen, für die Christus noch ein Unbekannter ist,
die Getauften, die sich dem christlichen Glauben entfremdet haben, und
Angehörige anderer Religionen, die Heilselemente in sich tragen.
·
Die Evangelisierung hat einen durch
und durch kirchlichen Charakter, weil sie in Einheit mit der Sendung der Kirche
und in ihrem Namen durchgeführt wird.
·
Träger der Evangelisierung sind
alle Mitglieder der Kirche.
·
Ordenschristen spielen bei der
Evangelisierung eine ganz besonders wichtige Rolle, weil ihre Ganzhingabe an
Gott und ihr Dienst am Gottesreich die Welt und die Kirche selbst
herausfordern.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß Evangelii
nuntiandi eine neue Vision der missionarischen Spiritualität vorgelegt hat, die
auf dem Zeugnis der Einheit, der Suche der Wahrheit und der Entschlossenheit
der großen Evangelisatoren aufbaut.
Evangelii Nuntiandi war ohne Zweifel eines der
Dokumente, die in der Zeit nach dem Konzil am meisten Resonanz ausgelöst haben.
Es hat dem Evangelisierungswerk der Kirche wertvolle neue Impulse gegeben, von
denen auch unser Orden profitiert hat. Bis heute ist es in vielen Teilen
hochaktuell geblieben.
b) Redemptoris missio
Die Enzyklika “Redemptoris Missio” wurde von Papst
Johannes Paul II. am 7. Dezember 1990, fünfundzwanzig Jahre nach Erscheinen des
Dekretes über die Missionstätigkeit der Kirche
"Ad Gentes", herausgegeben.
Es war die erste Enzyklika nach dem Konzil, die
sich in spezifischer Weise mit der Missionstätigkeit beschäftigte und die
Aussagen von Evangelii Nuntiandi weiterentwickelte.
Das Schreiben lädt unter dem Hinweis auf die
"Sendung des Heilands" und auf die "fortdauernde Gültigkeit des
missionarischen Auftrages” eindringlich zur Evangelisierung der Welt mit neuer
Kraft und Begeisterung ein. Es würdigt die Leistungen des Konzils und bietet
eine dynamische Sichtweise der aktuellen Positionen der Kirche: "Aber
was mich noch mehr zur Betonung der Dringlichkeit der missionarischen
Verkündigung bewegt, ist die Tatsache, daß diese vorrangig den Dienst ausmacht,
den die Kirche jedem Menschen und der ganzen Menschheit von heute erweisen
kann. Die Menschheit hat zwar erstaunliche Errungenschaften aufzuweisen, aber
sie scheint den Sinn für letzte Wirklichkeiten und für das Dasein selbst
verloren zu haben" (RMi 2).
Die wichtigsten Verdienste des Schreibens sind:
·
Es schreibt die trinitarische
Theologie des II. Vaticanums und der nachkonziliären Theologie über die
Missionstätigkeit fort und lädt dazu ein, ihre verschiedenen Aspekte weiter zu
vertiefen.
·
Es betont den Wert der Förderung
des Menschen, der Achtung vor der Freiheit und des interreligiösen Dialogs als
wichtige Momente für die Inkulturation der Kirche.
·
Es erinnert an den missionarischen
Charakter der Kirche in allen seinen Ausdrucksformen und würdigt die
Fortschritte, die seit dem II. Vaticanum gemacht wurden.
·
Es unterscheidet drei Bereiche der
Missionstätigkeit: die Dimension “ad gentes”; die pastorale Betreuung der
Gläubigen und die Evangelisierung der Teile der Welt, die sich dem Christentum
entfremdet haben.
·
Es definiert die verschiedenen
Bereiche der Sendung ad gentes: territoriale Regionen, neue soziale Phänomene
und kulturelle Erscheinungen bzw. moderne Bereiche menschlichen Zusammenlebens.
·
Es zeigt die Wechselbeziehung und
gegenseitige Ergänzung der verschiedenen Bereiche der Missionstätigkeit auf und
betont den unbegrenzten Horizont der Sendung der Kirche.
·
Es fordert die jungen Kirchen zu
selbständigem missionarischen Wirken auf, damit sie ihre Reife und volle
Gemeinschaft mit der Weltkirche erlangen.
·
Es lädt dazu ein, den Beruf des
Missionars “ad vitam” zu pflegen und zu
fördern.
·
Es vertieft die missionarische
Spiritualität, indem es Sendungsauftrag und Berufung zur Heiligkeit eng
miteinander verbunden sieht.
Die Enzyklika “Redemptoris Missio” hat die
Voraussetzungen für eine wirksame Evangelisierung der Menschheit im dritten
Millennium geschaffen und die theologische Reflexion zukunftsweisend an der
pastoralen Praxis orientiert.
6. Missionarische Antworten der Kirche: die neue
Evangelisierung
Die missionarischen Antworten der Kirche sind die
Formen, mit denen durch die Evangelisierung die Bedürfnisse der Menschen
erhellt und die durch Christus geoffenbarte Botschaft Gottes zu ihnen gebracht
werden soll. Diese Antworten wurden seit jeher von dem Verständnis der
Evangelisierung und ihren Durchführungsformen bedingt. Im folgenden soll diese
Entwicklung kurz nachgezeichnet werden.
Nach dem Dekret “Ad Gentes” besteht die
Missionstätigkeit und Evangelisierung, im Unterschied zur üblichen
seelsorglichen Tätigkeit an den Gläubigen, in der Hauptsache in der
Verkündigung des Evangeliums und Einpflanzung der Kirche. Tatsächlich heißt es darin: "Das
eigentliche Ziel dieser missionarischen Tätigkeit ist die Evangelisierung und
die Einpflanzung der Kirche bei den Völkern und Gemeinschaften, bei denen sie
noch nicht Wurzel gefaßt hat... Mithin unterscheidet sich die missionarische
Tätigkeit unter den Heiden sowohl von der pastoralen Tätigkeit, die den
Gläubigen gegenüber auszuüben ist, als auch von den Bemühungen, die zur
Wiederherstellung der christlichen Einheit unternommen werden” (AG 6).
“Evangelii Nuntiandi” betrachtet die
Evangelisierung in einer sehr weiten Perspektive, wie wir weiter vorne gesehen
haben, und entwickelt Aspekte, die in “Ad Gentes” nur angerissen wurden,
bedeutend weiter. Nach “Evangelii Nuntiandi” ist die Evangelisierung eine sehr
komplexe Tätigkeit, die weit über die bloße Verkündigung des Evangeliums
hinausreicht: "Die Evangelisierung ist ein vielschichtiges Geschehen
mit verschiedenen Elementen: Erneuerung der Menschheit, Zeugnis, ausführliche
Verkündigung, Zustimmung des Herzens, Eintritt in die Gemeinschaft, Empfang der
Zeichen und Einsatz im Apostolat" (EN 24).
In jüngster Vergangenheit hat Papst Johannes Paul
II. die Missionstätigkeit der Kirche in einem neuen Konzept zentriert, das
gemeinhin unter dem Begriff “neue Evangelisierung” bekannt geworden ist. Dieser
Begriff wurde zum ersten Mal bei der Konferenz des lateinamerikanischen
Episkopats in Haiti am 9. März 1983 gebraucht: "Die
Fünfhundertjahrfeier der Evangelisierung Amerikas wird ihre volle Bedeutung
erlangen, wenn sie von euch Bischöfen zusammen mit euren Priestern und
Gläubigen als eine Aufgabe verstanden wird, und zwar nicht nur zur
Evangelisierung, sondern zu einer neuen Evangelisierung, die neu in ihrer
Entschlossenheit, neu in ihren Methoden und neu in ihren Ausdrucksformen sein
soll".
Das Dokument der IV.
Generalkonferenz des lateinamerikanischen Episkopats (Celam IV. Santo Domingo, 1992) enthält die Grundideen der “neuen
Evangelisierung”:
·
es definiert sie (Celam IV 24; vgl. VC 81),
·
und gibt ihre Adressaten ( Ib. 25; vgl. VC 79.80), ihre Ziele (Ib. 26; RMi
33) und ihre Inhalte an (Ib 27).
“Diese Evangelisierung soll ihre erneuernde Kraft
in der Treue zum Wort Gottes, ihren Zielort in der kirchlichen Gemeinschaft und
ihren schöpferischen Hauch im Heiligen Geist finden, der in der Einheit und
Vielheit schafft, den Reichtum der Charismen und Dienste nährt und auf die Welt
durch die missionarische Tätigkeit einwirkt" (Celam IV 27).
Der Begriff “neue Evangelisierung” wurde zum
bevorzugten Schlagwort von Johannes Paul II. Nachdem er ihn zum ersten Mal in
Lateinamerika gebraucht hatte, wandte er ihn auch auf Europa und die
christlichen Nationen an, in denen die Säkularisierung dominiert.
Bei verschiedenen Anlässen hat der Papst die
Kirche eingeladen, die verschiedenen Aspekte dieser neuen pastoralen
Herausforderung zu bedenken, ihre Inhalte gemeinsam zu klären und angemessene
Formeln für die Praxis zu suchen. Stets betonte er, daß die neue
Evangelisierung "neu in ihrer Entschlossenheit, neu in den Methoden und
neu in den Ausdrucksformen sein soll" (Celam IV 28).
Nachstehend führen wir die wesentlichen Inhalte
der neuen Evangelisierung auf:
·
Klare Darstellung der evangelischen
Botschaft, durch die der Heilsplan Gottes verkündet werden soll, der durch
Jesus als ganzheitliches Heil dem Menschen angeboten wurde.
·
Bevorzugung des Zeugnisses im
Zeichen evangelischen Radikalismus als Frucht ständiger persönlicher
Umkehrbereitschaft und Selbstevangelisierung.
·
Option für die Armen und die
Leidenden als Priorität in allen Gegebenheiten unseres Lebens.
·
Arbeit für die Förderung des
Menschen, die Gerechtigkeit und die Solidarität zur Förderung der menschlichen
Würde im Sinne Gottes.
·
Verantwortliche Miteinbeziehung
aller Mitglieder der Kirche als Träger der Evangelisierung in den verschiedenen
Bereichen, in denen sie leben und tätig sind.
·
Förderung der Begegnung und des
Dialogs zwischen Kultur und Glauben, um auf die innersten Erwartungen des
Menschen eine Antwort zu geben.
Neben der Weiterentwicklung der theologischen
Reflexion hat sich die Kirche stets in praktischer Weise der verschiedenen
Bedürfnisse des Menschen angenommen, um sie im Licht des Evangeliums zu
erhellen. Sie ist tätig im Erziehungswesen, im Gesundheitswesen, im Sozialwesen,
im Bereich der Familie, der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, Alten,
Randgruppen, Immigranten, sozialen Kommunikationsmittel, ehrenamtlichen
Helfern, in den Entwicklungsländern, in der Förderung der nichtstaatlichen
Organisationen usw. Jeder menschlicher Bereich bietet sich dazu an, die “neue
Evangelisierung” durchzuführen.
7. Das geweihte Leben im Licht des Mysteriums und
der Sendung der Kirche
“Tatsächlich steht das geweihte Leben als
entscheidendes Element für die Sendung der Kirche in deren Herz und Mitte, da
es das innerste Wesen der christlichen Berufung offenbart und darstellt“ (VC 3; vgl. AG 18).
Unser Lebensstil und unsere apostolische Tätigkeit
im Dienst des Menschen können als die zwei Hauptbeiträge von uns Ordenschristen
zur Evangelisierung betrachtet werden: "Auch sie haben wie die Apostel
alles verlassen, um bei ihm zu bleiben und sich wie er in den Dienst vor Gott
und an den Schwestern und Brüdern zu stellen. Auf diese Weise haben sie dazu
beigetragen, das Geheimnis und die Sendung der Kirche offenbar zu machen durch
die vielfältigen Gnadengaben geistlichen und apostolischen Lebens, die der
Heilige Geist ihnen zuteilte, und folglich haben sie auch an der Erneuerung der
Gesellschaft mitgewirkt" (VC 1).
Folgende Wesenszüge verbinden das geweihte Leben
zutiefst mit der universellen Sendung der Kirche:
·
Das geweihte Leben ist ein Geschenk
Gottes an die Kirche (vgl. LG 43; VC 3).
·
Es wurde vom Heiligen Geist erweckt
und wird ständig von ihm durchdrungen (vgl. PC 1; VC 5,19).
·
Es gehört zum innersten Wesen der
Kirche und bringt ihre Heilssendung zeichenhaft zum Ausdruck (vgl. LG 43,44; VC
3, 5, 29).
·
Es trägt mit seinen verschiedenen
Ausdrucksformen das universelle apostolische Werk der Kirche mit (vgl. PC 1; VC
25,72).
Der Ordenschrist ist ein Zeuge, der durch seine
ständige Haltung der Hingabe, Selbstlosigkeit und Hoffnung das Reich Gottes
verkündet. Durch die Bereitschaft zu ständiger Umkehr, zu einem Leben im Licht
der evangelischen Räte und im Dienst der Kirche begründet er eine neue Beziehung
zwischen Gott und dem Menschen und
leistet damit einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau einer in Christus
geretteten und versöhnten Menschheit.
"Was die Bedeutung der Heiligkeit der Kirche
angeht, muß ein objektiver Vorrang dem geweihten Leben zuerkannt werden, das
die Lebensweise Christi selbst widerspiegelt. Eben deshalb findet sich darin
eine besonders reichhaltige Beschreibung der evangelischen Güter und eine
vollkommenere Verwirklichung des Zieles der Kirche, das die Heiligung der
Menschheit ist" (VC
32).
Die Verkündigung des Evangeliums ist eine
Priorität des geweihten Lebens. Zahlreiche Ordenschristen waren und sind
repräsentative und charismatische Träger der Verkündigung des Wortes. Die
Antworten, die die Ordensfamilien auf die verschiedenen geschichtlichen
Herausforderungen zu geben gewußt haben, leisteten einen großen Beitrag zur
Evangelisierung. Im Leben und Werk der Stifter, in ihrer Fähigkeit, die Zeichen
der Zeit zu erkennen und zeitgemäße Antworten auf neue Bedürfnisse zu geben,
ist der Hauptbeitrag des geweihten Lebens zur Evangelisierung der Welt zu
sehen.
In der heutigen Zeit muß ganz besonders das
lebendige Zeugnis der Ordenschristen anerkannt und gewürdigt werden, die sich
in Ländern wie Mozambique, Vietnam, Liberia, El Salvador, Sierra Leone,
Algerien, Ruanda, Zaire usw. für den Schutz der menschlichen Würde, die
Gerechtigkeit und den Frieden einsetzen. Dieses Zeugnis ist nicht selten vom
Martyrium gezeichnet, zu dem in allen Epochen Ordenschristen bereit waren. Es
stellt eine der ausdrucksstärksten Formen der Evangelisierung dar.
Unser Hospitalorden hat seinen Ursprung im
Evangelium der Barmherzigkeit, wie es von unserem heiligen Stifter Johannes von
Gott in seiner ganzen Fülle gelebt wurde: "Unser Charisma in der Kirche
ist eine Gabe des Heiligen Geistes. Diese gestaltet uns dem mitleidenden und
barmherzigen Christus des Evangeliums gleich " (Konst. 1984, 2a) und
bindet uns in die Sendung der Kirche ein. Mit unserem Leben "verkünden
wir die Größe der Liebe Gottes und zeigen den Menschen, daß er weiterhin an
ihrem Leben interessiert ist und an ihren Nöten nicht vorbeigeht"
(Konst. 1984, 8).
Wir Barmherzigen Brüder tragen das Werk der
Evangelisierung als nach innen und nach außen gelebte Glaubenserfahrung mit: "Der
Auftrag des Herrn an seine Kirche, allen Völkern das Evangelium zu verkünden,
geht uns Barmherzige Brüder ebenso an. Wir sind uns der Verantwortung für die
Verkündigung der Frohen Botschaft bewußt. Darum pflegen wir den missionarischen
Geist" (Konst. 48ab).
Die Geschichte unseres Ordens bezeugt in
eindrucksvoller Weise, wie unsere Brüder durch die Ausübung eines zutiefst aus
dem Evangelium heraus gelebten Apostolates die heil und frei machende Botschaft
Christi den Armen und Verlassenen erfahrbar gemacht und die Barmherzigkeit
Gottes dem Kranken und Hilfsbedürftigen konkret spüren lassen haben.
Zweites Kapitel
JOHANNES VON GOTT: BRUDER UND DIENER
FÜR DAS HEIL ALLER MENSCHEN
1. Von der
Barmherzigkeit Gottes betört
Johannes von Gott gestaltete sich
mit seinen Gesinnungen und Werken der Barmherzigkeit und der Solidarität
gegenüber den Armen innigst Christus gleich, befreite sich stufenweise von
allem Egoismus und der Tendenz, ein bequemes Christentum zu leben,
interpretierte die Situation der Armen und Kranken in Granada im Licht des
Glaubens und der Barmherzigkeit und ahmte, gedrängt von der an sich selbst
erfahrenen Liebe Gottes des Vaters, Jesus Christus in der radikalen Hingabe an
die Hilfsbedürftigen seiner Zeit nach, um ihnen die Liebe Gottes sichtbar zu
machen, sie an seiner Erfahrung teilhaben zu lassen und ihnen das Heil zu
verkünden (vgl. Konst. 1984, 1).
Obwohl der entscheidende Augenblick
seiner Begegnung mit Gott in der Märtyrerkapelle in Granada anzusiedeln ist, wo
er am Fest des heiligen Sebastian einer
Predigt des Meisters Avila beiwohnte, wurde ihm der Weg, auf dem ihn der
Heilige Geist in definitiver Weise zur radikalen Nachfolge des armen Christus
führte, erst während seines Aufenthaltes im Königlichen Hospital in Granada in
aller Deutlichkeit klar. Als er sah, wie seine Leidensgefährten behandelt
wurden, konnte er sich nicht zurückhalten und rief aus:
"O ihr Verräter und Feinde der
Tugend, weshalb behandelt ihr so übel und so grausam diese meine armen und
unglücklichen Brüder, welche sich zusammen mit mir in diesem Hause Gottes
befinden? Wäre es nicht besser, mit ihnen und ihren Leiden Mitleid zu haben,
sie zu waschen und ihnen mit mehr Liebe und Barmherzigkeit zu essen zu geben,
als ihr es tut; zu diesem Zweck haben doch die katholischen Könige die
Einkünfte gestiftet, die notwendig waren" [1].
Das Königliche
Hospital war für den Heiligen wie ein Noviziat, in dem ihm der Heilige Geist
half, in Weggemeinschaft mit dem gedemütigten und mißhandelten Christus
Demütigungen und Leiden zu ertragen. Die Betrachtung des Mysteriums der
Fleischwerdung des Wortes, das sich ihm verklärt in den Gesichtern der anderen
Kranken zeigte, half ihm, den Weg zu finden, auf dem er die unendliche Liebe
Gottes erwidern konnte:
"Und wenn er sah, wie die Kranken, die verrückt
waren und mit ihm zusammen untergebracht waren, gezüchtigt wurden, sprach
er:’Jesus Christus möge mir die Zeit und die Gnade gewähren, daß ich ein
Hospital habe, in dem ich die armen Menschen, die verlassen und der Vernunft
beraubt sind, sammeln kann, um ihnen zu dienen, wie ich es wünsche" [2].
Damit fand Johann von Gott endlich
eine Antwort auf die innere Unruhe, die ihn sein Hirtenleben in Oropesa
aufgeben und die Einladung seines Onkels ablehnen hatte lassen, in Montemor zu
bleiben, wohin er sich nach der Rückkehr aus Wien auf die Suche nach seinen
Angehörigen begeben hatte:
"Herr Onkel, da es Gott gefallen hat, meine Eltern
zu sich zu rufen, möchte ich nicht in diesem Lande bleiben, sondern einen Platz
suchen, wo ich dem Herrn außerhalb meiner Heimat dienen kann, indem ich so dem
guten Beispiel meines Vaters folge. Und da ich ein so schlimmer Sünder gewesen
bin, ist es recht, daß ich den Rest meines Lebens, das mir doch der Herr
gegeben hat, dazu verwende, um Buße zu tun und ihm zu dienen. Und ich vertraue
auf meinen Herrn Jesus Christus, daß er mir die Gnade gewähren wird, damit ich
mein Verlangen wirklich in die Tat umsetzen kann" [3].
Im Königlichen
Hospital ging die Frucht der großmütigen Hingabe, mit der sich Johann von Gott
in Ceuta um die Familie Almeida gekümmert hatte, auf. Im Königlichen Hospital
erhielt er eine Antwort auf seine Beichte und inständige Bitte, die er auf der
Rückkehr von Ceuta in Gibraltar an den Herrn gerichtet hatte:
“Würdige dich, mir den
Weg zu zeigen, den ich wandeln muß, um dir zu dienen und immer dein Sklave zu
sein. Gewähre mir Frieden und Ruhe, damit diese Seele findet, was sie so sehr
ersehnt..." [4].
Gott zeigte ihm
den Weg und Johannes beschritt ihn mit der ganzen Liebe, die Gott in seinem
Herzen ausgegossen hatte, und verließ ihn nie wieder. So erlangte er den
Frieden und die Ruhe, nach denen er sich so sehr gesehnt hatte und entdeckte
den “Schatz”, der es wert ist, sein Leben dafür einzusetzen: ein Sklave Jesu
Christi durch die Hingabe und den Dienst an seine Brüder, an seinen Nächsten
werden (vgl. 2 GL 7.8).
Francisco de
Castro, sein erster Biograph, schreibt, daß er wie ein vom Wein der Liebe
Betrunkener war:
"So groß war die Liebe, mit der der Herr
seinen Diener ausgestattet hatte, und so einzigartig waren die Werke, die aus
ihr hervorgingen, daß manche Menschen, die ihn eitlen Sinnes beurteilten, ihn
für einen großen Verschwender hielten. Diese Menschen verstanden nicht, daß
unser Herr ihn in den Weinkeller gestellt und dort die Liebe als Panier über
ihn aufgerichtet hatte. Johannes hatte sich so berauscht an seiner Liebe, daß
er nichts verweigern konnte, worum er in seinem Namen gebeten wurde" [5].
2. Zeuge der Freundschaft Gottes zum Menschen
Das Leben des hl. Johannes v. Gott
bestand seit seiner Ganzhingabe an den Herrn darin, sich von der Freundschaft
Gottes erfüllen zu lassen. Hospitalität bedeutete für ihn in diesem Sinn, sich
von der liebevollen Zuwendung, Gnade und Vergebung Gottes erfüllt zu fühlen. Er
fühlte sich “gastfreundlich” von Gott Vater aufgenommen und freute sich, ein
Kind Gottes zu sein, so daß schließlich alle seine Bemühungen dem Ziel dienten,
diese Kindschaft zum Ausdruck zu bringen, indem er wie Jesus in völliger
Verfügbarkeit für den Vater lebte und sein Dasein ganz dafür hingab, Räume und
Beziehungen brüderlichen Miteinanders zu schaffen.
Er begann seine Sendung des
Dienstes an den Armen und Kranken in Granada allein mit der Hilfe Gottes, ohne
einen Dukaten in der Tasche, indem er seine Existenz einsetzte, keine Mühe
scheute und weder bei Tag noch bei Nacht ausruhte. Die Einwohner Granadas
dachten zu Beginn, es mit einer merkwürdigen Form von “Verrücktheit” zu tun zu
haben. Doch nach und nach erkannten sie, daß es sich um eine echte
“Verrücktheit” handelte: die Verrücktheit, die ihn bis ins Innerste aufgewühlt
und sein Herz umgestaltet hatte, rührte davon her, daß er von der “Torheit der
Liebe” angesteckt worden war, die Gott durch seinen Sohn Jesus geoffenbart hat,
der sich arm machte, um uns an seinem Reichtum teilhaben zu lassen, sich zum
Sklaven machte, um uns die Freiheit wiederzugeben und sein Leben hingab, damit
alle durch ihn das Leben erlangten.
Johannes von Gott war ein Armer,
der Betroffenheit auslöste in einer Zeit, in der der “Beruf” des Bettlers
nichts Ungewöhnliches war. Es machte die Einwohner Granadas betroffen, als er
beschloß, seine kleine Buchhandlung aufzugeben, und das Wenige, das er besaß,
verschenkte, um einen Ort zu organisieren, wo er die armen Kranken von Granada
aufnehmen, ihnen zu essen geben und sie pflegen wollte. Sie hörten verwundert
auf, als sie ihn mitten in der Nacht in den Straßen rufen hörten: “Tuet
Gutes Brüder, tuet euch selbst Gutes, indem ihr den Armen Almosen gebt.”
Und er erhielt Almosen, viele Almosen, mit denen es ihm zuerst gelang, eine
kleine Herberge einzurichten, dann ein kleines Hospital zu eröffnen und
schließlich ein altes Kloster in der Cuesta de Gomeles zu erwerben, das als
sein erstes Krankenhaus angesehen wird, wo nach seinen eigenen Angaben über 140
Personen - Kranke, Arme und Pilger - Zuflucht und Pflege fanden.
Sein Krankenhaus stand allen offen:
den Armen und Kranken, die wie Brüder empfangen wurden, den Prostituierten, die
ihr Leben ändern wollten, den Wohltätern, die ihm helfen wollten, und den
Gefährten, die wie er leben wollten. Obwohl es ihm fernlag, eine “Schule” zu
begründen, steckte sein Lebenszeugnis seine Umgebung an, so daß sich sein
Hospital in kurzer Zeit in einen Ort verwandelte, an dem Hospitalität gelebt,
weitergegeben und erfahren wurde.
Obwohl die Hauptbemühungen seiner
karitativen Tätigkeit dem Hospital galten, ließ keine Not sein Herz unberührt.
Im Gesicht der Armen erblickte er das Gesicht des Herrn und sein Herz verwehrte
es ihm, untätig an den Nöten, die er sah, vorüberzugehen. Johannes, der Ärmste
der Armen, hatte die große Fähigkeit, die Menschen, die ihm bei seinem
Apostolat helfen konnten, vom Wert seines Werkes zu überzeugen, wie wir aus den
folgenden Zeilen an die Herzogin von Sessa ersehen:
“Ich will
Euch sagen, daß ich an jenem Tag, als ich in Cordoba war und durch die Stadt
ging, ein Haus fand, das sich in einer großen Notlage befand, in dem zwei junge
Frauen wohnen, deren Vater und Mutter bettlägerig und auch seit zehn Jahren
gelähmt sind. In solcher Armut und Trübsal fand ich sie vor, daß sie mir fast
das Herz brachen...Die Betroffenen haben mir einen Brief geschrieben, der mir
sehr zu Herzen ging wegen seines tragischen Inhalts.. Ich befinde mich in einer
so großen Notlage, daß ich an dem Tag, an dem ich die Arbeiter zahlen sollte,
einige Armen ohne Essen lassen mußte... Gute Herzogin, ich möchte, wenn Gott es
will, daß Ihr dieses Almosen gewinnen möget, für jene, die es verloren haben” (1 HS 15-17).
An Gutierrez Lasso schrieb er:
“...während
ich so viele Kranke, die doch meine Brüder und Nächsten sind, in Not sehe. In
vielfältiger Qual des Leibes und der Seele gerate ich in große Traurigkeit,
weil ich ihnen nicht helfen kann... (...) Mein Bruder in Jesus Christus, es
gereicht mir zur Erholung, Euch zu schreiben, denn ich stelle mir vor, mit Euch
zu sprechen und Euch an meinen Nöten teilhaben zu lassen. Ich weiß, daß Ihr sie
ebenso empfindet... Unser Herr Jesus Christus vergelte Euch im Himmel das gute
Werk, das Ihr um seinetwillen für die Armen und für mich getan habt” (2 GL 8.13).
3. Er steckte
die anderen mit seiner Nächstenliebe an
Johannes von Gott
bezeichnete sich selbst als “aller Menschen Bruder”. Diese Bezeichnung trifft
wahrscheinlich am besten den Kern seines Wesens, denn er wollte wirklich den
Menschen ein Bruder sein: den Armen und Kranken genauso wie den verarmten
Reichen, Soldaten in Schwierigkeiten und Prostituierten genauso wie den “edlen
Frauen” von Andalusien und Kastilien, die ihn mit ihren Almosen bei der
Erfüllung seines Apostolates der Liebe unterstützten.
Die Einwohner Granadas
änderten bald radikal ihre Meinung über Johannes von Gott. Castro schreibt:
“Denn das
Volk war immer der Ansicht, daß das, was sie ihn tun sahen, ein Stück Tollheit
sei, bis sie dann deutlich erlebten, welche Frucht und welch guten Wein jener
Same, der vergraben und vermodert war, hervorbrachte" [6]
Allmählich vollzog sich, wie es bei Castro weiter
heißt, ein Sinneswandel bei der ganzen Bevölkerung. Als man die Konsequenz
seines Lebensstiles, seine rückhaltlose und selbstlose Hingabe, seine Beständigkeit,
seine Opferbereitschaft und allumfassende Liebe erkannte, verwandelten sich die
Zweifel, die anfänglich seine Person umgaben, in begeisterte Unterstützung.
Diese Entwicklung vollzog sich in folgenden Schritten:
·
Verwunderung. Die erste positive Reaktion auf seine Person war
die Verwunderung. Ist das der Mensch, der sich gerade noch vor kurzem so
verrückt aufführte? Der hat sich aber verändert! Seine neue Lebensweise
stand für den Wandel, der an seiner Person vor sich gegangen war, enthüllte
zugleich aber vor allem, wer Johannes von Gott wirklich war.
·
Anerkennung. Auf die Verwunderung folgte die Anerkennung.
Johannes begann, von allen geliebt zu werden. Er tat, was sonst niemand tat. In
seinem Haus war Platz für alle: Kranke, Arme, Pilger u.v.a. Er war nicht
verrückt, sondern sah sehr klar, viel klarer als andere. Es liebten und
segneten ihn die Armen und Reichen, die staatlichen und die kirchlichen
Autoritäten.
·
Unterstützung. Mit
der Anerkennung kam auch die Unterstützung. Das Werk von Johannes von Gott
wurde zum Werk von ganz Granada und wurde von der Bevölkerung unter allen
Gesichtspunkten unterstützt: mit Geld, persönlicher Mitarbeit, Werbung unter
Freunden und Bekannten. Alle wollten mit der Zeit zu Mitträgern des Werkes des
seligen Johannes von Gott werden. Eher als von Unterstützung kann man hier von
einer wahren Identifizierung mit dem Werk unseres heiligen Stifters sprechen.
·
Verehrung. Johannes von Gott ist nie gänzlich gestorben.
Seine Liebe ist an allen Ecken und Enden von Granada spürbar lebendig
geblieben. Der beste Beweis dafür war sein Begräbnis, das uns von Castro wie
folgt geschildert wird:
"Seinen
sterblichen Überresten wurden beim Leichenbegängnis großartige Ehrungen
erwiesen wie keinem Fürsten, Kaiser oder sonstigem Herrscher der Welt"
[7].
Der Geist des hl. Johannes v. Gott lebte in seinen
Brüdern weiter, die sein Werk zunächst in Granada und dann in der ganzen Welt
weiterführten, so daß seine Gestalt heute nicht nur eine historische
Erinnerung, sondern eine lebendige Gegenwart unter den Menschen ist.
4. Die ersten Gefährten
Johannes von Gott übte eine große Anziehungskraft
auf die Menschen aus, die mit ihm in Berührung kamen. Von Francisco de Castro
wissen wir, daß er sich eine Zeit lang allein um alles in seinem Hospital
gekümmert hat. Später schlossen sich ihm freiwillige Helfer und Freunde wie
z.B. Johannes von Avila an, den der Heilige liebevoll Angulo nannte, die ihm
bei der Arbeit halfen und ihn auf seinen Reisen begleiteten. Außerdem stellte
der Heilige Berufskrankenpfleger ein. Alle diese Personen fühlten sich von der
Integrität seines Lebens angezogen und von der überzeugenden Weise, in der er
das Gebot der christlichen Nächstenliebe im Dienst an den Armen erfüllte,
herausgefordert.
Die ersten Brüder von Johannes von
Gott wurden durch seine große Liebe erweckt. Aus einem seiner Briefe wissen
wir, daß sich der Heilige vollkommen bewußt war, daß seine Lebensform die
Bereitschaft verlangte, sich ganz den Dingen Gottes zu widmen, selbstlos für
den Nächsten dazusein und ein integeres Leben zu führen, das auf der Gnade
Gottes und auf dem ständigen Gebet und
Empfang der Sakramente aufbaute (vgl. LB passim). Als er seine ersten
Gefährten auswählte, ließ er sich weder von Vorurteilen beeinflussen, noch von
Äußerlichkeiten irreführen, hatte er doch an sich selbst erfahren, daß die
Barmherzigkeit Gottes fähig ist, das Herz eines jeden Menschen zu verwandeln,
insofern er nur bereit ist, sich seiner Liebe zu öffnen.
So handelte es sich bei seinen ersten Gefährten
nicht selten um Menschen, die Gott fern standen und ein ungeordnetes Leben
führten, aber unter dem Einfluß seiner Hingabe, seiner Worte und seines
Zeugnisses ihr Leben änderten und in Gemeinschaft mit ihm seine Sendung
mittragen wollten. So entstand eine neue Ordensfamilie.
Die Geschichte von Antón Martín und Pedro Velasco
ist allen bekannt. Wie von mehreren Zeugen beim Seligsprechungsverfahren
ausgesagt wurde, handelte es sich um zwei miteinander zutiefst verfeindete
Personen, da Pedro den Bruder von Anton umgebracht hatte und dieser ihn rächen
wollte. Durch die Liebe und die Vermittlung des hl. Johannes v. Gott werden sie
zunächst zu echten Brüdern, dann zu eifrigen Mitarbeitern seines Werkes und
schließlich zu seinen ersten Gefährten.
Simon von Avila war hingegen einer, der Johann von
Gott verleumdete und diskreditierte. Er folgte ihm auf Schritt und Tritt, um
ihn bei seinen Besuchen bei armen Witwen und hilfsbedürftigen jungen Frauen
auszuspionieren. Doch anstatt die, wie er glaubte, geheuchelte Nächstenliebe
des Heiligen zu entlarven, bekam er durch seine Spioniererei eine derart tiefe
Einsicht in das Leben von Johann von Gott, daß aus dem Verleumder einer seiner
größten Bewunderer wurde. Unter dem Einfluß der göttlichen Gnade fühlte er sich
von seinem Lebensstil angezogen und schloß sich der Gruppe seiner engsten
Gefährten an.
Domenico Piola war ein Handelsmann, der es zu großem Reichtum gebracht
hatte. Der Umgang mit dem Heiligen gab seinem Leben eine radikal andere
Richtung. Er beschloß, sich von den Dingen der Welt abzuwenden und Johann von
Gott anzuschließen. Bevor ihn Johann von Gott aufnahm, gebot er ihm, seine
Geschäfte zu ordnen. Er war, wie uns von Zeitgenossen berichtet wurde, ein
großes Beispiel und diente den anderen zur Erbauung.
Wenig wissen wir hingegen vom Leben des Juan
García, bevor er sich der Gruppe um Johann von Gott anschloß. Vom Zeugnis des
Heiligen angezogen, schloß er sich seiner Gruppe an, um in seinem Hospital zu
arbeiten. Seine große Liebe und Hingabe an die Kranken führten dazu, daß er
ohne Unterlaß im Hospital für sie da war.
5. Prophetische und evangelisierende Zeichen
seines Lebens
Es ist schwer, in wenigen Worten den prophetischen
und evangelisierenden Geist des hl. Johannes v. Gott zusammenzufassen. Ohne den
Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu wollen, sollen im folgenden die
herausragendsten Züge dargestellt werden.
5.1. Innige
Beziehung zu Gott
Johann von Gott
erwidert die an sich erfahrende Barmherzigkeit Gott Vaters, indem er schrittweise
die Gemeinschaft mit Gott vertieft und die Liebe in Erfüllung seines Willens
lebt. Indem er den Willen Gottes zum bestimmenden Maßstab seines Lebens erhebt,
zeigt er, daß er von Jesus gelernt hat, daß wer sich in der Liebe des Vaters
beheimaten will, seinen Willen erfüllen muß (vgl. Joh 15, 9‑10; 14, 31).
Nach seiner
Bekehrung entwickelt er sein Erleben des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung
in einer Weise, daß sein Wollen mit dem Wollen Gottes eins ist.
5.2. Glaube
Sein Glaube läßt
ihn die heilwirkende Gegenwart Gottes mit einer solchen Tiefe in sein Leben
eindringen, daß Gott selbst zum formgebenden Element seines Daseins wurde. Der
Übername “von Gott” bringt das in bezeichnender Weise zum Ausdruck:
Johannes gehört nicht mehr sich selbst, sondern Gott. Er lebt nicht mehr für
sich, sondern für Gott und sein Reich.
Aus diesem
Glaubenserleben, das ihn die heilwirkende Gegenwart Gottes mit Freude überall
erkennen und annehmen ließ, schöpfte er die Kraft für die radikalen
Lebenshaltungen, die er später in seinen Briefen seinen Gesprächspartnern empfiehlt:
“Gott werde allen Dingen dieser Welt
vorgezogen”. (So beginnen alle Briefe)
“...all dies muß um Gottes willen
ertragen werden... um Gottes Liebe willen... für alles sollt ihr Gott vielen
Dank sagen...” (LB 9).
“...denn alles Gute, das die Menschen
tun, ist nicht ihr, sondern Gottes Verdienst. Gott sei die Ehre und die
Herrlichkeit, denn alles ist sein” (1 GL 11).
5.3. Liebe
Johann von Gott ist der Heilige der
Liebe. Die Liebe zu Gott und zum Nächsten ist die Triebfeder und das Ziel
seines Lebens. Die Liebe ist für ihn:
·
der tiefste Ausdruck der Gemeinschaft mit Gott: “Bleibt immer in der
Liebe, denn wo keine Liebe herrscht, ist Gott nicht, wenngleich Gott überall
ist” (LB 13).
· “die Mutter aller
Tugenden” (1 HS 16).
· der Beweis für
die Liebe zu Jesus Christus: “Ich weiß, daß ihr unseren Herrn Jesus liebt
und die Schmerzen seiner Kinder, der Armen, nachempfindet” (2 GL 10).
· eine Garantie für
die Vergebung der Sünden: “Wie das Wasser das Feuer zum Erlöschen bringt,
genauso ist es mit der Liebe und der Sünde” (1 HS 13).
· “die Seele” der
Barmherzigkeit und der Hingabe an den Nächsten: “... während ich so viele
Kranke, die doch meine Brüder und Nächsten sind, in Not sehe... In vielfältiger
Qual des Leibes und der Seele gerate ich in große Traurigkeit, weil ich ihnen
nicht helfen kann” (2 GL 8).
Die Liebe zum Nächsten wird zur “Seele” seines Lebens. Er lebt sein
Christentum in vollkommener Nachahmung Jesu Christi und liebt selbst dann, wenn
seine Liebe unerwidert bleibt. Er lebt die christliche Nächstenliebe bis zu
ihrer extremsten Form, der Feindesliebe, indem er “den Guten wie den
Schlechten” Gutes tut. Francisco de Castro berichtet in diesem Zusammenhang von
einem bezeichnenden Vorfall. Wohlmeinende Personen informierten den Erzbischof Guerrero, daß
Johann von Gott bei sich auch zwielichtige Gestalten aufnahm, die nach ihrer
Auffassung das Hospital in Verruf zu
bringen drohten. Als der Erzbischof den Heiligen darauf zu sich bestellte und
ihn aufforderte, solche Personen fortan nicht mehr in sein Haus zu lassen,
reagierte er folgenderweise:
“Johann von Gott lauschte
aufmerksam auf alles, was sein Bischof ihm sagte; darauf erwiderte er ihm in
tiefer Demut und Milde: ’Mein guter Vater und Bischof, nur ich bin der
schlechte, unverbesserliche und nutzlose Mensch, der es verdient, aus dem Hause
Gottes gejagt zu werden. Die Armen, die im Hospital sind, sind gut und von
keinem weiß ich etwas Böses. Da nun Gott die Bösen und Guten erträgt und Tag
für Tag über allen seine Sonne aufgehen läßt, ist es nicht richtig, die
Verlassenen und Niedergeschlagenen aus ihrem eigenen Haus zu jagen” [8].
Aus zu Liebe zu Gott erträgt er geduldig schwere
Beleidigungen und sieht in ihnen eine Weise, das Leiden Christi mitzutragen,
der das Schlechte, das man ihm antat, mit Gutem vergalt (vgl. LB 10). Er weiß,
daß dort, wo keine Liebe ist, auch Gott nicht ist (vgl. LB 15); so lesen wir es
in einem seiner Briefe.
Äußerst empfänglich für das Leiden seiner
Mitmenschen, bricht es ihm das Herz, wenn er Menschen in Not begegnet. Sein Haus
steht allen offen, obwohl man ihm vorwirft, viel zu großmütig zu sein. Doch er
weiß, daß seine Bestimmung darin besteht, die Barmherzigkeit Gottes allen ohne
Ausnahme sichtbar und erfahrbar zu machen, und liebt deswegen ohne Grenzen mit
wahrhaft evangelischer und prophetischer Lebenskraft.
5.4. Hoffnung
Die Hoffnung ist
für Johann von Gott:
“... Hoffnung allein auf Jesus
Christus. Denn um der Leiden und Mühsal willen, die wir um seinetwillen in
diesem elenden Leben auf uns nehmen, wird er uns wegen seiner hl. Passion und
seiner großen Barmherzigkeit die ewige Glorie schenken” (3 HS 9).
Er beschreibt die
Hoffnung mit folgenden Worten:
“...mein vielgeliebter Bruder in
Jesus Christus... da ich mich in solcher Not sehe, wage ich mich oftmals nicht
einmal mehr aus dem Haus... Dennoch setze ich mein Vertrauen auf Jesus
Christus, daß er mich von den Schulden befreien wird, denn er allein kennt mein
Herz” (2 GL 7.8; vgl. 1 HS 6; 2 HS 7. 20).
“Dieser gegenwärtige Brief soll
Euch wissen lassen, in welch großer Sorge und Notlage ich bin; Dank sei unserem
Herrn Jesus Christus für dies alles; denn Ihr sollt wissen..., daß es der
Armen, die hierherkommen, sehr viele sind, so daß ich selbst oft verwundert
bin, wie sie erhalten werden können. Aber unser Herr Jesus Christus sorgt für
alles und gibt uns zu essen” ( 2 GL 3).
“Jesus Christus... allein sieht
alles vorher, ihm sei Dank gesagt für immer und ewig. Amen, Jesus” (2 GL 9).
“..daß wir nach der Arbeit unserem
Herrn Jesus Christus Dank sagen sollen, weil er mit uns so großes Erbarmen
zeigt” (2 HS 18).
5.5. Solidarität
mit den Armen und Kranken
Johann von Gott
opfert sich restlos im Dienst an den Kranken und Hilfsbedürftigen auf. Dabei
stellt er sich auf eine Ebene mit ihnen: Er entledigt sich seiner selbst, um
seine “Brüder und Nächsten” aufzusuchen und zu ihnen in ein Gespräch der Liebe
zu treten, das durch den Dienst und die Hingabe seines Lebens zur Linderung
ihrer Nöte konkrete und praktische Gestalt annimmt.
Das ist ein
hervorstechender Zug an seinem Leben: Er stellt sein Leben nicht nur in den
Dienst der Armen und Kranken, sondern teilt ihr Schicksal. Das kommt besonders
klar in einem Brief an Gutierrez Lasso zum Ausdruck:
“Dieser
gegenwärtige Brief soll Euch wissen lassen, in welch großer Sorge und Notlage
ich bin... und so sorge ich mich hier allein um Jesus Christus, denn ich
schulde mehr als 200 Dukaten... deshalb wage ich mich oftmals nicht einmal mehr
aus dem Haus... ich habe Euch von diesen meinen Mühsalen und Nöten berichten
wollen, weil ich weiß, daß sie Euch Sorge bereiten, so wie auch mich Eure
Leiden kümmern würden. Ich weiß, daß Ihr unseren Herrn Jesus liebt und die
Schmerzen seiner Kinder, der Armen, nachempfindet; deshalb berichte ich Euch
von diesen ihren Sorgen und Nöten und den meinigen” (2 GL.
1.7.8.10).
Durch diese
innige Identifizierung, die ihn sich selbst arm und hilfsbedürftig erleben
läßt, und die persönliche “Selbstentsagung” ist Johann von Gott in der Lage,
die Nöte der Armen zu lindern und ihnen seine Hilfe anzubieten, ohne ihre Würde
zu verletzten oder in eine von oben herabschauende Haltung zu verfallen. Die
Identifizierung mit den Armen gibt ihm die Fähigkeit, sich wirklich in ihre
Lage hineinzuversetzen. Wie Jesus Christus leidet und freut sich Johann von
Gott aus einer innigen Haltung der Liebe mit seinen Mitmenschen mit.
5.6. Gebet
Johann von Gott erscheint auf den ersten Blick wie ein hochaktiver Mensch.
Doch die Kirche hat ihn in der Heiligsprechungsbulle als ein Modell der Liebe
und des Gebets dargestellt. Aus seiner Biographie geht dieser christliche
Wesenszug ganz klar hervor. Johann von Gott gelang es, die Liebe in
vollkommener Fülle in ihrer doppelten Richtung zu leben: Er liebte Gott und den
Menschen und erreichte so jene innere Harmonie, die nur die Liebe zu geben
vermag. Sein Liebeswerk nährt und erneuert sich aus dem ständigen Kontakt mit
Gott, den er nicht nur im Gebet sucht, die sehr zahlreich sind, sondern auch in
der Hingabe an den Nächsten, was ihm die Fähigkeit schenkt, das Leben, das
Leiden, die Armut usw. im Lichte des Glaubens zu interpretieren.
Sein Gebetsstil ist einfach und
schlicht und ähnelt dem der Gläubigen seiner Zeit: Er spricht die von der
heiligen Mutter Kirche gebotenen Gebete, betrachtet die Passion Christi, vor
allem an den Freitagen, betet gern den Rosenkranz, besucht eifrig die heilige
Messe und beichtet oft. Gern holt er sich Rat bei seinem Spiritual, trägt
vertrauensvoll seine Nöte dem Herrn vor und ist immer bereit, seinen Willen zu
tun. Ganz besonders aber dankt er Jesus Christus für seine große
Barmherzigkeit, Liebe und Güte und bemüht sich, diese Güte und Liebe an die
Armen und Kranken weiterzugeben (vgl. 2 HS 18.19).
Wir können ohne Zweifel sagen, daß Johann von Gott
ein Mann des Gebets, ein Prophet war, der Gott in allen Gegebenheiten zu
erkennen und mit ihm in Kontakt zu treten wußte, trotz der umfangreichen
Tätigkeit, die in Anspruch nahm.
5.7. Aszetik
Nach seiner Bekehrung begann Johann
von Gott, ein hartes und entbehrungsreiches Leben zu führen, das uns von Castro
im 17. Kapitel seiner Biographie wie folgt beschrieben wird:
“Schon die gewöhnliche
Arbeit, die Johannes von Gott leistete, um Almosen zu erbetteln und für seine
Armen zu sorgen, ohne die ständigen Anliegen der Leute und die ständigen
Belästigungen zu erwähnen, war eine Buße und große Abtötung. Dies hätte schon
für einen Menschen, der körperlich gesund und stark gewesen wäre... eine kaum
erträgliche Last bedeutet. Bruder Johannes von Gott aber begnügte sich nicht
mit alledem, sondern tötete seinen Körper noch ab mit großen Bußwerken, indem
er ihn dem Geist unterwarf und ihm nicht einmal das Notwendige zukommen ließ” [9].
Ein paar Seiten weiter lesen wir::
“So groß waren die Mühen,
denen sich Johannes von Gott unterzog, um die Leiden aller Mitmenschen zu lindern,
sei es auf den Reisen, die er unternahm und auf denen er oft grimmige Kälte
ertrug, sei es durch die alltägliche Arbeit, die er in der Stadt verrichtete,
daß er oft zusammenzubrechen drohte” [10].
Gestützt auf diese Zeugnisse können wir sagen, daß
sich seine Aszetik vor allem in den folgenden drei Aspekten kundtat:
·
Erstens in der Gleichgültigkeit
gegenüber den Bedürfnissen seines Körpers; er schenkt ihm nichts, denn an
erster Stelle kommen für ihn die Armen. Aus den Stellen, an denen er auf Gewand
und Essen Bezug nimmt (vgl. 2 HS 13), ersehen wir, wie wenig er zum Leben
brauchte. Der große Arbeitsumfang, der kurze Schlaf, den er sich gönnt, die
Strenge sind alles Aspekte, in denen sich seine Aszetik widerspiegelt.
·
Der zweite Aspekt betrifft all jene
Forderungen, die sich aus der Hingabe an die anderen ergeben, sprich die
Zuwendung zu den Kranken, das aufmerksame Mitverfolgen ihrer Krankheit, die
Besuche, wenn er abends todmüde nach Hause kommt, das Betteln, die Sorge um
Frauen, die in Bedrängnis sind, die Verhandlungen mit den Gläubigern u.v.a.
Seine Aszetik geht so weit, daß er Gott sowohl für das Gute als auch für das
Schlechte dankt.
·
Der dritte Aspekt seiner Aszetik
besteht schließlich darin, daß Johann von Gott nach seiner Bekehrung sich
stufenweise seiner selbst entledigt, um in sich Raum für die Liebe Gottes zu
schaffen. Nachdem er die Predigt des hl. Johannes von Avila vernommen hatte,
wollte er, daß die anderen ihn für einen Nichtsnutz hielten: Er entkleidet
sich, wirft sich in den Schlamm, läßt sich vom Volk zum Narren halten und als
Verrückten in Verruf zu bringen... Er klagt sich ohne Unterlaß an, nennt sich
einen großen Sünder und bestätigt dies sogar noch auf dem Totenbett dem
Erzbischof Guerrero. An den Freitagen, wenn er zu den Prostituierten geht, um
sie zu einem anderen Lebenswandel zu überreden, tut er dies in erster Linie,
indem er seine eigenen Sünden beichtet, denn er ist nach seiner Auffassung der
einzige Unwürdige, den es in seinem Hospital gibt. Gerade er, der sich zu den
höchsten Gipfeln der Liebe und Heiligkeit aufgeschwungen hatte, empfand sich
als ein Nichts. Das ist ein weiteres prophetisches Zeichen seines Lebens.
5.8. Die
Zusammenarbeit mit den Laien
Sein Werk stand nicht nur allen Kranken und Armen
offen, sondern auch allen Personen, die mit ihm zusammenarbeiten wollten.
Die Einwohner Granadas beginnen ihn mit Almosen zu unterstützen. Im
Hospital gehen ihm die Armen, Pilger und vor allem die Prostituierten zur Hand.
Er stellt Berufskrankenpfleger ein, die die Betreuung der Kranken
gewährleisten, wenn er zum Almosensammeln außer Haus ist. Bei seinen Reisen
begleitet ihn Johannes von Avila (Angulo). Die Wohltäter werden mit ihren Gaben
zu wichtigen Mitträgern des Hospitals. Ganz Granada spürt schmerzlich seine
Abwesenheit, als er nach Valladolid reist, wo er neun Monate am Hof verbringt.
Bei seiner Rückkehr bereitet man ihn einen festlichen Empfang.
All das beweist, daß er von dem Wunsch beseelt
ist, so viele Menschen wie möglich an seinem Werk zu beteiligen, indem er die
Qualitäten eines jeden anerkennt und fördert und mit Offenheit und Freude
aufnimmt. Sein Werk war deswegen, von Anfang an, auch das Werk seiner
Mitarbeiter, Gläubiger und Nichtgläubiger; es genügte, daß sie sich mit seinem
humanitären Geist den Menschen gegenüber identifizierten, denen er die Kraft
des Heiles bezeugen wollte.
5.9. Seine Klugheit
Johann von Gott war ein kluger Mann, der mit jener
biblischen Weisheit ausgestattet war, die aus der Schlichtheit, der Demut, dem
Hinhorchen auf Gott im Glauben und der harmonischen und ausgeglichenen
Hinordnung der eigenen Existenz auf das Grundlegende wächst.
Seine Handlungen und Maßnahmen sind wohl überlegt
und die Bevölkerung erkannte in ihm immer mehr einen klugen und umsichtigen
Mann.
5.10. Seine
Ausgeglichenheit und Unbeschwertheit
Das Tagesprogramm
von Johann von Gott war dichtgedrängt. Er hatte keine Zeit zu verlieren, denn
das Hospital und die Bedürfnisse der Armen machten ihm soviel Arbeit, “daß
mir nicht einmal die Zeit bleibt, ein Credo langsam zu beten” (1 GL 4).
Trotzdem fand er immer die Zeit, einen nach dem anderen zu besuchen, nach ihrem
Befinden zu fragen und sich zu erkunden, wie sie den Tag verbracht hatten. Wenn
er einem Menschen in Not begegnet, legt er alle Eile beiseite, hält inne, hört
zu und bietet im Rahmen des Möglichen seine Hilfe an. Castro berichtet:
“Und es strömten dort so viele
Menschen zusammen, die ihn zu sprechen wünschten, daß oft nicht einmal alle
stehend Platz finden konnten. Johannes saß in der Mitte und lauschte geduldig auf
die Nöte, die ihm jeder vorbrachte; er schickte keinen ungetröstet weg, sondern
gab Almosen oder sprach ermunternde Worte”. [11]
5.11. Sein evangelisierender Geist
Johann von Gott ist ein Apostel, der eine
universelle und ökumenische Sicht der Welt hat, die ihm aus der Heilserfahrung
zugewachsen ist, durch die er erkannte, daß Gott der Vater alle Menschen ohne
Ausnahme ohne Gegengabe liebt. Diese Erfahrung bildet das Fundament seines
apostolischen Geistes. Diese Erfahrung bemüht er sich, mit seinen Gesinnungen
und Handlungen in Wort und Tat weiterzugeben.
Sich dieser Erfahrung aufzuschließen, lädt er alle ohne Unterlaß ein:
“Wenn wir recht
bedenken würden, wie groß das Erbarmen Gottes ist, so würden wir nie
unterlassen, das Gute zu tun” (1 HS 13).
Daher rührt sein großer Wunsch,
alle zu einem Leben in Gott zu führen, das Heil zu erleben und den
grundlegenden Wert der menschlichen Person zu erkennen. In der Sprache seiner
Zeit sagt er: “Denn mehr ist eine Seele wert als alle Schätze der Welt”
(1 HS 17).
Daher rührt auch
sein ständiges Interesse, die Frohe Botschaft bei allen Gelegenheiten zu verkünden.
Die Verkündigung des Heils ist ihm ein inniges Herzensanliegen. Seine Liebe
zielt nicht nur darauf, soziale Probleme und Nöte zu lösen; sein Einsatz für den
Menschen hat nicht zum Haupt-zweck, und schon gar nicht zum einzigen Zweck, die
gesellschaftliche Rehabilitation der Geächteten und Gemiedenen. Er versteht und
erfüllt den Dienst an den Armen und Kranken als Nachfolge Christi, als konkrete
Verkündigung des Heils und praktische Sichtbarmachung der Liebe Gottes des
Vaters zu allen Menschen, vor allem den Schwächsten.
Er selbst bringt
das am besten zum Ausdruck, wenn er sagt:
“Und so sorge ich mich hier allein
um Jesus Christus” (2 GL 7).
Auch die Worte,
mit denen er gewöhnlich seine Briefe beschließt, beweisen das:
“Johannes von Gott... der die
Rettung aller Menschen wie auch seine eigene herbeisehnt.. Amen, Jesus.”
Diese Worte
zeigen hinreichend, daß es ihm nicht nur um das leibliche Wohl oder die Lösung
sozialer oder ökonomischer Probleme geht, denn:
·
jeden Freitag geht er zu den Prostituierten, um sie zu evangelisieren;
·
er unterweist die Kinder und Patienten in seinem Hospital im Katechismus;
·
er kümmert sich darum, daß die Patienten religiös betreut und ihnen die
Sakramente gespendet werden;
·
er wirkt als Seelenführer für die Personen, mit denen er Umgang pflegt:
* Luis Bautista
hilft er bei seiner Berufsentscheidung;
* Gutierrez Lasso
steht er mit Rat und Tat in Familienangelegenheiten und der Planung der Zukunft
seiner Kinder zur Seite;
* die Briefe an
die Herzogin von Sessa, vor allem der dritte, sind voll Orientierungen
spiritueller Natur.
Johann von Gott
bietet dem Menschen einen ganzheitlichen Dienst an, und zwar aus seiner Identität
als Gläubiger, den es nicht nur um eine Ebene des Menschen geht. Er bringt das
sehr treffend zum Ausdruck, wenn er sagt:
“..während ich so
viele Kranke... in Not sehe... in vielfältiger Qual des Leibes und der
Seele...” (2 GL 8).
Außerdem gilt
seine Sorge nicht nur den Menschen in seinem Hospital, sondern allen, die sich
an ihn um Hilfe wandten:
“Und da zu ihm Arme und Bedürftige aller Art eilten, um Hilfe zu finden -
hochgeachtete Witwen und Waisen, die sich heimlich an ihn wandten, Personen,
die in Rechtsstreitigkeiten verwickelt waren, versprengte Soldaten ebenso wie
verarmte Bauern... - eilte er allen entsprechend ihren Nöten zu Hilfe und
niemanden schickte er ohne einen Trost weg”. [12] (...) gar
nicht zu sprechen von den Studenten, die er unterstützte und von den
verschämten Armen, die er in ihren Häusern besuchte”. [13]
Wir sprechen heute viel von neuer Evangelisierung, neuer Hospitalität und
Pastoraldienst. In Johannes von Gott ist der unveränderbare Inhalt der Frohen
Botschaft mit einer Kraft und überzeugenden Haltung zum Ausdruck gekommen, die
uns heute oft fehlen. Auch darin sollten wir in ihm einen Propheten sehen.
II. TEIL
ZUR EVANGELISIERUNG
DER ARMEN UND KRANKEN BERUFEN
Ein historischer Rückblick
Drittes Kapitel
DER HOSPITALORDEN
BIS ZUR HÄLFTE DES 19. JAHRHUNDERTS
1. Vom
Tod des hl. Johannes v. Gott bis zur Spaltung des Ordens in zwei Kongregationen
Die Anfänge des Werkes des hl. Johannes v. Gott sind sehr bescheiden und
einfach, entwickeln aber dank der göttlichen Vorsehung und dem fortdauernden
Beispiel des Stifters eine ungeahnte Kraft. Nur im Licht der göttlichen
Vorsehung kann die weitere Entwicklung des von Johann von Gott begonnenen
Werkes erklärt werden. Materielle und moralische Unterstützung finden seine
ersten Nachfolger beim Erzbischof von Granada, Don Pedro Guerrero, und bei
Johannes von Avila sowie einigen anderen Wohltätern. Juridisch und
organisatorisch steht das Werk hingegen zunächst im leeren Raum: es hat keine
Strukturen, kein ausformuliertes Organigramm und keine Regel. Erst 37 Jahre
nach dem Tod von Johann von Gott wird 1587 das erste Kapitel zur Wahl eines
Generals und Verfassung eigener Konstitutionen abgehalten.
Ausgangspunkt war Granada. Antón Martín übernahm als Nachfolger des hl.
Johannes v. Gott die Leitung des Hospitals. Von 1552 bis 1565 leitete Fr. Juan
Garcìa die spanischen Brüder. Er war es auch, der Rodrigo de Sigüenza,
Sebastián Arias, Pedro Soriano, Melchor de los Reyes und Frutos de San Pedro in
die entstehende Ordensgemeinschaft einkleidete.
a) Die
ersten Gründungen außerhalb von Granada
Von den Unternehmungen, die in diese Zeit fallen, haben die folgenden drei
eine ganz besonders wichtige Rolle für die Weiterentwicklung des Ordens
gespielt: die Übersiedlung des Hospitals von der Cuesta de los Gomérez auf das
Grundstück der Hieronymiten, die Reise von Antón Martín nach Madrid mit der
Gründung eines neuen Hospitals und, gleich danach, die Teilnahme am Krieg der
Alpujarras.
Der Wunsch, das neue Hospital in Granada bestmöglich für die Zukunft zu
rüsten führte Antón Martín 1552 nach Madrid, wo er finanzielle Unterstützung
suchte. Er fand großzügige Gönner, zu denen auch Prinz Felipe und die Infanta
Donna Juana gehörten. Viele baten Antón Martín darüber hinaus, auch in Madrid
ein Hospital nach dem Stil des Hospitals, das die Brüder in Granada führten, zu
gründen. Antón Martín kehrte nach Granada zurück, um die Dinge zu regeln, und
begab sich dann neuerdings nach Madrid, wo er ein Hospital mit dem Namen “Amor
Divino” (Göttliche Liebe) gründete. Während er sich der Errichtung und dem
Ausbau des neuen Hospitals widmete, erkrankte er schwer und starb in der Nacht
zum 24. Dezember 1553. Vorher hatte er jedoch noch für die beiden Häuser in
Madrid und Granada zwei Brüder als Obere eingesetzt.
Das Werk der Brüder von Johann von Gott wuchs. Mit großem Gottvertrauen und
Können entwickelten es die Brüder weiter, so daß an sie bald zahlreiche Bitten
herangetragen wurden, weitere Werke in anderen Städten Spaniens zu errichten.
Außerdem erfreuten sie sich eines beachtlichen Zuwachses, so daß in kurzer Zeit
viele Hände den Armen und Kranken im Zeichen der von Johann von Gott
vorgelebten Hospitalität tätig waren. Auf die Gründung in Madrid folgten so
neue Gründungen in Lucena (1565);
Utrera (1567); Jerez de la Frontera (1568); Cordoba und Sevilla (1570).
Die Teilnahme der Brüder am Krieg der Alpujarras und an der Schlacht von
Lepanto öffnet ihrem Charisma neue Horizonte und erweitert ihren Wirkungskreis.
Ihre Arbeit beschränkt sich nicht nur mehr auf den Dienst im Hospital, sondern
dehnt sich auf die Pflege verletzter Soldaten zu Lande und zu See aus und auf
Notmaßnahmen vor Ort bei Seuchen. Dadurch erhält das Werk von Johann von Gott
eine große Beweglichkeit und Dynamik und dehnt sich in der ganzen Welt aus.
Zwischen 1570 und 1580 schließen sich der Gemeinschaft der Ehrwürdige Pedro
Pecador, Gründer des Hospitals Unserer Friedensreichen Frau in Sevilla sowie
der Hospitäler in Malaga, Antequera und Ronda, sowie der heilige Johannes
Grande an, von dem Hospitäler in Jerez de la Frontera, Medinasidonia, Sanlúcar
de Barrameda, Arcos de la Frontera, Puerto de Santa Maria und Villamartín
errichtet werden. Gemeinsam mit diesen
beiden großen Persönlichkeiten treten ihre jeweiligen Schüler in den entstehenden
Orden ein. Ein Schüler von Johannes Grande, Pedro Egipciaco, sollte später zum
ersten General der spanischen Kongregation werden.
b) Anerkennung
der Kongregation des Johannes von Gott durch den heiligen Pius V.
1570 reisten die Brüder Pedro Soriano und Sebastián Arias von Spanien nach
Rom, um von Papst Pius V. die Anerkennung des Ordens zu erbitten. Mit dem Breve
"SALVATORIS NOSTRI" (8. August 1571) und der Bulle "LICET EX
DEBITO" (1. Januar 1572) erhob der Heilige Vater die Gruppe der “Brüder
von Johannes von Gott” zu einer Kongregation, gab ihnen die Regel des heiligen
Augustinus, unterstellte sie dem Gehorsam der Ortsbischöfe und gewährte ihnen
einen eigenen Habit.
Nach der Anerkennung im Jahr 1572, kehrte Fr. Pedro Soriano nicht mehr nach
Spanien zurück, sondern blieb in Italien, wo er 1572 das Hospital zu Unserer
Siegreichen Frau in Neapel gründete. 1581 siedelte er nach Rom um, wo er
zunächst in der Piazza di Pietra, dann, 1584, auf der Tiberinsel tätig wurde,
wie aus der Kaufurkunde des Krankenhauses zum hl. Johannes Calibita hervorgeht.
c) Erhebung
zum Orden durch Sixtus V.
Die Kongregation erlebt ein starkes Wachstum, das vor allem darauf
zurückzuführen ist, daß die Brüder treu den Geist des hl. Johannes v. Gott
weiter entwickeln. So bleibt es nicht aus, daß sie den Wunsch spüren, ein
echter Orden mit eigenen regeln und Oberen zu werden. Sixtus V., der die
Gemeinschaft sehr gut kennt, erhebt die Kongregation am 1. Oktober 1586 mit der
Bulle Etsi pro debito in den Rang eines Ordens und erkennt damit den
Brüdern das Recht zu, Generalkapitel abzuhalten, Konstitutionen zu verfassen
und einen eigenen Generaloberen zu wählen.
Das erste Generalkapitel des Ordens findet vom 20. bis 24. Juni 1587 im
Krankenhaus zum hl. Johannes Calibita auf der Tiberinsel in Rom statt. Am 23.
Juni wird Fr. Pedro Soriano zum Generalprior gewählt und die ersten
Konstitutionen des Ordens approbiert.
2. Spaltung
des Ordens in zwei Kongregationen
Am 13. Februar 1592 werden die Brüder von Klemens VIII. durch das Breve Ex
omnibus erneut in den Zustand einer einfachen Kongregation zurückversetzt.
In den folgenden Jahren ist es ihnen nur mehr erlaubt, ein Gelübde abzulegen,
und zwar das, in den Hospitälern unter dem Gehorsam der Ortsbischöfe
Krankendienst zu tun.
Obwohl der Papst sicher nicht die Absicht hatte, die Brüder in Italien und
in Spanien juridisch voneinander zu trennen, tritt diese Trennung durch
folgende Ereignisse dann faktisch doch ein:
·
teilweise Wiedererrichtung des
Ordens in Italien durch das Breve Romani Pontificis (9.IX.1596) von
Klemens VIII.;
·
teilweise Wiedererrichtung in
Spanien durch das Breve Piorum virorum (12.04.1608) von Paul V.;
·
vollständige Wiedererrichtung in
Spanien: am 7. Juli 1611 erhebt Paul V. mit dem Breve Romanus Pontifex
die Kongregation in Spanien erneut in den Rang eines Regularordens. Damit wird
die juridische Trennung des Ordens in zwei Kongregationen praktisch
besiegelt, weil der Papst den Brüdern in Spanien mit diesem Breve das Recht
zuerkennt, Generalkapitel abzuhalten, Konstitutionen zu verfassen und eigene
Generalobere zu wählen;
·
vollständige Wiedererrichtung in
Italien, die von Paul V. durch das Breve Romanus Pontifex (13.02.1617)
bewerkstelligt wird. Den italienischen Brüdern werden damit faktisch dieselben
Rechte zuerkannt wie der spanischen Kongregation. Von diesem Zeitpunkt an hat
der Orden zwei Generalobere.
Seitdem gliedert sich der Orden
juridisch in zwei Kongregationen, das heißt, daß jede Kongregation eigene
Konstitutionen und einen eigenen Generalprior hat. Dieser Zustand dauert von
1611 bis zum 14. September 1888. An diesem Tag wird die spanische Provinz
wieder in die italienische Kongregation eingegliedert. Doch faktisch beginnt
die Wiedervereinigung bereits 1867 mit der Wiederrichtung des Ordens in Spanien
durch den Seligen Benedikt Menni unter dem Generalat des italienischen
Generaloberen P. Giovanni M. Alfieri.
Es muß ergänzt werden, daß es zwischen den spanischen und italienischen Brüdern schon seit 1587 zu einer gewissen Distanzierung gekommen war. Diese Distanzierung ist in erster Linie von einigen Brüdern des Hospitals von Granada und aus anderen Teilen Spaniens ausgegangen, die sich weigerten, einen Generaloberen mit Sitz in Rom anzuerkennen und unter seiner Autorität die Profeß zu erneuern. Diese ablehnende Haltung wurde ganz besonders offenbar, als nach dem überraschenden Tod von P. Pedro Soriano im August 1588 in Perugia, die spanischen Brüder nicht am Generalkapitel, das im März 1589 in Rom stattfand, teilnahmen.
2.1. Die spanische Kongregation
a) Der Orden in Spanien
Am 20. Oktober 1608 wird Pedro
Egipciaco zum ersten Generaloberen der Kongregation in Spanien gewählt. Bei dem
Kapitel werden zugleich eigene Konstitutionen erarbeitet, die Fr. Pedro
Egipciaco selbst nach Rom bringt, wo sie und das neue Institut am 11. Juni 1611
von Paul V. approbiert werden. Nach der Erneuerung seiner Profeß in die Hände
des Papstes kehrt Pedro Egipciaco nach Spanien zurück und wird am 12. November
1614 als General bestätigt. Papst Paul V. promulgiert am 16. März 1616 ein Motu
Proprio, mit dem er die Brüder aus der Jurisdiktion der Ortsbischöfe
ausgliedert. Paul V. ist es auch, der mit einem Breve vom 7. Dezember 1619 die
spanische Kongregation in zwei Provinzen teilt, und zwar in die Provinz zu unserer Friedensreichen Frau
(Andalusien) und die Provinz zum hl. Johannes v. Gott (Kastilien).
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts betreiben die Brüder bereits 20
Krankenhäuser auf der Iberischen Halbinsel und weiten ihr Werk nach den ersten
beiden Gründungen in Cartagena de Indias (1596) und Havanna (1603) auch in
Südamerika aus. 1617 setzen die ersten Brüder auch auf den Philippinen ihren Fuß auf Land.
Im Jahr 1715 zählten der spanische und italienische Ordenszweig zusammen 16
Provinzen mit 256 Krankenhäusern und 2.399 Brüdern. Der spanische Zweig bestand
aus den Provinzen zu Unserer Friedensreichen Frau (Andalusien) mit 26
Hospitälern; zum hl. Johannes v. Gott (Kastilien) mit 22 Krankenhäusern, zum
Heiligen Geist (Neuspanien mit den Philippinen) mit 28 Hospitälern; zum hl.
Bernhard (Tierra Firme) mit 11 Hospitälern und zum hl. Erzengel Raphael (Peru
und Chile) mit 20 Hospitälern.
Am 9. Februar 1738 wurde Fr. Alonso de Jesus y Ortega "der Große"
zum Generaloberen der spanischen Kongregation gewählt. Mit ihm erreichte der
spanische Ordenszweig seine größte Blüte. Einen ungefähren Eindruck von der
Größe des Werkes der Hospitalbrüder in jenen Jahren vermittelt die Tatsache,
daß zwischen 1735 und 1757 allein in den Hospitälern der Kongregation in
Spanien gut 726.637 Patienten stationär behandelt wurden.
Die Expansion des Ordens in Spanien dauerte ununterbrochen bis zum Tod von
P. General Alonso de Jesus y Ortega im Jahr 1771 an. In dieser Zeitspanne
zählte die spanische Kongregation 1.261 Brüder und sieben Provinzen: drei in
Spanien, drei in Amerika (wobei zu einer von ihnen auch die 5 Hospitäler auf
den Philippinen gehörten) und eine in Portugal, die auch mehrere
Niederlassungen in Afrika und in Asien unterhielt. Danach begann der Niedergang
der spanischen Kongregation, der mit ihrem Erlöschen im Jahr 1850 endete.
b) Wirkungsbeginn der Brüder und Konsolidierung des
Ordens in Portugal
Seit jeher nährten die Brüder den Wunsch, das Geburtshaus ihres Stifters in
Portugal zu erwerben. Trotz zahlreicher Bemühungen gelang dies aus vielfältigen
Gründen erst 1606, als zwei Brüder aus dem Hospital von Antón Martín in Madrid
nach Portugal siedelten und in Montemor-o-Novo über dem Geburtshaus des
Heiligen eine Kirche und ein Hospital errichten ließen.
Die Ausbreitung des Ordens in Portugal erfolgte in demselben Stil und mit
denselben Methoden wie in Spanien. Tatsächlich blieb Portugal bis 1790 eine
Provinz der spanischen Kongregation. Danach wurde sie vom Heiligen Stuhl
abgetrennt und ihr ein Generalvikar mit einem eigenen Definitorium vorgesetzt.
In der Praxis führten die portugiesischen Brüder aber schon seit langem (ca.
1702) ein von den spanischen Provinzen getrenntes Leben.
Im Jahr 1745 zählte der Orden 11 Krankenhäuser in Portugal und 5
Krankenhäuser in Afrika und Asien. Außerdem leisteten die portugiesischen
Brüder, die damals ca. 130 an der Zahl waren, in 9 Militärkrankenhäusern
Dienst.
2.2. Die italienische Kongregation
a) Die
Hospitalbrüder in Italien
Auch in Italien erlebte der Orden von Johann von Gott zunächst eine große
Blütezeit, die auf die bedingungslose Dienst- und Opferbereitschaft der Brüder
und ihr qualifiziertes Fachkönnen und -wissen zurückzuführen ist. Dadurch
gewannen die Brüder die Sympathie und Unterstützung der zivilen und kirchlichen
Autoritäten sowie die Gunst vieler Wohltäter, dank deren tätiger Mithilfe sie
das Werk des Heiligen von Granada nicht nur in Italien mit zahlreichen
Gründungen befestigen, sondern auch nach Österreich, Deutschland, Polen und
Frankreich ausweiten konnten.
Auch in Italien pflegten die Brüder verletzte Soldaten auf dem Feld und kümmerten
sich in vorbildhafter Weise um die Opfer der Seuchen, die damals in Europa
grassierten.
Um sich eine Idee von dem überwältigenden Wachstum des Ordens in Italien zu
machen, genügt es sich vorzustellen, daß die Brüder in Italien 80 Jahre nach
der ersten Gründung (Neapel 1575) bereits sechs blühende Provinzen (Rom,
Neapel, Lombardei, Bari, Sizilien und Sardinien) mit 66 Krankenhäusern hatten,
in deren 1032 Betten jährlich im Schnitt 27.469 Patienten von 595 Brüdern
gepflegt wurden. Aus den Reihen der italienischen Brüder gingen mehrere große
Gestalten hervor, von denen hier nur Fr. Pasquale de L'Homme und Fr. Gabriel
Ferrara erwähnt werden sollen..
b) Gründungen
nördlich der Alpen
Die Niederlassungen des Ordens, die nach und nach in anderen Ländern
Europas entstanden, waren das Werk italienischer Brüder bzw. Angehöriger der
italienischen Kongregation. Auch in diesem Fall war die rapide Expansion
unserer Ordensfamilie die Frucht des vorbildhaften Lebens und Einsatzes der
Brüder und der große Nutzen ihrer Tätigkeit
b.1) Frankreich
In Frankreich erlebte der Orden eine rasche
Ausbreitung, nachdem 1602 Fr. Bonelli zusammen mit einigen anderen Mitbrüdern
aus Italien in Paris das Krankenhaus “La Charité” errichtet hatte, das zur
damaligen Zeit das größte der Nation war und zur Wiege der französischen
Provinz werden sollte, welche beim Generalkapitel 1639 errichtet wurde. Einen
großen Antrieb erhielt die Ausbreitung des Ordens in Frankreich auch durch die
Unterstützung wichtiger ziviler und kirchlicher Autoritäten.
Obwohl sie zur italienischen Kongregation gehörten,
genossen die französischen Brüder eine große Selbständigkeit, weil ihrem
Provinzial vom General der Status eines Generalvikars zuerkannt wurde und er
somit die Provinz praktisch unabhängig von Italien leitete. Im Jahr 1789
betrieb die Provinz 40 Hospitäler in Frankreich und 5 in den Kolonien und
zählte 350 Brüder.
b.2) Deutschsprachiger Raum
Im Jahr 1605 kamen der berühmte Arzt und Chirurg P. Gabriel Graf von
Ferrara und P. Giovanni Battista Cassinetti zusammen mit anderen Brüdern auf
Bitten von Fürst Karl von Liechtenstein nach Feldsberg, um dort die Leitung des
Krankenhaus zur hl. Barbara zu übernehmen. Dieses Hospital sollte die Zelle für
die Gründung weiterer 22 Hospitäler werden, die von P. Gabriel Ferrara bis zu
seinem Tod im Jahr 1627 initiiert wurden.
Die neuen Häuser wurden sehr bald zu einer Provinz vereint, die dem
heiligen Erzengel Michael geweiht wurde. Aus dieser Provinz entstanden in der
Folge alle anderen Provinzen des Ordens in Mittel- und Osteuropa.
Auch hier widmeten sich die Brüder dem Krankendienst in ihren Hospitälern
und begleiteten die Truppen des Kaisers als Sanitäter bei Feldzügen, um die
verletzten und kranken Soldaten zu pflegen. Auch hier erwiesen sie sich als
wertvolle und opferbereite Helfer bei epidemischen Krankheiten und Pestseuchen.
b.3) Polen
P. Gabriel Ferrara gelangte 1609 auch nach Polen, wo er das Krankenhaus von
Krakau übernahm, auf das bald weitere Gründungen in Polen und Litauen folgten.
1645 wurde Polen zu einer selbständigen Provinz, die auf den Titel der
Verkündigung Mariens geweiht wurde. Obwohl die Provinz eine beachtliche Größe
erreichte (13 Krankenhäuser und 156 Brüder am Ende des 18. Jahrhunderts),
erlöschte sie mit der Aufteilung Polens unter Rußland und Preußen.
3. Der
Orden in Amerika
In der Bulle von Papst Gregor XIII. "IN SUPEREMINENTI" vom 28.
April 1576 werden auch Gründungen der Barmherzigen Brüder in
"verschiedenen Provinzen in Überseeindien" erwähnt, ohne daß jedoch
ihre Zahl noch ihre Standorte angegeben werden.
Auch in der ersten Biographie von Johann von Gott (1585) und in den
Konstitutionen, die beim ersten Generalkapitel (Juni 1587) erarbeitet wurden,
wird auf die Existenz von drei Hospitälern in Amerika Bezug genommen. Aus letzteren
wissen wir, daß sich das erste in Mexiko; das zweite in der Stadt "Nombre
de Dios" in Panama und das dritte in der Stadt Ciudad de los Reyes in Peru
befand (vgl. Konst. 1587, Blatt 43
ff.).
Diese Hospitäler sind sehr wahrscheinlich von den ersten Eroberern zur
Pflege der spanischen Einwanderer und der einheimischen Bevölkerung gebaut
worden. Andere wurden, wie in Spanien, von frommen Personen, Verbindungen und
Bruderschaften gestiftet, welche, nachdem sie von dem Krankenpflegeorden
erfahren hatten, der von Johann von Gott in Granada gegründet worden war, diese
Hospitäler den Brüdern anboten, noch bevor diese nach Amerika reisten, um dort
eigene Werke zu gründen.
Aus einer Handschrift, die im Archivo de
Indias aufbewahrt wird, geht hervor, daß die Brüder des Johannes von
Gott in Granada bereits 1584 den Verantwortlichen anboten, nach Amerika zu
gehen. Doch ihr Angebot wurde am 18. April 1584 abgelehnt. Es ist belegt, daß
sich acht Hospitalbrüder unter der Leitung von Fr. Francisco Hernàndez in eine spanische
Fregatte, deren Ziel Kuba und Neuspanien war, einschifften, um die Kranken und
Verletzten an Bord zu pflegen. Fr. Francisco Hernández erkannte das ungeheure
Tätigkeitsfeld, das in der Neuen Welt auf die Barmherzigen Brüder wartete und
legte bei seiner Rückkehr nach Spanien Philipp II. eine Denkschrift vor, in der
ihm von den geleisteten Diensten berichtete und die Notwendigkeit darlegte, daß
die Brüder nach Amerika geschickt werden sollten. Zum Schluß seines Berichtes
bat er den König um die Erlaubnis, gemeinsam mit fünf Brüdern nach Amerika
zurückkehren zu dürfen, um dort die Mission und das Apostolat der Hospitalität
auszuüben.
Dieses Mal gab der König seine Zustimmung und forderte mit einer “Real
Cedola” (königlichen Erlaß), datiert Madrid 2. Dezember 1595, den Vorsteher der
“Casa de Contractión” von Sevilla auf, Fr. Francisco Hernàndez und seinen fünf
Brüdern einen Passierschein nach Amerika zu geben, damit sie in den Hospitälern
in Cartagena, Nombre de Dios und Panama den Krankendienst aufnehmen konnten.
Nach einer mühsamen Überfahrt erreichten die Brüder im April 1596 Cartagena de
Indias im heutigen Kolumbien und übernahmen dort das Hospital zum heiligen
Sebastian.
Nach der Gründung der ersten ständigen Niederlassung in Amerika (1596)
entwickelte und breitete sich das Werk der Brüder zu Beginn des 17.
Jahrhunderts in beeindruckender Weise auf dem amerikanischen Kontinent aus. Um
das wachsende Netz der Hospitäler der Brüder in Amerika zu regeln, erließ das
“Real Consejo de Indias” eigene Verfügungen, die 1640 in die Konstitutionen der
spanischen Kongregation aufgenommen wurden.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts (circa um 1780) zeigten die drei
Provinzen in Amerika (die Philippinen ausgeschlossen) folgendes statistisches
Bild:
·
Provinz zum hl. Bernhard: 11
Hospitäler und 70 Brüder;
·
Provinz zum hl. Erzengel Raphael.
20 Hospitäler und 245 Brüder;
·
Provinz zum Heiligen Geist 26
Hospitäler und 255 Brüder.
Die Gründe, die das Wachstum und die Expansion des Ordens
in Amerika förderten, waren
einmal mehr die Hingabe und Opferbereitschaft, mit der die Brüder sich aller
Hilfsbedürftigen ohne Ausnahme annahmen, ihre humane und fachliche Bildung,
durch die sie der Krankenpflege eine neue Qualität gaben, und die
Unterstützung, die sie von seiten der zivilen und kirchlichen Autoritäten
erfuhren.
Das hohe Ansehen, das die Brüder bei den Behörden und bei der Bevölkerung
genossen, führte dazu, daß ihnen eine wachsende Zahl von bereits bestehenden
Krankenhäusern anvertraut wurden. Obwohl die Brüder auch selbst Hospitäler
errichteten, kam es so, daß sie in Amerika meistens bereits bestehende
übernahmen.
Die Sympathie des Volkes und der Autoritäten äußerte sich nicht zuletzt in
einer großen Freigebigkeit gegenüber den Brüdern. Die meisten ihrer Hospitäler
hätten allein mit den ihnen zuerkannten Stiftungsgeldern kaum überleben können,
so daß das Almosensammeln für ihr Weiterbestehen grundlegend war. Von den
zahlreichen Bruderschaften und frommen Verbindungen, die sich um unsere
Hospitäler in Amerika bildeten, ging eine unschätzbare Hilfe sowohl auf
spiritueller als auch auf materieller Ebene aus.
3.1. Beiträge zur Evangelisierung
In der Folge geben wir zusammenfassend die wichtigsten Beiträge an, die von
unseren Brüdern zur Evangelisierung in Amerika geleistet wurden:
·
Mit den Spaniern kam auch der
christliche Glaube nach Amerika. Priester und Ordensleute begleiteten die
Kolonisatoren, um die Truppen geistlich zu betreuen und das Evangelium zu
verbreiten.
·
Der Dienst am Kranken und
Hilfsbedürftigen war und ist bis heute der wichtigste Beitrag, den die Brüder
in Amerika zur Evangelisierung geleistet haben. Die qualifizierte Pflege von
Leib und Seele - ganzheitliche Pflege würden wir heute sagen - , die von den
Brüdern, unter denen sich angesehene Ärzte, Chirurgen, Krankenpfleger und
Priester finden, angeboten wurde, wird bis heute von allen geschätzt.
·
Obwohl die Evangelisierung durch
die Wortverkündigung nicht das Hauptziel des Ordens in Amerika war, haben die
Brüder eine wichtige pastorale Arbeit in den Krankenhauskirchen und in einigen
Pfarreien geleistet, wobei sie sich unter anderem der Katechese und
Glaubensunterweisung widmeten.
·
Ihre karitative Tätigkeit und
ihr selbstloser Einsatz für die Kranken
sowie ihre Form des Almosensammelns waren Gelegenheiten, die Menschen Amerikas
durch ihr Zeugnis, ihre einfachen Worte und die Konkretheit ihres Lebens zu
evangelisieren. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auf die Gestalt des
Ehrwürdigen Francisco Camacho aus Lima hingewiesen.
·
Ganz besonders wichtig war, daß
sich die Brüder vollständig in die Realität des Neuen Kontinents eingliederten.
Dies kam durch ihre Lebensnähe und ihren unermüdlichen Einsatz für die
Schwachen und Schutzlosen zum Ausdruck. Als die Unabhängigkeitsbewegungen
begannen, unterstützten einige unserer Brüder diese Bestrebungen, was ihnen bis
heute von der Bevölkerung hoch angerechnet wird. Ihr Mitstreiten für die
Unabhängigkeit geschah jedoch fast ausnahmslos in und durch die Ausübung der
Hospitalität. Mehrere Brüder wurden dafür verbannt oder sogar inhaftiert. Wir
können sagen, daß sie zusammen mit anderen Ordensleuten, Priestern und Laien
echte Pioniere und Vorläufer der heutigen Zeugen der Befreiungstheologie sind.
Als Beispiel seien hier nur Fr. Agustin de la Torre, Fr. Rosauro Acuna und Fr.
Pedro Dominguez aus Peru; Fr. Santiago Monteagudo aus Chile und Fr. Josè Olallo
Valdès aus Kuba erwähnt.
4. Der Orden in Asien, Afrika und Ozeanien
Die Anfänge des Ordens in Asien, Afrika und Ozeanien gehen Hand in Hand mit
der Expansion der spanischen und der portugiesischen Krone im 16. und in den
darauffolgenden Jahrhunderten.
Die Kolonisation neuer Länder und ihre Verteidigung erforderte unablässig
die Entsendung neuer Truppen auf den Schiffen der Armada, auf denen bald auch
Barmherzige Brüder zur Pflege der Verletzten und Betreuung der Bevölkerung in
den Kronländern mitgenommen wurden. So kam es, daß die ersten Barmherzigen
Brüder sehr früh in die neuen Kontinente kamen. Trotzdem dauerte es eine Weile,
bis die Brüder in ständigen Niederlassungen tätig wurden und ihr Werk sozusagen
fest in die neuen Länder verpflanzten. Zuerst wurden ihrer Führung
Krankenhäuser anvertraut, die von den spanischen und portugiesischen
Beauftragten gegründet worden waren. Später errichteten die Brüder aus eigener
Initiative oder auf Bitten der örtlichen Behörden auch eigene Werke.
Zusammen mit Ordensleuten aus anderen Gemeinschaften begründeten die
Barmherzigen Brüder durch die Ausübung der Hospitalität im Stil ihres Heiligen
Stifters auf den neuen Kontinenten das Liebeswerk der Kirche.
Bis zum 19. Jahrhundert, in dem der Orden in diesen Teilen der Welt aus
denselben Gründen wie in Europa und Amerika erlischt, sind die Impulse und
Beiträge, die die Brüder zur Evangelisierung leisten, denen in Amerika sehr
ähnlich.
a) Asien
Obwohl in Asien erst nach Jahren die ersten festen Niederlassungen des
Ordens entstanden, errichteten die Brüder, die die spanischen und
portugiesischen Truppen als Sanitäter begleiteten, mehrere befestigte
Feldlazarette an den Küsten Chinas, um sporadisch ausbrechenden Epidemien Herr
zu werden und die Verletzten, derer es nach manchen Seeschlachten vieler gab,
besser pflegen zu können.
Auf die Philippinen kamen die Brüder 1611. Angeführt
von Fr. Juan de Gamboa, errichtete eine Brüdergruppe ein Konvaleszentenhospital
in Bagumbayan vor den Mauern Manilas, das jedoch schon bald wieder aufgegeben
werden mußte Die ersten Dokumente, die das Wirken der Barmherzigen Brüder auf
den Philippinen bezeugen, datieren auf 1617, als König Philipp III. den Brüdern offiziell die Erlaubnis gibt, auf
der Inselgruppe Hospitäler zu gründen. Doch das Werk des Ordens auf den
Philippinen konsolidiert sich erst 1641, als die bestehenden Niederlassungen
(zwei Allgemeinkrankenhäuser in Cavite und Manila sowie mehrere andere Gründungen
in Cebu, Zamboanga und San Rafael de Bulacan) zu einer Vizeprovinz erhoben
werden, die dem Generalkommissariat Mexiko unterstellt wird. Die politischen
und sozialen Umwälzungen, zu denen es im 19. Jahrhundert in Spanien kam,
erreichten auch die Philippinen und führten am Ende des Jahrhunderts zum
Erlöschen des Ordens, bis 1988 von italienischen Brüdern ein Neuanfang gewagt
wurde.
Portugiesische Brüder gründeten an der Küste Indiens mehrere Hospitäler:
Goa 1685, Bacaim 1686, Diu 1687 und Damao 1693. Die Häuser teilten in der Folge
Aufstieg und Niedergang der Portugiesischen Provinz.
b) Afrika
Von 1573 bis 1834 begleiteten mehr als hundert Barmherzige Brüder die
spanischen Soldaten bei der Eroberung und Verteidigung afrikanischer
Stützpunkte der spanischen Krone. Als Ärzte, Chirurgen, Krankenpfleger,
Missionare und Katechisten erwarben sie große Anerkennung bei den Autoritäten,
selbst die von König Philipp III., der seine Wertschätzung in einem eigenen
Schreiben an P. Egipciaco zum Ausdruck brachte. Erwähnt werden muß hier das
Wirken von P. Pedro Soriano bei der Eroberung von Tunis und Biserta unter der
Führung von Erzherzog Johann von Österreich im Jahr 1573 und der aufopferungsvolle Einsatz von 20 Brüdern
im Jahr 1843 in Ceuta bei einer
Pestseuche, der 13 von ihnen zum Opfer fielen.
Die erste feste Niederlassung auf afrikanischem Boden wurde von
portugiesischen Brüdern in Mozambique 1681 errichtet. Im Mai 1834 setzte ein
Dekret dem Wirken des Ordens in Afrika ein abruptes Ende.
c) Ozeanien
Im Mai 1606 erreichte die erste spanische Expedition, die ein halbes Jahr
zuvor vom Hafen Callao in Peru aufgebrochen war, die australische Küste. Die
Expedition wurde von vier Barmherzigen Brüdern zur Versorgung der Kranken und
Verletzten begleitet. Außerdem hatten sie von den Behörden die Erlaubnis zur
Gründung und Führung von Hospitälern bekommen. Trotzdem wissen wir bis heute
nicht, ob sie in Australien geblieben sind und Hospitäler gegründet haben, auch
weil die Spanier selbst sich nicht in dem neuen Land niedergelassen haben.
5. Werte der Hospitalität und andere Faktoren, die einen
wichtigen Einfluß auf die
Ausbreitung des
Ordens ausgeübt haben
Die wichtigsten Gründe für die beeindruckende Ausbreitung und Blüte des
Ordens in dieser Zeit sind vor allem drei:
·
Erstens die Freude und
Begeisterung, mit der die Brüder das Charisma und den Geist ihres Stifters
weiterentwickelten, und ihre Opferbereitschaft und rückhaltlose Hingabe an die
Armen und Kranken in ihren Hospitälern und außerhalb von ihnen. Ein besonders
starkes Zeugnis der Hospitalität gaben die Brüder bei der Pflege der Opfer der
Pestseuchen und anderer Epidemien, die zu jener Zeit sehr häufig waren. Die
Brüder pflegten die Opfer in ihren Hospitälern, begaben sich häufig aber auch
direkt an die Seuchenherde, um mit Liebe und fachlicher Kompetenz den
Betroffenen beizustehen. Außer den Diensten, die von den Brüdern in ihren
Hospitälern geleistet wurden, müssen hier auch die Dienste erwähnt werden, die
sie als Sanitäter zu Wasser und zu Lande leisteten.
·
Zweitens die Sorge und das ständige
Bemühen, den Armen und Kranken einen qualifizierten Dienst anzubieten, zu dem
alle ohne Ausnahme freien Zugang haben sollten. In diesem Zusammenhang muß ihre
Sorge um die sowohl geistliche als auch fachliche Ausbildung des Nachwuchses
hervorgehoben werden, die bewirkte, daß aus den Reihen der Brüder bekannte
Ärzte, Chirurgen und Krankenpfleger hervorgingen, die außer ihrer großen
Humanität den Krankendienst mit einer Qualität bereicherten, die für jene Zeit
ohnegleichen war
·
Drittens die Sympathie und
Unterstützung von seiten kirchlicher und ziviler Stellen, darunter auch die der
Könige. Nur dank der königlichen Erlässe und Zugeständnisse und Gunst der Autoritäten konnten die Brüder
in kurzer Zeit so viele Niederlassungen in Spanien, Amerika und auf den
Philippinen gründen und ihr Werk erfolgreich auch in Mittel- und Osteuropa
aufbauen.
6. Der
Hospitalität treu geblieben bis zum Martyrium
Die traditionsreiche Geschichte unseres Ordens und seine große Ausbreitung
auf allen Kontinenten ist nur dank dem Zeugnis einer großen Schar von Brüdern
erklärbar, die unerschrocken ihr Leben für den Barmherzigen Christus als
Märtyrer der Hospitalität hingegeben haben. Der Wunsch, mit ihrer gelebten
Nächstenliebe im Dienst an den Armen und Kranken das Evangelium zu verkünden,
erlegte vielen Barmherzigen Brüdern Verfolgungen auf und verlangte vom Orden
einen hohen Blutzoll. Im folgenden sollen die wichtigsten Ereignisse in dieser
Hinsicht, die eine Konstante in der Geschichte des Ordens waren, dargestellt
werden:
· Brasilien 1636: Im Hafen von San Salvador werden der
portugiesische Bruder Jesus Arana y Acosta und die spanischen Brüder Francisco
Esforcia und Sebastian von holländischen Piraten ermordet.
· Kolumbien 1637: Fr. Diego de San Juan aus Spanien und
Fr. Antonio de Almazãn aus Kolumbien werden von Chocoes-Indios getötet. 1646
erleiden der Barmherzige Bruder Miguel Romero und ein Franziskaner, erneut
durch Chocoe-Indios das Martyrium.
· Chile 1656: Fr. Gregorio Mejia erleidet in Valdivia
durch Auca-Indios das Martyrium. 1795 trifft Fr. Bernardo Lugones das Martyrium
durch Aracuano-Indios.
· Polen 1656: Im Hospital in Lublin wird Fr.
Eustachius Biescekierski so schwer gemartert, daß man ihn für tot hält. Doch er
erwacht wieder und genest von seinen Wunden. In Warschau werden der
Ordenspriester Nikolaus Orkieska und Fr. Melchor Moreti ermordet. Andere
Brüder, unter ihnen Hypolit Ciarnowski, werden mißhandelt und schwer verletzt,
doch am Leben gelassen. In Lowiez sterben Fr. Norbert Gotkoswiez und Fr.
Hilarius. Der Hintergrund, auf dem diese Ermordungen stattfanden, war die
Invasion Polens durch Nachbarvölker, von denen die Christen verfolgt wurden.
· Philippinen 1725: In Buenavista, heute San Rafael de Bulacan, werden, in der Mitte des
XVII. Jahrhunderts, Fr. Antonio de Santiago und, 1731, Fr. Antonio Guemez von
Eingeborenen getötet. Fr. Lorenzo Gómez wird beim Almosensammeln im Norden
Luzons ermordet.
· Frankreich: Im Zuge der Revolution von 1789 und
der damit einhergehenden Unterdrückung der Ordensgemeinschaften werden die
Brüder verfolgt und eingesperrt. Einige von ihnen erleiden das Martyrium. Fr.
Vomerange in Burdeos, Fr. Felicien Citet in Paris, Fr. Marcel Clémont und Fr.
Modestus Bernard bei Rochefort. Letzterer überlebt und wird nach Guayana ins
Exil geschickt, wo er in vollkommener Armut stirbt.
· Spanien: Zahlreiche Brüder werden während des
Unabhängigkeitskrieges (1808 und darauffolgende Jahre) und der Besetzung durch
die napoleonischen Truppen zu Opfern der Verfolgung und aus ihren Hospitälern
gejagt. Mehrere Brüder, und zwar Fr. Pedro Perez, Fr. Antonio Perez, Fr. Manuel
Groizar und Fr. Nicolas de Ayala werden, während sie als Sanitäter, Ärzte und
Chirurgen den spanischen Truppen dienten, getötet.
In allen diesen Fällen war die Ausübung der Hospitalität und die
Verkündigung der Frohbotschaft das auslösende Moment für das Martyrium unserer
Brüder.
Viertes Kapitel
APOSTOLISCH-MISSIONARISCHE ARBEIT
DES ORDENS
AB DER HÄLFTE DES 19. JAHRHUNDERTS
Bereits in der Renaissance begannen die zivilen Behörden im
Gesundheitsdienst eine politische Aufgabe zu sehen, die sich als Imperativ aus
der Gerechtigkeit herleitete. Das führte dazu, daß die Krankenhäuser im Zuge
einer langsam, aber unaufhaltsam fortschreitenden Entwicklung, die im 18.
Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte, nach und nach unter staatliche Gewalt
kamen.
Mitte des 17. Jahrhunderts bricht in Europa eine neue Epoche an, die vom
Vernunftglauben beherrscht wird und vom Kampf gegen die etablierten Strukturen,
insbesondere die Königshäuser und die Kirche, gekennzeichnet ist.
1. Erlöschen
der spanischen Kongregation
a) Der Niedergang des Ordens in Spanien
Im September 1807 fallen französische Truppen in Spanien ein. Das
Gedankengut, das sie mitbringen, führt Jahre später zum sogenannten Verfassunggebenden
Triennium (1820 bis 1823). Eine der ersten Maßnahmen, die von den Liberalen
in dieser Zeit (September 1820) ergriffen wird, ist die Verabschiedung eines
Gesetzesentwurfes, durch den die Klöster der Mönchsorden aufgelöst und die der
Bettelorden reformiert werden sollten. Damit wird der Säkularisierung der
Ordensleute Tür und Tor geöffnet. Nicht genug damit, verbietet man ihnen in der
Folge, neue Kandidaten zu werben und aufzunehmen und ordnet die Schließung
aller Konvente an, die weniger als 24 Mitglieder haben. Das bedeutet das Aus
für den Hospitalorden, weil beinahe alle Konvent-Hospitäler in Spanien diese
Auflage nicht erfüllten.
Am 9. März 1836 wird mit königlichem Dekret die Auflösung aller
Ordensgemeinschaften angeordnet, die nur zwei Hospitäler der Brüder, das in
Sevilla und das in Madrid, überlebten. In Madrid, dem altehrwürdigen
Konvent-Hospital, das noch von Anton Martín errichtet worden war, gelang es
einer Kommunität von 14 Brüdern unter dem P. Prior Antonio Albors noch eine
Zeit lang weiterzuwirken..
Im Mai 1830 hatte das letzte Generalkapitel der spanischen Kongregation
stattgefunden. Zum letzten General wurde
Fr. Josè Bueno y Villagran gewählt, der angesichts des drohenden
Untergangs, aus dem kein Ausweg zu führen schien, die erforderlichen
Notmaßnahmen einleitete, um wenigstens das Wertvollste der Gemeinschaft in
Sicherheit zu bringen. Er ließ einen großen Teil des Generalarchivs ins
Krankenhaus nach Sevilla überführen (das einzige, das noch in Betrieb war, als
der Selige Benedikt Menni nach Spanien kam) und übergab dem damaligen General
der italienischen Kongregation, Fr. Benedetto Vernò, die Unterlagen der
Heiligsprechungsverfahren für den Ehrwürdigen Francisco Camacho und den
Heiligen Johannes Grande, "damit sie nicht verloren gehen”, wie er
schrieb. In dem gleichen Schreiben heißt es am Schluß:: "Ihnen, als dem
heute einzigen Oberhaupt des Ordens, obliegt es, Sorge zu tragen für all das,
was einst der spanischen Kongregation gehörte. Ich bin sicher, daß Sie in diesem
Sinne alles Erforderliche veranlassen werden...". Fr. José Bueno starb
am 11. März 1850 in Madrid. Mit ihm erlöschte definitiv die spanische
Kongregation des Hospitalordens vom hl. Johannes v. Gott.
Zu den äußeren Faktoren, die zum Erlöschen der spanischen Kongregation
führten (französische Besetzung, die darauffolgenden Kriege, das liberale
Triennium, die Säkularisierungs- und Unterdrückungspolitik gegenüber den
Orden), kamen interne Probleme in der Kongregation dazu, die zwar vielfach
äußere Ursachen hatten. Trotzdem ist eine gewisse Unfähigkeit der spanischen
Kongregation, sich offen den Problemen jener Zeit zu stellen und die neuen
politischen, sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen zu erkennen,
unleugbar.
b) Wiedererrichtung des Ordens in Spanien
Pater Giovanni Alfieri machte die Wiedererrichtung des Ordens in Spanien zu
einem seiner zentralen Ziele. Anfangs plante er, mit den wenigen Brüdern, die
nach dem Tod von Fr. Josè Bueno geblieben waren, zu einem Neubeginn anzusetzen,
doch das erwies sich bald als unmöglich. So reiste er selbst nach Spanien, wo
er von der Königin Isabella II. die Erlaubnis zur Errichtung von
Hospital-Konventen erbat und erhielt.
·
Nach mehreren gescheiterten
Versuchen, in Spanien endlich wieder Fuß zu fassen, beauftragte er mit dieser
schwierigen Aufgabe den Seligen Benedikt Menni, der gerade frisch zum Priester
geweiht worden war. P. Menni kam in der Karwoche des Jahres 1867 in Barcelona
an, wo er noch im Dezember desselben Jahres ein Heim für poliokranke Kinder öffnete.
Damit war der Grundstein zum Wiederaufbau des Ordens in Spanien gelegt, auch
wenn noch Schwierigkeiten aller Art bestanden werden mußten. Willensstärke,
Gottvertrauen und eine authentische Liebe zum kranken Menschen sowie eine
starke Anhänglichkeit an den Orden waren die Grundpfeiler, auf denen das Werk
des Wiederaufbaus schließlich erfolgreich gelang.
·
Am 21. Juni 1884 wurde die
kanonische Errichtung der Provinz zum hl. Johannes v. Gott in Spanien mit 120
Brüdern und 5 Häusern beschlossen, die ihren Tätigkeitsraum sofort sowohl in
Spanien selbst als auch nach Portugal und Amerika ausweitete. Bei den vom Seligen Benedikt Menni
gegründeten Häusern handelte es sich in der Mehrzahl um Einrichtungen für
geistig Behinderte und poliomyelitiskranke Kinder, zwei Gruppen, für die damals
wenig oder überhaupt nichts getan wurde. Die kanonische Eingliederung der
spanischen Provinz in die italienische Kongregation erfolgte am 14. September
1888, womit die Wiedervereinigung des Ordens offiziell vollendet wurde.
·
Das Werk des Wiederaufbaus des
Seligen Benedikt Menni schöpfte seine Kraft aus einem innigen spirituellen
Leben, aus der Bereitschaft, auf jede dringende Not eine Antwort zu geben (Pest
und Krieg) und vor allem aus der zeichenhaft gelebten Nächstenliebe der Brüder,
deren Zeugnis zahlreiche neue Berufe anzog.
c) Erlöschen
und Wiedererrichtung des Ordens in Portugal
Auch Portugal blieb von den sozialen, politischen und kulturellen
Turbulenzen, die Europa im 18. Jahrhundert heimsuchten, nicht verschont. Im Mai 1834 wurden durch ein Dekret des
Ministers Aguiar in Portugal und seinen Kolonien alle Ordensgemeinschaften ohne
Ausnahme aufgelöst. Das bedeutete natürlich auch den Untergang für unseren
Orden.
Auch in Portugal ist der Wiederaufbau des Ordens ein Verdienst des Seligen
Benedikt Menni, der im Auftrag von P. Giovanni Alfieri nach der Konsolidierung
des Ordens in Spanien mehrere Brüder nach Portugal sandte, wo sie als erstes
das Geburtshaus des hl. Johannes v. Gott wieder in Besitz nehmen sollten. Im August
1893 wurde der Konvent und eine Anstalt für geistig Kranke in Telhal errichtet.
Die ersten Jahre nach dem Neubeginn waren nicht leicht. Wirtschaftliche und
politische Probleme machten den Brüdern das Leben schwer. Dem Orden wurde lange
die rechtliche Anerkennung verweigert, was bewirkte, daß er keinerlei
Unterstützung von seiten der öffentlichen Behörden bekam. Die großen
Schwierigkeiten, die sich daraus ergaben, konnten erst in einem langwierigen
Prozeß überwunden werden.
2. Verfall und Wiederaufbau der italienischen
Kongregation
Die sozialen, politischen und kulturellen Umwälzungen, die Europa seit
Mitte des 18. Jahrhunderts beherrschten, wirkten sich auch auf die italienische
Kongregation tiefgreifend aus. In Frankreich wurde der Orden von der Französischen
Revolution hinweggefegt; im deutschsprachigen Raum führte der Josephinismus
dazu, daß die Provinzen von Österreich,
Polen, der Lombardei, Neapel, Sizilien und der Toskana aus dem
Zuständigkeitsbereich der Generalkurie in Rom ausgegliedert wurden.
a) Italien
1810 wurde in Italien die Auflösung aller Ordensgemeinschaften angeordnet.
Unter großen Schwierigkeiten gelang es den Brüdern trotzdem in einigen ihrer Hospitäler
weiterzuwirken, bis 1814 das kirchenfeindliche Klima aufhörte und der Orden sich
neu organisieren konnte.
Nach der Einigung Italiens (7. Juli 1866)
wurden erneut alle Ordensgemeinschaften aufgelöst und ihre Güter vom
Staat konfisziert. Wiederum gelang es
den Brüdern, in einigen ihrer Hospitäler zu bleiben, indem sie sich zu einem
„Weltlichen Krankenhausverband" zusammenschlossen. Dank dieser Formel
konnten sie als Krankenpfleger und teilweise sogar als Verwalter
weiterarbeiten. Zu jener Zeit zählte der Orden 50 Krankenhäuser und 352 Brüder.
Pater Giovanni Maria Alfieri, seit 1862 Generalprior, kann mit Recht die
treibende Kraft des Wiederaufbaus in Italien genannt werden. Er tat alles
Menschenmögliche, um die Brüder in den konfiszierten Häusern des Ordens zu
halten, und bereitete mit großem Weitblick ihre Übernahme vor. Dabei bemühte er
sich ganz besonders, bei den Brüdern das geistliche Leben wach zu halten und
ihre Moral zu stärken. Sein Nachfolger, Pater Cassianus Maria Gasser, führte
das Werk des Wiederaufbaus in der religiösen, spirituellen und apostolischen
Dimension fort.
b) Niedergang und Neubeginn in Frankreich
Nach der Französischen Revolution ordnete das Direktorium mit einem Dekret
am 11. Februar 1790 die Auflösung aller Ordensgemeinschaften der Nation an. Mit
einem Gesetzesbeschluß vom 18. Oktober 1792 wurde die Veräußerung aller
Ordensgüter dekretiert, was das Ende für unseren Orden bedeutete.
Der Wiederaufbau erfolgte in einem langsamen und mühsamen Prozeß und ist
vor allem Paul de Magallòn und einer Gruppe mutiger Gefährten zu verdanken.
Paul de Magallon war eine prophetische und vom Geist Gottes erfüllte Gestalt,
in der Hospitalität, Liebe zur Kirche und Liebe zum Orden ineinandergriffen.
Mit seinen Gefährten reiste er 1823 nach Rom, wo die Gruppe gemeinsam das
Noviziat machte und die Profeß ablegte. Nach der Rückkehr nach Frankreich
errichteten die Brüder in kurzer Zeit mehrere neue Gründungen, deren erste das
Krankenhaus in Lyon war, das 1825 eingeweiht wurde.
Ein neues Verbot, das 1880 promulgiert wurde, drohte das Wachstum des
Ordens in Frankreich wieder zunichte zu machen. Doch die Brüder bewiesen ein
großes Durchhaltevermögen und standen treu zu ihrer Berufung. Auf diese Zeit
geht auch die Einführung des Ordens von seiten französischer Brüder in Irland
(Tipperory 1877), in England (Scorton 1880) und in Belgien (Leuze 1908)
zurück..
c) Die deutsche Provinz zum heiligen Erzengel Michael
Unter Kaiser Joseph II. (1765-1790) wurden die Barmherzigen Brüder und ihre
Werke, die sich im Einzugsgebiet der Habsburger befanden, dem
Zuständigkeitsbereich der Generalkurie in Rom entzogen. Die Hospitäler, die
sich außerhalb Österreichs befanden, wurden abgetrennt. Die Brüder dieser
Häuser beschlossen 1781, ihre Werke zur “Deutschen Provinz zum heiligen Karl
Borromäus” zu vereinen, die auch Provincia per Imperium genannt wurde
und ihren Sitz in München hatte.
Eine nicht minder verheerende Wirkung hatten die napoleonischen Gesetze,
die nur die Krankenhäuser in Breslau und Neustadt überlebten.
Ab 1831 kehrte unter König Ludwig I. von Bayern wieder eine gewisse Ruhe
ein. Die Brüder vereinigten sich wieder mit Rom und bildeten neue Provinzen:
die Bayerische 1851, die Schlesische
1853 und die Ungarische 1856.
d) Polen
Der Niedergang der Provinz zur Verkündigung Mariens beginnt mit der
Aufteilung des polnischen Königreiches in den Jahren 1772-93-95 zwischen
Rußland, Preußen und Österreich und vollzieht sich definitiv während der
napoleonischen Besetzung im Jahr 1806, die nur das Krankenhaus in Krakau
übersteht, das in der Folge Wien angegliedert wird.
Da Schlesien seit dem Zweiten Weltkrieg zu Polen gehört, soll hier auch die
Entwicklung des Ordens in dieser Region Erwähnung finden. 1710 wird das
Krankenhaus in Breslau gegründet, das mit dem in Neustadt, das 1764 gegründet
worden war, als einziges die traurigen politischen und militärischen jener
Epoche überleben sollte. Nach einigen weiteren Gründungen wurden die Häuser
Schlesiens am 14. Januar 1883 zur Provinz erhoben.
Die Polnische Provinz konnte erst 1922 wiedererrichtet werden.
3. Niedergang
und Erlöschen des Ordens in den Überseeprovinzen
a) Niedergang und Erlöschen des Ordens in Amerika
Das 19. Jahrhundert war in Südamerika von dem Wunsch nach politischer
Selbständigkeit charakterisiert, der sich auch im kirchlichen Bereich bemerkbar
machte. Die Unterdrückungs- und Auflösungsmaßnahmen, die in Spanien gegen die
Ordensleute eingeleitet wurden, griffen auch auf die Kolonien über. Die Ideen
der Französischen Revolution, die Unabhängigkeitsbewegungen und die großen
Entfernungen von den Mutterländern bereiteten den Boden für diese Entwicklung
vor. Einige Brüder wurden von dieser Stimmung angesteckt und betrieben die
Ausgliederung ihrer Konvent-Hospitäler aus dem Verband der spanischen
Kongregation. Zu diesem Zweck wandten sie sich an die zivilen und kirchlichen
Behörden und scheuten sich auch nicht davor, auf das Privileg der Exemtion zu
verzichten, um die Unterstützung der Bischöfe zu gewinnen. Schließlich
erreichten sie, daß der König Papst Pius VII. bat, mit einem Breve die Brüder
in Südamerika vom Gehorsam gegenüber dem spanischen General zu befreien und der
Gewalt von Verwaltern zu unterstellen, die vom König für die Hospitäler
eingesetzt wurden. 1801 baten die Brüder auch um die Auflösung der
Kommissariate, wofür sich am stärksten die Neuspanische Provinz zum Heiligen
Geist mit Fr. Juan Nepomuceno Abreu an
der Spitze einsetzte.
Sofort nach der Promulgierung des erbetenen Breve hielten die Provinzen zum
Heiligen Geist und zum hl. Bernhard ihre Kapitel ab, die von Beauftragten der
Ortsbischöfe geleitet wurden, und wählten ihre Provinziale, Definitoren und
Prioren. Die Provinz zum hl. Raphael blieb bis 1816 unter dem Gehorsam des
Generals. In Mexiko wurde Fr. Juan Nepomuceno Abreu zum Provinzial gewählt. Mit
ihm erlöschte die Neuspanische Provinz zum Heiligen Geist. Lediglich auf den Philippinen und in Kuba überlebten einige Brüder,
die, als sie feststellten, daß sie ohne die Erlaubnis höherer Oberen keine
Novizen zulassen durften, 1824 erfolglos versuchten, die rechtlichen
Beziehungen zum spanischen General wiederherzustellen. Es scheint, als
ob die göttliche Vorsehung diese Treue zum universellen Geist des Ordens mit
dem Diener Gottes Fr. Josè Olallo Valdès belohnen habe wollen. Dieser
kubanische Bruder blieb bis zu seinem Tod im Jahr 1889 unerschütterlich seiner
Berufung treu, indem er im Hospital von Puerto Principe (Kuba) weiterwirkte. Er
war der letzte Barmherzige Bruder der spanischen Kongregation auf
amerikanischem Boden.
Obwohl das Werk des Ordens in Amerika in der Hauptsache von spanischen
Brüdern aufgebaut wurde, darf hier auch der Beitrag der portugiesischen und
französischen Brüder nicht unerwähnt bleiben.
Die portugiesischen Brüder gründeten, nachdem sie spanische und portugiesische Truppen als Sanitäter begleitet hatten, in Brasilien mehrere Werke. Das erste entstand 1724 in Pernambuco. Mitte des 19. Jahrhunderts erlöschte ihr Wirken.
Die französischen Brüder gründeten mehrere Hospitäler in den Kolonien ihrer
Nation, und zwar auf den Antillen (Guadalupe 1685) und in Kanada (1716). Ihr
Wirken in Kanada war sehr kurz. Mit der französischen Revolution hatte alles
ein Ende.
b) Der Wiederaufbau des Ordens in Amerika
Der Wiederaufbau des Ordens in Lateinamerika ging, wie in Spanien und
Portugal, vom Seligen Benedikt Menni
aus. Das Werk der Barmherzigen Brüder erlebte nur eine kurze
Unterbrechung. Bereits 1892 reisten P. General Kassian Maria Gasser und P.
Benedikt Menni, damals Provinzial von Spanien, nach Argentinien, um die
Errichtung einer Niederlassung in Südamerika vor Ort zu studieren. Das Vorhaben
gelang jedoch erst im Jahr 1901, in dem der Orden mit der Gründung des
Hospitals zum hl. Martin in Guadalajara de Jalisco in Mexiko erneut festen Fuß
in Amerika faßte.
Auf diese Weise
erstand der Baum der Hospitalität aus den tiefen Wurzeln, die durch die barmherzige
Liebe zahlreicher Brüder auf dem Kontinent, den wir heute den Kontinent der
Hoffnung nennen, eingepflanzt worden waren, zu neuem Leben. Die gegenwärtige
Lage des Ordens in Amerika wird in einem der nächsten Kapitel dargestellt.
III. TEIL
DIE HOSPITALITÄT:
DER BESONDERE AUFTRAG DES ORDENS
Fünftes Kapitel
LEITLINIEN DES ORDENS FÜR DIE
EVANGELISIERUNG
In den 450 Jahren des Bestehens unseres Ordens sind zahlreiche Schriften
zur Missionstätigkeit entstanden, obwohl unsere Gemeinschaft mehr der Praxis
und mithin der Aktion als dem Studium und Schrifttum zuneigt. Trotzdem gibt es
hier ein umfangreiches Schriftenverzeichnis, aus dem in der Folge die
wichtigsten ausgewählt werden sollen.
1. Der geschichtliche Werdegang der Konstitutionen
Im Laufe der Geschichte ist der Auftrag zur Evangelisierung in den
Konstitutionen des Ordens immer wieder im Licht des Charismas der Hospitalität
beleuchtet worden. Wir können hier zwei große geschichtliche Epochen
unterscheiden: die Zeit vom Ursprung bis zum Generalat von P. Alfieri und
die Zeit von P. Alfieri bis heute.
a) Von den Anfängen bis zum Generalat von P. Alfieri
Zunächst muß festgehalten werden, daß die Brüder in den ersten 35 Jahren
(1550-1585) ohne schriftlich niedergelegte und von der Kirche anerkannten
Regeln lebten.
In den 31 Jahren danach (1585-1616) wurden folgende Konstitutionen
erarbeitet:
·
Erster Konstitutionsentwurf im Jahr
1583 auf Initiative von Fr. Baltasar de Herrera, der jedoch ohne Wirkung blieb,
weil Papst Pius V. die Brüder in der Zwischenzeit der Gewalt der Ortsbischöfe
unterstellt hatte, weswegen sie nicht das Recht hatten, selbst Konstitutionen
für ihre Hospitäler zu verfassen.
·
Konstitutionen
des Hospitals in Granada, 1585
vom Erzbischof von Granada Don Juan Mendez de Salvatierra verfaßt. Obwohl sie
ausdrücklich für das Hospital in Granada gedacht waren, wurden sie später auch
von den Brüdern der anderen Hospitäler befolgt.
·
Konstitutionen
für den Gesamtorden (1587). Nachdem
Sixtus V. den Orden mit dem Breve
"ETSI PRO DEBITO" am 1.10.1586 offiziell anerkannt hatte, wurden
diese Konstitutionen beim ersten Generalkapitel im Jahr 1587 verfaßt.
·
Konstitutionen
des zweiten Generalkapitels
(1589). Bei diesem Kapitel fehlten die Brüder aus Spanien. Obwohl im Vorwort
gesagt wird, daß es sich um die italienische Übersetzung der Konstitutionen aus
dem Jahr 1587 handelt, enthält die
Fassung bedeutende Änderungen.
·
Erste
Konstitutionen der italienischen Kongregation (1596). Sie werden nach der teilweisen Wiederherstellung
des Ordens in Italien erarbeitet.
·
Konstitutionen
der spanischen Kongregation
(1611). Sie erscheinen nach der vollständigen Wiederherstellung des Ordens in
Spanien. Mit ihnen beginnt auch die rechtliche Trennung der beiden
Kongregationen, die bis zum Jahr 1867 dauert, in dem der Orden in Spanien vom
Seligen Benedikt Menni wieder aufgebaut wird. Sie bleiben, trotz Neuausgaben
und mehreren Änderungen in den Jahren 1640 und 1741 die fundamentalen
Konstitutionen, die man in Spanien bis zum Erlöschen der Kongregation
beobachtet.
·
Neue
Konstitutionen der italienischen Kongregation (1616). Sie bleiben die richtungsweisenden Normen für
die Brüder der italienischen Kongregation bis zur Wiedervereinigung des Ordens,
obwohl 1718 einige Verbesserungen an der Übersetzung aus dem Lateinischen
vorgenommen werden.
b) Vom Generalat von P. Alfieri bis heute
·
Konstitutionen
für den Gesamtorden (1885).
Damit wurden die vorigen den neuen Gegebenheiten angepaßt.
·
Neue
Konstitutionen (1926). Sie
unterscheiden sich tiefgreifend von den vorherigen und sind in Entsprechung zum
neuen Codex des kanonischen Rechtes, der 1917 erschienen war, ein echtes
Regelwerk.. 1950 wurden sie neu aufgelegt..
·
Konstitutionen
"ad experimentum" (1971). Sie wurden nach den Direktiven des II. Vaticanums mit den entsprechenden
Neuorientierungen zum Ordensleben erarbeitet. Zum ersten Mal werden die
praktischen Durchführungsbestimmungen getrennt in den Generalstatuten
zusammengestellt und publiziert.
·
Konstitutionen
(1984). In unseren heutigen Konstitutionen
ist die neue Theologie des Ordenslebens eingeflossen und das Charisma der
Hospitalität in seiner Ursprungsform neu beleuchtet worden. Wie schon 1971,
wurde der Hauptteil der praktischen Durchführungsbestimmungen separat in den
Generalstatuten behandelt.
2. Prinzipien der Evangelisierung
Die Konstitutionen enthalten, in verschiedenen Stilen, die von der
jeweiligen Epoche bestimmt sind, die grundlegenden Prinzipien, an denen sich
der Auftrag des Ordens zur Evangelisierung orientierte. Im folgenden sollen die
wichtigsten Kriterien aufgeführt werden:
a) Die
Hospitalität als spezifischer Auftrag des Ordens
Die Hospitalität ist das Herzstück des Ordens. Seit Johannes von Gott mit
dieser Gnadengabe beschenkt wurde, haben wir als Fortführer seines Werkes
innigst an ihr teil. Sie ist auch der Kern unserer Spiritualität, wie in den
Konstitutionen des Ordens und Schriften der Kirche zutreffend immer wider
betont wird. Schließlich ist die Hospitalität auch der zentrale Punkt unserer
apostolischen Sendung:
"Die
Pflege und Umsorgung der Armen, die für euer Gewissen und das Wachstum dieses
Hospitals und heiligen Hauses so wichtig ist, ist der Zweck eurer Gemeinschaft,
nach dem ihr mit allen Kräften streben sollt" (Konst. 1585, Einl.).
"Ermutigt
von der empfangenen Gabe, weihen wir uns Gott und stellen uns durch die
Betreuung der Kranken und Hilfsbedürftigen in den Dienst der Kirche. Unter
ihnen bevorzugen wir die Ärmsten” (Konst. 1984, 5a).
b) In der Hospitalität geweiht, um in der Kirche den
Dienst der Barmherzigkeit zu erfüllen
Obwohl die ersten Brüder von Johannes von Gott, zusammengeschweißt von
seinem Geist, zunächst äußerst wirkungsvoll auch ohne kanonische Normen ihre
Sendung erfüllten, wurden solche sofort nach der offiziellen Anerkennung der
Gemeinschaft durch die Kirche zur ordnungsgemäßen Ausübung der Ordenssendung
mit der Weihe auf den Titel der Hospitalität erarbeitet.
"Kraft
dieser Gabe (der Hospitalität) sind wir durch das Wirken des Heiligen Geistes
geweiht. Dieser macht uns auf einzigartige Weise der barmherzigen Liebe des
Vaters teilhaftig ... Die Liebe Gottes, “die durch den Heiligen Geist in
unseren Herzen ausgegossen ist”, drängt uns, ... unsere ganze Person ... dem
Vater zu weihen" (Konst. 2b, 10a).
Unzählige Passagen könnten zu diesem Thema noch angeführt werden, müßten zu
einer erschöpfenden Darstellung doch die verschiedenen Fassungen der
Konstitutionen herangezogen werden. Der wesentliche Inhalt ist jedoch bei allen
derselbe.
c) Die Heilssendung der Kirche im Apostolat des Ordens
Wie Jesus Christus, der umherzog, Gutes tat und alle heilte (Apg 10,38;
vgl. Konst. 1984, 2a), hat der Orden seit seiner Gründung den Menschen in Not
in den Mittelpunkt seiner Sendung gestellt. Indem er sich seiner annahm, führte
er den Heilsauftrag des Herrn weiter.
Mit Worten, Taten und der Hingabe des eigenen Lebens ist es das Anliegen
von uns Barmherzigen Brüdern, dem hilfsbedürftigen Menschen in seiner Ganzheit
unseren Dienst anzubieten. Die geistliche Betreuung spielte für uns seit jeher
eine zentrale Rolle, weil wir wissen, daß der Glaube für den kranken Menschen
im Zusammenspiel mit den erforderlichen medizinischen, psychischen und sozialen
Maßnahmen eine mächtige Quelle des Lebens und Heils ist:
“Uns
Barmherzigen Brüdern ist in der Kirche die Sendung anvertraut, das Evangelium
den Kranken und Armen zu bringen, ihre Krankheiten zu heilen und sie
ganzheitlich zu betreuen" (Konst. 1984, 45a).
d) Aufnahme aller Menschen ohne Unterschied
Getreu der Lehre Jesu und nach dem Beispiel des hl. Johannes v. Gott haben
wir Barmherzigen Brüder nie irgend jemand bei der Ausübung unserer Sendung
diskriminiert. So stand es seit jeher in den Konstitutionen und wurde es in der
Praxis gehalten:
"Im
Hospital von Johannes von Gott werden alle Krankheiten, von Männern wie von
Frauen, die sich an es wenden, behandelt” (Konst. 1585 10,1).
"In
jedem Menschen erkennen wir unseren Bruder; wer in Not ist, den nehmen wir ohne
Unterschied und Diskriminierung auf und dienen ihm" (Konst. 1984,
45b).
e) Die prophetische Dimension der Sendung der Barmherzigen
Brüder
Zur Heilssendung der Kirche gehört auch die Förderung, Pflege und der
Schutz des Lebens. Unser Orden hat sich seit jeher nach Kräften für die
Förderung des menschlichen Lebens eingesetzt und es sowohl mit dem schlichten
Zeugnis der Alltagsarbeit als auch mit einem unerschrockenen Auftreten in
der Öffentlichkeit beschützt, indem er
sich “im Geiste des Evangeliums jeder Form der Ungerechtigkeit und menschlicher
Manipulation” widersetzte (Konst. 1984, 12c), und dafür auch bereit war, mit
dem Martyrium vieler Brüder zu bezahlen. Diese Mission, die dem Orden in den
unterschiedlichsten Gegebenheiten seit Johannes von Gott heilig war, gab ihm
sein prophetisches Profil, das überall aus den Konstitutionen, obzwar oft
unterschwellig, durchleuchtet:
"Unsere
Brüder sollen wissen, daß sie zum leiblichen Wohl der Patienten zu allen
erforderlichen Diensten... selbst unter Gefahr des eigenen Lebens...
verpflichtet sind" (Konst.
1926, 225b).
"Die
von uns gelobte Hospitalität verlangt, uns für die Rechte der Person
einzusetzen und über sie zu wachen. Der Mensch hat das Recht, geboren zu werden
und menschenwürdig zu leben. Er hat den Anspruch auf Pflege in seiner Krankheit
und auf das Recht, in Würde zu sterben" (Konst. 1984, 23a).
f) Fachlich-professionelle Pflege und Humanisierung
Die Medizin hat in den letzten Jahren so gewaltige Fortschritte gemacht,
die man sich bis vor kurzem nicht einmal zu erträumen wagte. Der Orden der
Barmherzigen Brüder hat, getreu dem Vorbild seines Stifters, nicht nur Pionierarbeit
unter karitativem Gesichtspunkt, sondern auch in fachlicher und professioneller Hinsicht neue Wege im
Gesundheitswesen gewiesen. Die Ausbildung von qualifizierten Ärzten, Chirurgen,
Krankenpflegern und Apothekern bildete eine ständige Sorge des Ordens. Zu
diesem Zweck wurden an zahlreichen Ordenskrankenhäusern Fachschulen für
Medizin, Chirurgie und Krankenpflege errichtet, in denen die Brüder geschult
wurden (Madrid, Paris, La Rochelle, Rom, Venedig, Neapel, Mailand, Wien,
Feldsberg, Straubing, Prag u.v.a.). Mehrere Brüder bildeten sich auch an
renommierten Universitäten aus. Manche davon wurden zu anerkannten Kapazitäten
und arbeiteten nicht nur in den Ordenskrankenhäusern, sondern waren auch von
den Zivil- und Militärbehörden gesuchte und geschätzte Mitarbeiter, wie zum
Beispiel P. Chaparro, P. Ferrara, P. Bueno usw.).
Die Organisation des Krankenhausbetriebes und der Pflegetätigkeit hat den
Brüdern ebenfalls viel zu verdanken. Auch hier legten sie große Kreativität und
Weitsicht zu tage und leisteten echte Pionierarbeit. Zu den mannigfaltigen
Werken, die der Orden heute weltweit leitet, gehören auch mehrere große
hochqualifizierte Krankenhäuser, in denen man mit den modernsten Apparaten
arbeitet.
Neben der Bemühung, den Patienten eine fachlich und technisch hochstehende
Pflege angedeihen zu lassen, war es immer seine Sorge, ein humanes und
liebevolles Klima in seinen Werken zu erhalten. Liebe und Wissenschaft,
Menschlichkeit und Technik sollten getreu dem Stiftergedanken einander nicht
ausschließen, sondern ein wirkungsvolles Ganzes bilden und den Auftrag der
Kirche zur Krankenpflege im Zeichen der Liebe wirksam mittragen helfen:
"Die
Liebe darf nicht vom Fortschritt abgetrennt werden, sondern soll ihn anführen.
Mit anderen Worten: Sie soll gleich in der Barmherzigkeit und neu in den
Mitteln sein. Alte Barmherzigkeit, moderne Mittel."[14]
"Die
Krankenpfleger sollen in den Krankensälen schlafen, damit sie sich im Notfall
sofort um die Patienten kümmern können" (Konst. 1585, 9,8,).
"Der
Arzt und der Chirurg sollen in der Wissenschaft und Liebe so gebildet sein, daß
sie zur Behandlung der vielen Krankheiten, die in diesem Krankenhaus behandelt
werden, fähig sind" (Konst. 1585, 11,1).
"Mit
der Sendung als Barmherzige Brüder entfalten wir die besten Gaben unseres
Lebens...Das setzt voraus: eine menschliche, theologische und berufliche
Ausbildung als unabdingbare Voraussetzung, um bei den Kranken und
Hilfsbedürftigen einen wirksamen Einsatz zu erbringen, den sie verdienen und
mit Recht von uns erwarten... Im Umfeld der modernen und vertechnisierten
Konsumgesellschaft... sind wir gerufen ... unsere Sendung mit menschlichen
Methoden zu verwirklichen und mit Menschlichkeit zu erfüllen" (Konst.
1984, 43, 44a).
g) Zusammenarbeit mit der Kirche und mit anderen
Institutionen
Unser Orden ist seit seinem Bestehen immer zur Zusammenarbeit mit anderen
Einrichtungen bereit gewesen. Diese Linie wird bis heute im Orden hochgehalten
und beweist seine große Solidarität und Dienstbereitschaft.
“Zweites
Ziel bzw. Zweck des Ordens ist die leibliche und geistliche Pflege und
Betreuung der Kranken in den Krankenhäusern des Ordens oder in solchen, die ihm
anvertraut werden..." (vgl. Konst. 1926, 1,3).
"Die
Grundeinstellung des Dienens und Offenseins - Eigenschaften unserer Sendung -
veranlaßt uns, mit anderen Einrichtungen der Kirche oder der Gesellschaft im
Bereich unseres spezifischen Apostolates zusammenzuarbeiten" (Konst.
1984, 45e; vgl. 47).
h) Die Mission "ad gentes"
Unser Orden ist beinahe zeitgleich mit der Entdeckung Amerikas entstanden
und hat sofort am Auftrag zur Evangelisierung der Kirche durch den Dienst in
der Hospitalität mitgewirkt.
Die missionarische Berufung wurde unserem Orden somit sozusagen in die
Wiege gelegt. Seitdem war es immer sein Bestreben, die Botschaft von der
barmherzigen Liebe des Vaters in allen fünf Kontinenten zu den Armen, Kranken
und Hilfsbedürftigen zu tragen:
"Wir
sind uns der Verantwortung für die Verkündigung der Frohen Botschaft bewußt.
Darum pflegen wir den missionarischen Geist. Wir üben das Apostolat der
Hospitalität in den Missionsländern aus und verstärken dort unsere Gegenwart,
besonders in den weniger begünstigten Gebieten" (Konst. 1984, 48).
Getreu dieser Orientierung, die auch die Orientierung der Kirche ist (siehe
Vaticanum II "AD GENTES"), hat der Orden große Anstrengungen
unternommen, um sein Werk nach Afrika, Lateinamerika und Asien auszuweiten.
i) Das Bettelapostolat
Das Almosensammeln ist eine apostolische Praxis, die es im Orden seit
seinem Bestehen gibt. "Brüder, tuet euch selbst Gutes", mit
diesem Ruf pflegte Johannes von Gott auf den Straßen Granadas Almosen für sein
Hospital zu sammeln. Bis vor wenigen Jahren lebten die Hospitäler des Ordens
dank der Almosen zahlreicher Gönner. In einigen Teilen der Welt ist das bis
heute so geblieben. Zur Zeit wird das Bettelapostolat vom Orden vielerorts mit
modernen Instrumenten, insbesondere zur Unterstützung seiner sozialen
Tätigkeit, als Teil seines Auftrags zur Evangelisierung fortgeführt. Für Johannes von Gott handelte es sich dabei
um ein echtes Apostolat an den Menschen, die durch ihre Gaben die karitative
Tätigkeit des Ordens mittragen halfen..
"In
Treue zu unserem Geist fördern wir die Praxis des Almosensammelns als eine Form
des Apostolates. Wir betrachten dies nicht nur als Werk der Barmherzigkeit zur
Linderung der Not der Armen; wir erkennen darin auch die gute Tat, die sich der
selbst erweist, der sie tut.. Außerdem sehen wir darin eine Forderung der
Gerechtigkeit und Liebe zum Abbau der bestehenden Schranken zwischen den
sozialen Klassen" (Konst. 1984, 49b).
j) Gemeinsam mit den Mitarbeitern
Das Mitwirken von Mitarbeitern am Ordensauftrag war seit jeher ein
charakteristisches Kennzeichen unserer Gemeinschaft. Es stimmt zwar, daß bis
vor wenigen Jahren die Brüder die meisten Tätigkeiten in den Werken noch selbst
ausführten, aber seit den Zeiten unseres Stifters hat es auch immer Mitarbeiter
in unseren Zentren gegeben: Ärzte, Chirurgen, Priester, Hilfskräfte, Wohltäter
sowie zahlreiche Bruderschaften und Vereine.
Mit der Modernisierung der Medizin und der Pflegetätigkeit ist eine große
Zahl von Mitarbeitern in unsere Häuser gekommen, mit denen wir unsere Sendung
teilen. Zugleich erfreut sich der Orden der Mitarbeit von zahlreichen
ehrenamtlichen Helfern, die ihre Zeit und Person unentgeltlich in den Dienst
der Kranken und Hilfsbedürftigen stellen.
"Unsere
Gegenwart... entspricht den Forderungen unseres Charismas, wenn wir im
Bewußtsein unserer Grenzen die Mitarbeit anderer Personen, Fachkräfte oder
Hilfspersonal, Freiwillige oder Mitarbeiter suchen und annehmen, sie an unserem
Geist teilhaben und an unserer Sendung mitwirken lassen" (Konst. 1984, 46b; vgl. 51a).
k) Priestertum auf den Titel der Hospitalität
Johann von Gott hieß alle Menschen Brüder und hielt sich für den geringsten
Bruder. Seine Nachfolger schlossen sich zu einer Bruderschaft für den Dienst an
den Kranken und Hilfsbedürftigen zusammen. Diese Gemeinschaft wurde von der
Kirche als Brüderorden anerkannt, ein Ausdruck, dessen Bedeutung jüngst von
Papst Johannes Paul II. in dem apostolischen Schreiben "Vita
Consecrata" (vgl. VC 60) mit Nachdruck betont wurde. Trotzdem wurde
unserem Orden seit seinem Bestehen erlaubt, daß für die geistliche und
seelsorgliche Betreuung der Patienten und der Konvente einige Brüder zu
Priestern geweiht werden durften.
"Alle
heute bestehenden und künftig entstehenden Krankenhäuser sollen einen zum
Priester geweihten Bruder haben dürfen, dessen Aufgabe es ist, sowohl für die
Brüder als auch für die Armen Christi die Messe zu lesen, die anderen Ämter zu
versehen und, die Sakramente zu spenden" (Bulle LICET EX DEBITO; hl.
Pius V., 1572).
"Unser
Orden ist eine Gemeinschaft mit laikalem Charakter. Dennoch wurde ihm seit
seiner Bestätigung zugestanden, daß einige Mitbrüder für den pastoralen Dienst
an den Kranken, unseren Gemeinschaften und in den Aufgabenbereichen unserer
Hospitalität, zu Priestern geweiht werden" (Konst. 1984, 1c).
3. Die missionarische Dimension des Ordens in den
Schriften der Brüder
Die missionarische Dimension stellt einen wesentlichen Wert im Leben der
Barmherzigen Brüder dar. Unsere Geschichte und Tradition sind voller Zeugnisse,
die das belegen. In der Folge sollen eine Reihe von schriftlichen Zeugnissen
aufgeführt werden, aus denen die Sorge, Begeisterung und Hingabe an die
Missionsarbeit in unserem Orden hervorgeht. Der Kürze halber wurden nur die
Schriften der Brüder ab dem Generalat von P. Giovanni Maria Alfieri
herangezogen.
a) P. Giovanni Maria Alfieri
Am 19. Mai 1862 zum General gewählt, verblieb er in diesem Amt bis zu
seinem Tod im Jahr 1888. Seine innige Liebe zu seiner Berufung als Barmherziger
Bruder, zu den Armen und Kranken, zur Kirche und zum Orden, und seine
ausgeprägten geistigen und unternehmerischen Gaben machten aus dieser
herausragenden Gestalt genau den Mann, den der Orden in den stürmischen Jahren
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts brauchte.
Von ihm ging der entscheidende Impuls zur Wiedererrichtung des Ordens in
Spanien, Portugal und Amerika aus. Von ihm wurden die italienischen Brüder mit
unbeugsamem Geist zum Aushalten und zur Treue gehalten, als in Italien am 7.
Juli 1866 die Auflösung aller Orden angeordnet wurde. Von ihm wurden die
Barmherzigen Brüder in den anderen Provinzen ermuntert und aufgerichtet.
P. Giovanni Maria Alfieri schrieb zahlreiche Briefe (darunter 26
Rundschreiben), um den Geist der Barmherzigkeit und die Beobachtung der
Vorschriften bei den Brüdern wachzuhalten sowie zu einer zeitgemäßen Ausbildung
des Ordensnachwuchses zu ermuntern. An einigen Auszügen aus seinen Briefen soll
das im folgenden gezeigt werden:
"Ich
fordere und ordne Euch allen an, daß überall dort, wo Eure Krankenhäuser
stehen, der Bevölkerung jedwede mögliche Hilfe zur Verhütung von Katastrophen
geleistet wird und durch Eure Oberen den zuständigen kirchlichen und zivilen
Behörden Euer Dienst und auch Eure Einrichtungen angeboten werden, wobei jedoch
immer die Leitung der Werke und der Pflegetätigkeit in Euren Händen bleiben
soll."[15]
"Diesen
unseren vielgeliebten Sohn in Christus, Benedikt Menni, senden wir nun nach
Frankreich und Spanien, wo er solange bleiben soll, wie wir für gut erachten,
damit er das Wachstum und das Wohl unseres Ordens nach Maßgabe unserer
Konstitutionen, unserer Vorschriften und der Weisungen des Heiligen Stuhls
fördert. Zu diesem Zweck empfehlen wir ihn wärmstens dem Herrn, den
hochwürdigsten Herrn Bischöfen und Kirchenoberen und bitten sie inständig, ihm
ihren gnädigen Schutz zu gewähren."[16]
b) Der Selige Benedikt Menni
1841 in Mailand geboren, Vater der Wiedererrichtung des Ordens in Spanien,
Portugal und Lateinamerika, Gründer der Kongregation der Hospitalschwestern vom
hl. Herzen Jesu und Ordensgeneral, starb Benedikt Menni im Jahr 1914 in Dinan.
Wir können sagen, daß sein Leben und Wirken als Barmherziger Bruder vor
allem der Missionsarbeit galt. Im Alter von 26 Jahren verließ er Italien, um
seine Lebensaufgabe zu erfüllen: die Wiedererrichtung des Ordens in Spanien,
Amerika und Portugal. Seine Bereitschaft dazu äußerte er folgendermaßen:
"Ich
schrieb dem damaligen Generaloberen unseres Ordens, Reverendissimus P. Alfieri,
daß der Wunsch in mir, für das Wohl unserer Gemeinschaft zu arbeiten, so stark
war, daß ich ihm anbot, mich dorthin zur Ausübung der heiligen Hospitalität zu
senden, wo er es für am besten hielt."[17]
Der Selige Benedikt Menni hat zahlreiche Briefe geschrieben: 463 an die
Brüder und 870 an die Schwestern, die meisten davon in den ersten Jahren seines
Aufenthaltes in Spanien. An einigen Auszügen soll sein missionarischer Eifer
und Geist plakativ dargestellt werden.
"In
wenigen Tagen werde ich selbst die erste Gruppe von Brüdern nach Amerika
begleiten. Ein wagemutiges und schwieriges Unternehmen erwartet uns, das
vielleicht unsere Kräfte übersteigt, das wir aber mit Gottvertrauen zu einem
glücklichen Ausgang zu führen hoffen."[18]
Benedikt Menni versuchte das Werk des Ordens auch nach Rio Munni und den
Philippinen auszuweiten.
"Ich
habe Ihr Schreiben vom vergangenen 30. sowie die beiliegende Mappe von Rio
Munni erhalten, aus der ich ersehe, daß besagtes Land von Spanien annektiert
worden ist. Es macht mir keine Schwierigkeit, einige Brüder dorthin zu
entsenden, doch wäre es gut, wenn die Regierung die Angehörigen unseres Ordens
als Missionare anerkennen würde, wodurch sie vom Militärdienst befreit wären.
Bitte lassen Sie mich wissen, ob Sie das erreichen können."[19]
"Durch
den Willen des Herrn wird die Ankunft der Brüder unseres Ordens auf den
Philippinen Wirklichkeit werden; sie werden sich dort aber nicht um Hospitäler
kümmern, sondern ein Heim für geistig Behinderte gründen."[20]
Getreu der Tradition des Ordens äußerte sich bei ihm der apostolische und
missionarische Geist in der ständigen Bereitschaft, überall dort, wo Not war,
den Kranken und Armen zu Hilfe zu eilen, insbesondere bei Epidemien und
Katastrophen:
"Sehr
geehrter Herr, die bestürzenden Nachrichten, die von den Zeitungen über die
Zustände in der Irrenanstalt San Baudillo de Llobregat veröffentlicht wurden,
veranlassen den Unterzeichneten, Ihnen im Namen der Körperschaft der
Hospitalbrüder vom heiligen Johannes von Gott und der Hospitalschwestern vom
heiligen Herzen Jesu das notwendige Personal zur Pflege der Cholerakranken in
der besagten Anstalt anzubieten ."[21]
In seinen Schriften finden sich zahlreiche Empfehlungen und Weisungen, die
er als Oberer an seine Brüder zur rechten Erfüllung des Dienstes der
Hospitalität an den Armen und Kranken richtete:
"Kraft
des Gelübdes der Hospitalität ist jeder Professe unseres Ordens, je nach seinen
Fähigkeiten, gemäß dem Gehorsamsgelübde und dem Zweck unserer Gemeinschaft
verpflichtet, den Kranken, seien sie arm oder reich, alle erforderlichen
körperlichen und geistlichen Dienste zu leisten."[22]
c) Der heilige Richard Pampuri
Am 2. August 1897 in Trivolzio (Pavia) geboren, promovierte der heilige
Richard nach einer vorbildhaften Kindheit und Jugend 1921 zum Doktor der
Medizin und Chirurgie und übte von 1922 bis zu seinem Eintritt in unseren Orden
den Arztberuf in Morimondo aus. 1927 wurde in den Orden als Postulant
aufgenommen und legte am 24. Oktober 1928 die einfache Profeß ab. Er starb am
1. Mai 1930 in Mailand.
Er zeichnete sich durch seine Güte, Schlichtheit, Reinheit und
Innerlichkeit aus. Auf dem Hintergrund der 146 Briefe, die uns von ihm erhalten
geblieben sind, läßt sich im Zusammenhang mit unserem Thema Folgendes sagen.
Sein großes Interesse für die Missionen ist zu einem großen Teil seiner
Schwester zu verdanken, die in Ägypten als Missionarin tätig war. Sie gehörte
der Kongregation der Missions-franziskanerinnen vom Unbefleckten Herzen Mariens
an und verbrachte über 60 Jahre in Ägypten. Der Heilige unterhielt einen
intensiven Briefwechsel zu ihr (66 Briefe), aus dem die innige Verbundenheit
der beiden Geschwister, aber auch ihr tiefes geistliches Band spricht. Immer
wieder erklärt der Heilige darin seiner Schwester, daß es sein Wunsch ist, den
rechten Weg zu finden, auf dem er am besten Gott lieben und dienen kann:
“Aus
meinem letzten Brief wirst Du erfaßt haben, daß ich mich immer wieder frage,
wie ich unserem Herrn am besten dienen kann, und daß mir dabei oft das Ideal
des Missionars vorschwebt. Aber meine körperliche und wohl noch mehr moralische
Schwäche scheinen ein solches Vorhaben nicht zuzulassen. Und doch, wie gern
würde ich mein Leben ganz Gott weihen, wenn er mir nur zeigen möchte,
wie!"[23]
"Am
3. dieses Monats hatte ich ein Gespräch mit dem P. Provinzial des
Hospitalordens vom heiligen Johannes von Gott, in den mir bereits seit einem
Jahr zugesagt worden war, daß ich eintreten dürfe. Der P. Provinzial sagte mir,
daß er mich trotz meiner schwachen Gesundheit und der Nachwirkungen der
Rippenfellentzündung gern in seine Ordensgemeinschaft aufgenommen hätte. Wie Du
weißt, spüre ich schon seit längerer Zeit das Bedürfnis, meinem Leben eine
feste Regel zu geben, um ein würdiges Leben ohne die Gefahr schwerer Fälle zu
führen. Aus diesem Grund habe ich das brüderliche Angebot angenommen und am 6.
mit vollem Vertrauen in die Güte und Barmherzigkeit Gottes den Aufnahmeantrag
gestellt."[24]
Der heilige Richard führte seine apostolische und missionarische Tätigkeit
vor allem am Krankenbett aus. Seine Hingabe und Opferbereitschaft kannte trotz
der zarten Gesundheit keine Grenzen:
"Bete
auch für meine Patienten, damit ich ihnen mit der Hilfe Gottes wahre Linderung
geben kann."[25]
Der Orden nahm den heiligen Arzt, der von Gott zur Weihe in der
Hospitalität berufen worden war, auf. In den drei Jahren, die er im Orden
verbrachte, beeindruckte er alle durch seine Liebes- und Hingebungsfähigkeit
und durch seine Schlichtheit. Er wurde als Lehrer der jungen Brüder bei der
Ausbildung in der Krankenpflege und als Arzt im Krankenhaus in Brescia
eingesetzt. Er war sowohl bei den Brüdern als auch bei den Patienten wegen
seines beispielhaften Lebens sehr beliebt.
"Ich
bete viel für unsere lieben Patienten, damit sie in unseren Krankenhäusern
sowohl das geistliche Heil als auch, im Übermaß, ihre Gesundheit zur höheren
Ehre Gottes und ihrer Rettung erlangen."[26]
d) P. Ephrem Blandeau
Am 15. Januar 1939 durch ein Dekret der Religiosenkongregation zum
Generalprior ernannt, leitete P. Ephrem Blandeau die Geschicke des Ordens bis
zum 26. April 1953. Er war ein einfacher Mensch und wegen seiner großen Güte
und Klugheit bei allen beliebt.
Er führte den Orden durch die Wirren des Zweiten Weltkrieges, wobei er mit
großer Umsicht und unablässigem Interesse an den Ereignissen teilnahm, die den
Provinzen und Häusern in jenen Jahren widerfuhren. Von ihm sind uns zwei Briefe
erhalten geblieben, in denen er den Orden über die Situation in den Häusern und
die Zahl der gefallenen, vermißten und gefangengenommenen Brüder informierte.
Unter seinem Generalat erlebte der Orden eine große Ausbreitung. Gut 60
Neugründungen entstanden unter seiner Leitung: 20 in Amerika; 29 in Europa; 3
in Africa; 2 in Asien und 3 in Australien.
In einem seiner Briefe an den Gesamtorden definierte er unsere Apostolat
wie folgt:
"Wir
müssen Apostel durch unsere persönliche Ausstrahlung und die tadellose
Erfüllung unserer täglichen Dienste, und seien sie noch so niedrig, sein. Mit
einem solchen Handeln werden wir dem Wunsch des Heiligen Vaters entsprechen,
der vor der Katholischen Aktion erklärte, daß die Hospitalbrüder ihrer
karitativen Berufung wegen die Pioniere der Katholischen Aktion sind."[27]
e) P. Moses Bonardi
Er wurde am 26. April 1953 zum General gewählt und hatte dieses Amt bis
1959 inne. Er zeigte eine besondere Sensibilität und Sorge für die
Missionswerke und die Ausbildung der künftigen Missionare. An den folgenden
Briefauszügen wird das besonders klar:
"Der
Traum des heiligen Johannes von Gott war, in den Wüsten Afrikas als Missionar
zu leben. Wir als seine Söhne wollen diesen Wunsch unseres heiligen Stifters in
diesem Marienjahr zur Ehre der Heiligsten Jungfrau in die Tat umsetzen und sein
Werk der Evangelisierung durch unsere Barmherzigkeit auch unter die Menschen
bringen, die dem Glauben und der Zivilisation fernstehen."[28]
"Das
missionarische Ideal verbreitet sich und faßt Wurzel in den Reihen unseres
Ordens. Wir werden alle Initiativen, die aus diesem missionarischen Eifer
geboren werden, mit Freude unterstützen und sie, miteinander verbunden, allen
Provinzen zur Kenntnis bringen, damit sie daran teilnehmen und ihre Mitarbeit
dazu leisten. Bei diesem Wettlauf des Glaubens und der Großherzigkeit können
alle Provinzen, auch die kleinsten an Personal und wirtschaftlichen Mitteln,
ihren Ehren- und Arbeitsplatz finden."
"Aus
diesem Grund müssen die Brüder, die für einen Einsatz in den Missionsländern
vorgesehen sind, unbedingt vorher angemessen ausgebildet werden."[29]
f) P. Higinio Aparicio
Er wurde am 26. April 1959 zum Generalprior gewählt und übte dieses Amt bis
1971 aus. Er führte das von P. Moses Bonardi angefangene Werk fort, indem er
dem Wirken des Ordens in den Missionsländern neuen Impuls gab und ganz
besonders die Ausbildung der Brüder für eine wirksame Eingliederung in die
neuen Länder und Kulturen förderte. Einige Auszüge aus seinen Briefen zeigen
das in eindrucksvoller Weise:
"Wir
sind dem Herrn zu tiefem Dank verpflichtet für die Ausbreitung, die der Orden
heute durch die spanischen Provinzen sowohl auf der Iberischen Halbinsel als
auch in Amerika und jüngst in Afrika erlebt hat."[30]
"Bei
dieser Gelegenheit möchte ich Euch mitteilen, daß der Orden seit heute ein
Missionskrankenhaus in Indien hat... im Bundesstaat Kerala in der Diözese Chanagacherry malabarischen Ritus’. Die neue
Gründung wurde von der Rheinischen Vizeprovinz realisiert."[31]
"Der
Bruder, der in einem fremden Land lebt, muß eine seiner ersten Pflichten darin
sehen, daß er sich darum bemühen soll, sich an das kulturelle Umfeld des
Landes, in dem er wohnt, anzupassen... Die Brüder sollen sich bemühen, sich an
die Brauchtümer und Sitten des Landes, an seine Ernährungsgewohnheiten, seine
Umgangsformen, ja selbst an die einheimischen Dialekte anzupassen... In den
Ausbildungszentren... sollen die jungen Brüder bei Zeiten darauf vorbereitet
werden, überall dorthin zu gehen, wo sie vom Gehorsam gerufen werden.... Dazu
ist bei ihnen eine am Gedanken der Weltkirche ausgerichtete Denkweise
auszubilden, damit sie später die Fähigkeit haben, die Nation zu lieben und zu
achten, in die sie gesandt werden, und sich für sie einzusetzen."[32]
4. Die Missionstätigkeit des Ordens: Meinungen,
Standpunkte und Erklärungen unserer
Brüder in der
Mission
In diesem Kapitel haben die Gedanken und Zeugnisse einer Reihe von
Mitbrüdern Aufnahme gefunden, die zur Zeit in verschiedenen Teilen der Welt
apostolisch tätig sind. Dadurch hoffen wir, dieser Schrift ein Stück
Wirklichkeits- und Praxisnähe zu geben.
a) Fr. Anthony Leahy - Papua Neuguinea[33]
Der Auftrag, in den Missionswerken des Ordens zu arbeiten, ist eine Gabe
und ein Vermächtnis, das wir Barmherzigen Brüder von Jesus und unserem
Ordensvater Johannes von Gott empfangen haben. Unsere Sendung besteht darin,
allen Menschen, denen wir begegnen, die Frohe Botschaft Jesu im Stil des
heiligen Johannes von Gott zu bringen.
Die Barmherzigen Brüder sind seit 1971 in Papua Neuguinea tätig. Gedrängt
von dem Wunsch, das Werk des heiligen Johannes von Gott auszubreiten, prüften
die Brüder die spezifischen Bedürfnisse des Landes und widmeten sich der
Betreuung körperlich und geistig Behinderter.
Der kleine Samen gedieh prächtig und entwickelte sich zu einem starken
Baum. Ganz besonders gefördert wurde das Wachstum des Ordens durch die Aufnahme
einheimischer Kandidaten und ihre schrittweise Eingliederung in den Orden.
Heute umfaßt die Missionstätigkeit des Ordens in Papua Neuguinea zwei Bereiche:
1) die soziale Tätigkeit, vor allem für kranken und arme Menschen und
2) die Begleitung der einheimischen Berufe.
Die Hoffnung und der Traum des Ordens sind heute, daß die Bevölkerung von
Papua Neuguinea die Liebe Gottes durch das Werk des heiligen Johannes von Gott
so tief erfährt, daß aus ihrer Mitte Menschen hervorgehen, die als Missionare
unter ihren Mitbürgern wirken.
b) Fr. Fortunatus Thanhauser[34]:
die Barmherzigen Brüder in Indien
Nach den Niederlassungen, die vor mehreren Jahrhunderten von
portugiesischen Brüdern in Goa gegründet worden sind, wurden die Barmherzigen
Brüder nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erneut in Indien tätig. Den
Ausschlag dazu gab der Besuch eines indischen Bischofs in Deutschland im Jahr
1964. Der Prälat war bereits mehrere Male im Krankenhaus der Brüder auf der
Tiberinsel in Rom gewesen, wo ihn die Hingabe, mit der die Brüder den Kranken
und Armen dienten, tiefen Eindruck gemacht hatte. Er dachte: ”Könnte ich diese
Brüder doch auch in meiner Diözese in Indien haben!” Seitdem bereiteten sich
die Brüder auf einen Einsatz in Indien vor.
Nach der Überwindung einer Vielzahl von Schwierigkeiten, erhielten drei
Brüder ein Einreisevisum für Indien. Die ersten Brüder, die aus Deutschland
kamen, waren Fr. Fortunatus und Fr. Prakash.
Sie gelangten am 19. November 1969 nach Kattappana, wo sie in der Folge
mit der Hilfe eines indischen Arztes und einiger Ordensschwestern eine kleine
Sozialstation eröffneten. Diese Sozialstation mit 20 Betten entwickelte sich in
den nächsten 25 Jahren zu einem Allgemeinen Krankenhaus mit 275 Betten, an dem
18 Ärzte, darunter zahlreiche Spezialisten, arbeiten.
Auf Anraten der Ärzte baute man später, angesichts der spezifischen
Bedürfnisse in diesem Bereich, ein Langzeitkrankenhaus mit 150 Betten für
chronisch Kranke und Alte und schloß daran eine Abteilung für behinderte Kinder
an.
Im Allgemeinkrankenhaus sind Bekehrungen eher selten, aber im
Langzeitkrankenhaus (Poor Home) kommt es oft dazu, obwohl niemand dazu genötigt
oder beeinflußt wird. Dasselbe gilt für die Schule, die von 56 Kindern besucht
wird. Im Krankenhaus in Kattappana wurde in mehreren Ansätzen versucht, eine
besser organisierte Krankenpastoral durchzuführen, wird sie vielfach doch noch
als reine Sakramentenspendung, vor allem der letzten Ölung, betrachtet.
Da Kattappana ziemlich abgelegen ist und es deswegen schwierig war,
geeignete Priester und Lehrer für das Noviziat zu bekommen, wurde beschlossen, es nach Madras-Poonamallee in die
Nähe des Seminars der Salesianerpatres zu verlegen. An das Noviziat ist seit
1981 ein kleines Armenhaus (Poor Home) und eine Sozialstation angeschlossen.
Auf Bitten des Bischofs von Kandwa im Bundesstaat Madhya Pradesh wurde 1986
ein neues Werk in Deshgaon, in der Nähe von Kandwa, errichtet. Dabei handelt es
sich um eine Ambulanz und Sozialstation. In diesem Staat sind Bekehrungen von
der Regierung verboten.
c) Fr. Savio Tran Ngoc Tuyen.[35] Bien-Hoa Vietnam
Kanadische Brüder waren in Vietnam von Januar 1952 bis September 1975
tätig. Während des Krieges ertrugen sie viele harte Prüfungen. Mit großem
Opfergeist gelang es ihnen, den Geist des hl. Johannes v. Gott an die
vietnamesischen Brüder weiterzugeben. Ihr Wirken für die Kranken war ein großes
Zeugnis für die Bevölkerung und trug wesentlich zu ihrer Evangelisierung bei.
Dem Umstand, daß es ihnen unter großen Opfern gelang, den vietnamesischen
Brüdern eine angemessene Ausbildung zu geben, ist es zu verdanken, daß der
Orden bis heute in Vietnam besteht,
denn in den letzten 20 Jahren durften keine fremden Brüder als Missionare tätig
werden.
Seit 1975 haben die vietnamesischen Brüder sich bemüht, sich den
Gegebenheiten unter dem sozialistischen Regime anzupassen und trotz der vielen
Schwierigkeiten gemäß dem Geist des hl. Johannes v. Gott und der Spiritualität
des Ordens zu leben. In Vietnam können die
Brüder heute zu Recht sagen: ”Johannes von Gott lebt.”
Die Missionstätigkeit der Brüder stellt sich wie folgt dar:
·
Zielgruppe: Die Einwohner armer, abgelegener und teilweise
isolierter Dörfer.
·
Tätigkeiten: Die Bevölkerung zu Vorbeugungs- und
Hygienemaßnahmen erziehen, Krankheiten im Keim bekämpfen, und zwar durch
gezielte Hauskrankenpflege.
·
Mittel: Die erforderlichen finanziellen Mittel. An
Personal wirken außerdem von zwei bis vier Brüder in jedem Dorf.
·
Wirksamkeit: Der Orden könnte ein Haus bauen, das ein
sichtbares Zeichen und Zeugnis für die Bevölkerung wäre. Dadurch könnte man
viel effektiver arbeiten und viel mehr Menschen behandeln, die so den Orden
kennenlernen würden. Die Kosten der Versorgung wären niedrig und die Pflege
viel gezielter.
d) Fr. Manuel Nogueira.[36]
Nampula Mozambique
Unsere missionarische Chance: Wir alle wissen, daß die Kirche in ihrer Gesamtheit
missionarisch ist und alle Einrichtungen und Gemeinschaften, die zu ihr
gehören, den missionarischen Auftrag haben, das Heilswerk Christi fortzuführen.
Dabei sollen alle diese Einrichtungen und Gemeinschaften den missionarischen
Auftrag in Übereinstimmung mit ihrer Beschaffenheit und ihrem Charisma erfüllen
und dazu die angemessenen Mittel einsetzen. Deswegen haben wir Barmherzigen
Brüder die Aufgabe, Missionare durch den Krankendienst zu sein, denn der
Krankendienst ist unser Charisma und unser spezifischer Auftrag, den wir auch
folgendermaßen umschreiben könnten: Wir sollen dem Menschen in Not die Liebe
des Vaters erfahrbar machen.
Auf diesem Hintergrund ist klar, wie wichtig und notwendig unsere Mitarbeit
am Aufbau des Reiches Gottes in den aktuellen Gegebenheiten ist. Je
vielfältiger die Stimmen und Rufe in unserer Welt sind, desto dringender ist
das Zeugnis durch Werke, die Raum für die selbstlose Hingabe im Dienst an der
Not des Menschen schaffen.
Dabei müssen wir jedoch beachten: Je größer unsere Möglichkeiten sind,
desto größer ist auch unsere Verantwortung. Nicht alle Ansätze von seiten
unserer Werke und Brüder sind gleich gut, um eine wirksame Missionsarbeit
durchzuführen.
Voraussetzungen für ein erfolgreiches missionarisches
Wirken: Unsere Werke müssen den
Verhältnissen angepaßt sein. Wir wissen, daß heute der Gesundheitsdienst,
selbst der kirchliche, sich, wie jeder andere Dienst, in eine Tätigkeit
verwandeln kann, bei der fremde oder eigene Interessen und im Extremfall sogar
Ausbeutung im Spiel sein können.
Das sollte uns eine Warnung sein, jedesmal wenn wir, je nach den Umständen,
über die Eröffnung oder Schließung eines Werkes entscheiden.
Es ist klar, daß unsere Werke ganz besonders für die Ärmsten da sein
müssen, also für Menschen, die von anderen Einrichtungen abgewiesen werden und
nur auf unsere Hilfe zählen können. Mag sein, daß eine strenge Auswahl der
Patienten in unseren Werken ein Zeichen leistungsorientierter Organisation ist,
ein Zeichen für echte Entwicklung im Zeichen der Liebe ist sie jedoch sicher
nicht. Echte Liebe hat, wie unser heiliger Stifter, ein sensibles Herz für alle
Nöte und nicht nur für einen bestimmten Teil von ihnen.
Wenn sich deswegen ein Werk auf einen bestimmten medizinischen Fachbereich
oder Aspekt spezialisiert, wird man gut daran tun, in ihm immer auch eine
Abteilung für Notfälle und mittellose Patienten vorzusehen. Nie darf einem
Armen bei uns die Tür ins Gesicht geschlagen werden. Stets sollte es bei uns
eine offene Tür und einen Hoffnungsstrahl für die Unglücklichsten geben.
Offensein und Mitarbeit mit allen und für alle: Eine weitere Sorge sollte das Offensein und die
Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit allen Einrichtungen sein, ganz besonders
mit solchen, die im selben Tätigkeitsbereich wie wir aktiv sind.
Wenn man von weither in ein fremdes Land kommt und eine Ausbildung fernab
der realen Verhältnisse genossen hat, besteht die Gefahr, daß man sich selbst
als Modell betrachtet und alle anderen, die anders denken und handeln als wir,
mißversteht. Dieser Gefahr müssen wir dadurch vorbeugen, daß wir unsere Brüder
bei Zeiten zu Offenheit und zur Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit allen
vorbereiten.
Das Bettelapostolat: Ist das Bettelapostolat, das von unserem heiligen
Stifter und seinen ersten Nachfolgern so sehr geschätzt wurde, heute bei uns nicht etwa deshalb so
vernachlässigt, weil wir die Tendenz haben, diejenigen unter unseren Patienten
zu privilegieren, die für sich bezahlen können bzw. jemand haben, der für sie
bezahlt? Was Besseres könnten wir in einer Zeit, in der die Reichen immer
reicher und die Armen immer ärmer werden, tun, als um Almosen zu betteln und
dadurch, getragen von unserem Charisma, die Menschen einander näher zu bringen
und in unserem kleinen Rahmen so soziale Umstürze zu vermeiden?
Unsere Identität als kirchliche und geweihte Personen: Zum Schluß möchte ich auf die Chance hinweisen,
die wir haben, durch unsere karitative Tätigkeit uns als das zu erkennen zu
geben, was wir sind, nämlich Mitglieder der Kirche und Ordenschristen. Wo immer
wir auch leben mögen, in einem christlichen oder islamischen, in einem
orientalischen oder animistischen Umfeld, stets sind wir von Christus
auserwählt und von seiner Kirche gesandt, das Reich seiner barmherzigen und
gütigen Liebe zu verbreiten. Die Menschen müssen das an uns sehen und erkennen.
Sie müssen greifbar erleben, daß unser Lebensstil und die Liebe, mit der wir
unseren Nächsten behandeln, von Gott kommen und auf der Lehre und dem Beispiel
unseres Herrn aufbauen.
Lassen Sie mich zusammenfassend sagen: Unsere Werke und unsere Beziehungen
zu allen Menschen, vor allem zu den am wenigsten Begünstigten, sollen unsere
konsequente Christusnachfolge bezeugen. Dadurch werden wir für alle zu einem
Strahl der Liebe Gottes werden und den Liebesmangel lindern, der unsere Welt
und Gesellschaft heute so verarmt.
e) Fr. Riccardo Botifoll.[37]
Lunsar (Sierra Leone)
Selbstverständlich muß das unmittelbare
Ziel der Tätigkeit des Ordens in den Entwicklungsländern medizinischer Ordnung
sein, unabhängig davon, ob es durch Krankenhäuser, Polikliniken oder Zentren
für Basismedizin angestrebt wird. Dabei sollte man immer mehr beachten, daß der
Gesundheitsdienst nicht der freien Initiative jeder Institution überlassen
werden darf, also jeder auf eigene Faust ohne Absprache mit dem staatlichen
Gesundheitsnetz arbeitet. Vielmehr ist eine Koordination, oder besser gesagt
Integration mit den staatlichen und internationalen Organisationen geboten (WHO,
Gesellschaft für die Bekämpfung der TBC, Lepra usw.). Die eindrucksvollen
Erfolge, die durch die Impfung bei den Kindern (Tetanus, Polio usw.) erzielt
wurden, und die hoffnungsvollen Ergebnisse, die eine Impfung gegen die Malaria
verspricht, sprechen eindeutig für diesen Weg.
Ein Risiko, dem man vorbeugen muß, ist,
daß man in Afrika nicht mit dem Anspruch tätig werden darf, daß die
Krankenhäuser von der Technik und dem Komfort her dieselben Standards ausweisen
müssen wie in Europa. Damit würde man nur erreichen, daß von den Krankenhäusern
eine kleine Minderheit reicher Leute profitieren würde, während der Großteil
der Bevölkerung, der arm ist, davon ausgeschlossen bliebe. Aber wir sind ja
eigens für diesen Bevölkerungsteil nach Afrika gekommen. Diese Gefahr darf
nicht unterschätzt werden.
Es gäbe noch viel zu sagen, aber der
Raum dazu ist zu knapp. Man erlaube mir nur noch eine Überlegung anzuhängen,
die ich solange wiederholen werde, bis sie manchen als Besessenheit erscheinen
wird. Unsere Missionstätigkeit muß auch zum Ziel haben, die europäische Welt zu
ändern, aus der wir kommen. Wir müssen mit dem Bewußtsein in Afrika arbeiten,
daß wir von hier aus dazu beitragen können, unser altes Europa zu ändern.
"Brüder, tuet euch
selbst Gutes, indem ihr den Armen gebt!"
Richten wir diesen einfachen, aber so aussagekräftigen Ruf weiter aus unseren
kleinen, wackligen Buschkrankenhäusern an den satten und zugleich
unbefriedigten Norden. Die tägliche Arbeit unserer Hände will ein Gebet sein,
damit Europa wirklich, “in Werken und in Wahrheit”, an die Bergpredigt glaubt.
Das ist unsere Hoffnung und auch der Grund, auf den sich unsere Missionsarbeit
stützt.
f) Fr. Rafael Teh.[38]
Monrovia
Afrika ist ein unruhiger Kontinent, auf dem die Völker von Tribalismus und
ethnischer Verfeindung zerrüttet sind. Gewalt, Staatsstreiche, Massenflucht,
Verletzung der Menschenrechte, Ausbeutung, Hunger, Armut, Krankheit,
Verzweiflung und Tod gehören hier zur Tagesordnung. Friedlosigkeit und
Ungerechtigkeit sind die beiden Hauptgründe für die Probleme, mit denen heute
Afrika zu kämpfen hat. Vor allem die Ungerechtigkeit ist in vielen Strukturen
praktisch zu Hause. Das ist eine Tatsache. Es gibt wenige Reiche mit
unermesslichen Besitztümern und ein Heer von Entrechteten ohne Land, die in
extremer Armut leben. Der Macht einiger weniger steht die Ohnmacht und
Versklavung der vielen gegenüber.
Wer sich in Afrika der Gesundheit der Menschen annehmen will, sieht sich
mit folgenden Herausforderungen konfrontiert: chronische Unterernährung, diarrhöische
Krankheiten, an denen vor allem die schlechte Wasserqualität und die mangelnden
hygienischen und sanitären Anlagen Schuld sind, Malaria und andere
Infektionskrankheiten, AIDS, fehlende Finanzmittel, eine hohe
Kindersterblichkeitsrate, an der erneut die Unterernährung und fehlende Hygiene
Schuld ist... also alles Übel, die mit einer wirksamen Grundversorgung und
Vorbeugung vermieden werden könnten.
Die Wirtschaftskrise und die daraus folgenden Einsparungen haben die
Wirksamkeit des Gesundheitsdienstes weiter geschwächt. Die hohen Arzneimittel-
und Krankenhauskosten machen es vielen Menschen, vor allem aus den ländlichen
Gebieten, unmöglich, sich in ärztliche Pflege zu begeben. So bilden Krankheit
und Armut einen Teufelskreis, aus dem kein Ausweg führt: man wird krank, weil
man arm ist und wird noch ärmer, weil man krank ist.
In dieser Situation führen wir Barmherzigen Brüder tagtäglich unseren
Auftrag im Krankendienst durch. In ihr erscheinen unsere Krankenhäuser wie
Oasen in der Wüste. Das kann ich bezeugen, besonders hier in Monrovia, wo unser
Krankenhaus im Bombenlärm und inmitten der Zerstörungen des Krieges weiter
aktiv geblieben ist und wie ein wahres “Gotteshaus” für alle Menschen offen
war. Es ist sehr schön, die Freuden- und Dankesbezeigungen der Patienten zu
sehen, die in dieser Oase Zuflucht gefunden haben, und sei es auch nur, um
ihren Durst zu stillen oder ihren letzten Tag auf der Reise zur Ewigkeit zu
verbringen. Die Menschen kommen gerne zu uns wegen des menschlichen Umgangs,
der bei uns gepflegt wird, aber auch weil sie ein Bett mit sauberen Leintücher
vorfinden, in dem sie sich, oft nur kurz, ausruhen können. Wie gern möchte ich
doch, daß solche Oasen der Barmherzigen Brüder überall in der Wüste zu finden
seien, vor allem in den Gebieten am äußersten Rand.
Manchmal ist mir zum Weinen ob dem
Frust und der Ohnmacht, daß ich die Sündenstrukturen der Gesellschaft nicht
ändern kann. In Afrika begegnen wir täglich dem leidenden Antlitz des
Gottesknechtes in den Gesichtern unzähliger Menschen, die in Elend und
Ausbeutung leben, keine Bildungsmöglichkeiten haben und zu einem oft wahrhaft
unmenschlichen Leben verdammt sind.
Andererseits tröstet und richtet mich das Wissen auf, daß jede Tat, die
ein Barmherziger Bruder in der Mission vollbringt, eine MISSIO DEI ist, durch
die er Gott und das ewige Mysterium sichtbar macht. Wenn wir an die Grenzen
unserer menschlichen Belastbarkeit gelangen, gibt er uns die Kraft, die
Abgründe zu durchschreiten, die von der Gier des Menschen aufgerissen werden.
Der Geist unseres Ordens, dessen Wesen Großmut und Hingabe ist, läßt uns offen
sein für neue Wege, auf denen wir uns noch wirksamer in den Dienst der an den
Rand Gedrängten stellen können. Die neue Hospitalität ist eine Aufforderung,
uns von der Mitte zu den Menschen am Rande zu begeben und neue Methoden
ausfindig zu machen, um die Lebensverhältnisse des Armen zu verbessern, sprich,
für die Änderung der abwegigen, gesellschaftlichen Strukturen einzutreten, von
denen diese demütigenden Verhältnisse bewirkt werden.
g) Fr. Juan Bautista Carbó.[39]
Lomé (Togo)
Als Beobachter, der lange Zeit in
Afrika gelebt hat, kann ich sagen, daß das Missionswerk, das vom Orden
insbesondere in den letzten fünfzig Jahren entwickelt wurde, sehr fruchtbar und
viel umfangreicher ist, als das auf den ersten Blick scheinen mag.
Die Barmherzigen Brüder haben ihre
Sendung gemäß folgender Weisung aus "Redemptoris Missio", Nr. 42,
wahrgenommen: “Der Mensch unserer Zeit glaubt mehr den Zeugen als den
Lehrern, mehr der Erfahrung als der Lehre, mehr dem Leben und den Taten als
Theorien. Das Zeugnis des christlichen Lebens ist daher die erste und
unersetzbare Form der Mission."
Wenn wir heute die Orte anschauen, an
denen der Orden wirksam geworden ist, stellen wir fest, daß sich um unsere Krankenhäuser
ganze Siedlungen gebildet haben. Die Brüder haben mit ihrer Präsenz also
wesentlich zur sozialen, wirtschaftlichen und auch religiösen Entwicklung
beigetragen. An manche Orte sind die Brüder noch vor den offiziellen
“Missionaren” gekommen. Damit will ich nicht sagen, daß wir keine Fehler
gemacht haben. Doch wo solche gemacht wurden, waren sie mehr dem Ungestüm und
dem “unbedingt etwas unternehmen wollen” zuzuschreiben, als mangelndem guten
Willen.
Der Zukunft des Hospitalordens in Afrika eröffnen sich vielfältige
Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten, die wahrzunehmen in erster Linie
Sache der afrikanischen Brüder ist, zugleich aber auch eine Herausforderung für
den ganzen Orden sind. Die Zukunft ist vielversprechend. Doch bedarf es der Mitarbeit
aller, um dieses Wachstum zu fördern, das sehr schnell vor sich gegangen ist
und sich gerade deswegen unserer Kontrolle entziehen könnte.
Der Orden muß ganz konkret definieren, wie und was er in Afrika tun will,
denn die Bedürfnisse sind groß und mannigfaltig. Zudem ist zu beachten, daß die
afrikanische Kirche in Zukunft ein großes Gewicht in der Weltkirche haben wird.
Außerdem lastet auf uns eine große Verantwortung, weil wir der einzige
Männerorden sind, der sich ganz dem Dienst an den Kranken und Armen widmet.
Unsere Aufgabe ist deswegen, den Boden zu bereiten und mitzuhelfen, daß das
Charisma der Barmherzigkeit in den jungen Kirchen Afrikas, die voller Leben und
Männer und Frauen sind, die äußerst empfänglich für das Wort Gottes sind, feste Wurzeln faßt.
Sechstes Kapitel
INSTRUMENTE IM DIENST DER
EVANGELISIERUNG
Die gesamte Rechts- und Organisationsstruktur des Ordens hat zum Ziel, das
Sendungsbewußtsein bei den Brüdern und den Auftrag zur Evangelisierung, den
unsere Gemeinschaft durch den Dienst an den Kranken und Hilfsbedürftigen
gemeinsam mit den Mitarbeitern in der Kirche erfüllt, zu beleben, zu fördern
und zu stärken.
In diesem Kapitel wollen wir uns jedoch darauf beschränken, die Organe
darzustellen, die der Orden ausdrücklich für seine Tätigkeit in den
Entwicklungsländern gebildet hat, wobei jene, die von der Generalkurie
ausgegangen sind, von denen, die von den Provinzen eingerichtet wurden,
unterschieden werden sollen.
1. Organe
der Generalkurie im Dienst der Missionsarbeit
a) Missionssekretariat
Unter dem Generalat von P. Moses Bonardi begannen mehrere Ordensprovinzen
Brüder und Mittel der Missionsarbeit in Afrika zu widmen und versuchten auch,
in Indien Fuß zu fassen. Der Orden erlebte in jener Zeit in verschiedenen
Teilen der Welt einen großen Zuwachs, was verständlicherweise dem
missionarischen Elan der Brüder großen Auftrieb gab.
“Zur Ermunterung, Unterstützung, Weiterentwicklung und
Regelung der vielversprechenden Bewegung, durch die der Ruf zur Barmherzigkeit
unseres Ordensvaters Johannes von Gott auch auf den Weiden erschallen soll, die
noch nicht zum Anwesen Christi gehören, damit sie seine Stimme hören und es nur
“eine Herde und einen Hirten” (Joh
10, 16) gebe”[40],
beschloß das Generaldefinitorium bei der Sitzung am 19. Oktober 1957 eine
einheitliche Satzung für die Missionen des Ordens.
Seitdem hat sich die Generalkurie bemüht, nicht nur mit finanziellen
Mitteln die Missionsarbeit zu unterstützen, sondern hat auch hilfreiche
Orientierungen für die Ausbildung der Brüder gegeben, die sich auf einen
Missionseinsatz vorbereiteten, den missionarischen Geist wach gehalten und, in
jüngster Zeit, dafür Sorge getragen, daß auch in Afrika, Lateinamerika, Asien
und Ozeanien die Kriterien der Ausbildungsordnung des Ordens Anwendung gefunden
haben.
Der Kurs, der vom 5. bis 13. Februar 1980 in Rom für unsere in der Mission
tätigen Brüder stattgefunden hat, war ein wichtiges Moment des
Gedankenaustausches und Miteinanders, bei dem die Teilnehmer nicht nur die
Möglichkeit hatten, sich theologisch, charismatisch und pastoral
weiterzubilden, sondern auch im Dialog mit den Mitbrüdern den universellen
Hauch der Missionsarbeit des Ordens greifbar zu erleben. Generalprior war
damals Fr. Pierluigi Marchesi.
Die Charta der missionarischen Solidarität, von der wir
später ausführlicher sprechen werden,
entstand ebenfalls unter dem ersten Generalat von P. Marchesi. Die
Bemühungen zielten damals in erster Linie darauf ab, die Bildungstätigkeit in
Afrika stärker zu koordinieren und den in den Missionen tätigen Brüdern eine
universalistische Kultur zu vermitteln. Die Früchte dieser Bemühungen zeigten
sich in den folgenden Jahren.
b) Der gemeinsame Fonds für die Missionen
Bei der Konferenz der höheren Oberen, die im Oktober 1989 in Rom stattfand,
wurde die Einrichtung eines gemeinsamen Missionsfonds beschlossen, durch den
“der finanzielle Unterhalt der Missionswerke des Ordens” abgesichert werden
sollte. Als Termin für sein Inkrafttreten wurde der 1. Januar 1992 festgesetzt.
Von der Verabschiedung des Beschlusses bis zu seinem Inkrafttreten waren
folgende Schritte geplant:
·
Weiterleitung des Entwurfes zur
Errichtung des gemeinsamen Missionsfonds an die Patres Provinziale mit der
Bitte um Meinungen und Empfehlungen sowie der Angabe der Mittel, die in den
ersten beiden Jahren zur Verfügung gestellt werden konnten;
·
Einsetzung eines Arbeitskreises bei
der Generalkurie zur Orientierung der Einlaufphase;
·
Untersuchung der Koordinations- und
Anbindungsmöglichkeiten an die nichtstaatlichen Organisationen, die vom Orden
gegründet worden waren.
Das Statut des gemeinsamen Missionsfonds wurde im Februar 1992 publiziert.
Als Ziele wurden darin angegeben:
·
Der Orden richtet den gemeinsamen
Missionsfonds zur Unterstützung und zum Ausbau seiner Missionsarbeit ein.
·
Er wird mit dem Ziel gegründet, im
Sinne weltkirchlicher Zusammenarbeit auf weite Sicht alle Kosten der
Missionswerke des Ordens finanzieren zu können.
Nach seinem Inkrafttreten im Januar 1992 “soll sich die Zuständigkeit
des Fonds in einer ersten Phase hauptsächlich auf die Generaldelegaturen in
Afrika und Vietnam konzentrieren.”[41]
c) Die Schule für
Missionskunde in Rom
Die Ausbildung der Brüder war eine der Hauptsorgen von P. Moses Bonardi. Er
war sich der in diesem Zusammenhang bestehenden Lücken vor allem im Bereich der
Missionsarbeit vollauf bewußt:
"Wir
können nicht verheimlichen, daß sich der Orden auf dieses Unternehmen
eingelassen hat, ohne sich große Sorgen um die spezifische Ausbildung der damit
Beauftragten zu machen."[42]
Aus diesem Grund wurde an die Schule für Spiritualität, die 1955 in Rom
errichtet wurde, eine Abteilung für Missionskunde angeschlossen. Die
entsprechende Schulordnung wurde noch im selben Jahr vom Generaldefinitorium
beschlossen und vom Generalkapitel im Jahr 1959 ratifiziert. Ihren offiziellen
Betrieb nahm die Schule am 14. Oktober 1956 auf.
Die Ziele der Schule für Missionskunde waren im Art. 1 ihrer internen
Ordnung festgelegt:
"Angesichts
der Missionsarbeit, die von einigen Ordensprovinzen geleistet wird, und der
besonderen Erfordernisse dieses Apostolats, das sich zunehmend entwickelt, wird
der internationalen Schule für Spiritualität eine missionarische Abteilung
angeschlossen, an der die Brüder, die zu einen Einsatz in den Missionen
bestimmt sind, spirituell, moralisch und kulturell vorbereitet werden
sollen."
P. Bonardi erklärte den Zweck der Schule folgendermaßen:
"Die
Schule, die in Rom mit dem Schuljahr 1956-1957 ihre Tätigkeit aufnehmen soll,
hat zum Zweck, den Missionaren alle erforderlichen rechtlichen, kanonischen,
sprachlichen, medizinischen und hygienischen Kenntnisse zu vermitteln, damit
sie ihre apostolischen und fachlichen Aufgaben mit Sicherheit und Gelassenheit
sowie einer angemessenen Vorbereitung übernehmen können."[43]
In Art. 33 der Schulordnung wurden die Voraussetzungen für die Zulassung
zur Schule aufgeführt:
"Die
Provinzen, die vorhaben oder planen, in Missionsländern tätig zu werden, müssen
an diese missionarische Abteilung die Brüder mit feierlicher Profeß geben, die
sie in die Missionen entsenden wollen. Die Brüder müssen die körperlichen,
geistigen und moralischen Voraussetzungen haben, die zur Ausübung des
Hospitalapostolats in den Missionsländern erforderlich sind."
Die Grundlinien des Lehrplanes, der an der Abteilung für Missionskunde zur
Anwendung kam, sind in den Artikeln 34 und 35 beschrieben:
"Die
Schüler an der missionarischen Abteilung sollen ein oder zwei Jahre lang die
Kurse besuchen, die am Päpstlichen Wissenschaftlichen Missionsinstitut des
Päpstlichen Athenäums von Propaganda Fide gehalten werden, sowie einen
einjährigen Kurs in Missionsmedizin absolvieren, um das internationale
Krankenpflegediplom zu erlangen" (Art. 34).
"In
einer Sonderordnung werden die Spezialkurse angegeben, die sie besuchen sollen,
um ihre Eignung für die künftige Missionstätigkeit, der sie sich gemäß dem
Geist des Ordens widmen sollen, zu verbessern" (Art .35).
Die Schule für Spiritualität und Missionskunde wurde in den ersten Jahren
im Krankenhaus zum hl. Johannes Calibita auf der Tiberinsel untergebracht, bis
1963 das internationale Bildungszentrum bzw. Kolleg des Ordens in der Via della
Nocetta in Betrieb genommen wurde.
Rückschauend kann gesagt werden, daß durch die Schule für Spiritualität und
Missionskunde mit ihren Kursen in Theologie, Spiritualität, Hospitalität und
Missionskunde einer beträchtlichen Anzahl von Brüdern eine solide Ausbildung
gegeben und dadurch das spirituelle, religiöse und apostolische Niveau des
Ordens in den Jahren vor und nach dem Konzil wesentlich verbessert werden
konnte.
Hinsichtlich der Abteilung für Missionskunde sind vor allem zwei positive
Aspekte hervorzuheben:
·
Einerseits gingen aus ihr eine
Reihe qualifizierter Brüder hervor, die später in den Missionsländern tätig
geworden sind und mit ihrem Fachwissen und Können die Ausbreitung des Ordens
mit neuen Gründungen in Afrika, Amerika und Asien ermöglicht haben.
·
Andererseits haben die Brüder, die
an ihr ausgebildet wurden (unabhängig davon, ob sie später in die Missionen
gingen oder nicht), dazu beigetragen, daß ordensweit die Sensibilität für die
Missionsarbeit wuchs, was wiederum den Ausschlag dazu gab, daß verschiedene
Provinzen neue Werke in den Entwicklungsländern gründeten oder bestehende
unterstützten. Die Früchte der Schule sind bis heute sichtbar, denn viele Brüder,
die an ihr ausgebildet wurden, wirken bis heute in unseren Missionswerken.
Seit einigen Jahren hat die Schule für Spiritualität und Missionskunde ihre
Tätigkeit eingestellt, einmal weil sich die Gegebenheiten und Bedürfnisse
geändert haben und zum anderen weil heute die Bildungsangebote in den Provinzen
viel reichhaltiger sind. Trotzdem steht das Zentrum weiterhin für Brüder offen,
die ihre Ausbildung in Rom absolvieren.
c) Generalsekretariat für Pastoral
Das Generalsekretariat für Pastoral entstand unter dem Generalat von P.
Pierluigi Marchesi mit dem Ziel, der Evangelisierungs- und Pastoralarbeit des
Ordens neuen Impuls zu geben.
Obwohl das unmittelbare Zielfeld dieses Organs nicht die Missionstätigkeit
war, gingen von ihm viele wertvolle Anregungen für die Evangelisierungsarbeit
des Ordens aus. Von den verschiedenen Dokumenten, die vom Sekretariat
publiziert wurden, sei an folgende erinnert:
·
"Was ist die
Krankenpastoral?"
(1980). Mit dieser Schrift wurde "Evangelii nuntiandi" auf die
Gegebenheiten des Ordens übertragen.
·
"Die
apostolische Dimension des Hospitalordens vom hl. Johannes v. Gott" (1982). Dieses Dokument illustrierte die
Grundlagen und Zielsetzungen der Evangelisierungsarbeit des Ordens.
2. Interprovinzielle und Provinzorgane
Die Provinzen, die Konvente und Werke in den Missionsländern unterhalten,
haben in der Regel Organisationsstrukturen, die für die Animation des Lebens
der ganzen Provinz zuständig sind. Trotzdem haben sich diese Provinzen seit
jeher bemüht, die Konvente und Werke in den Entwicklungsländern mit besonderen
Initiativen und Instrumenten zu unterstützen. Zudem hat sich die Generalkurie,
wie wir gesehen haben, dafür eingesetzt, die Zusammengehörigkeit des Ordens auf
der ganzen Welt zu festigen, so daß vielerorts zwischen den Provinzen Projekte
und Initiativen in effektiver Gemeinschaft und Zusammenarbeit realisiert
wurden. Auf diesem Hintergrund entstanden die interprovinziellen Sekretariate,
die es heute in allen Ordensteilen gibt. Weil sie einen besonderen Bezug zu unserem
Thema haben, werden in der Folge kurz CIAL (Interprovinzielle Kommission der
Region Lateinamerika) und APIPC (Interprovinzielle Kommission der Region
Asien/Pazifik) dargestellt.
a) CIAL OH: Interprovinzielle Kommission der Region Lateinamerika
Die Interprovinzielle Kommission der Region Lateinamerika ist mit
dem Ziel gebildet worden, die Erneuerungsbestrebungen des Ordens in
Lateinamerika gemäß den Weisungen des Zweiten Vatikanischen Konzils zu
koordinieren. Das Jahr 1979, auch das Jahr der Erneuerung genannt, wurde
so für die Ordensteile in Lateinamerika wie für alle Provinzen zu einem wahren
Gnadenjahr.
Nach einer intensiven Sensibilisierungs-, Motivations- und
Vorbereitungsarbeit auf allen Ebenen wurden eine Reihe von Programmen
eingeleitet und erfolgreich durchgeführt, durch die alle Brüder in
Lateinamerika gezielt zur Erneuerung ihres Ordenslebens als Barmherzige Brüder
motiviert und hingeführt wurden.
Nach der planmäßigen Abhaltung von vier Erneuerungskursen in Bogotá
(Kolumbien) spürte man, als man Bilanz zog, das Bedürfnis, mithilfe eines
permanenten Organs der Entwicklung, die man eingeleitet hatte, Kontinuität zu
geben.
Der Gedanke, ein Gremium zur Animation aller Kommunitäten in Lateinamerika
einzurichten, ging vom damaligen General, Fr. Pierluigi Marchesi, sowie den
Provinzialen aus Kolumbien und Spanien und ihren Delegaten aus.
Auf ihre Initiative entstand am 17. Oktober 1979 das Lateinamerikanische
Sekretariat für Erneuerung (SELARE), durch das die Animation des Hospitalordens
in Lateinamerika neue Impulse erhalten sollte. Der Satzungsentwurf, nach dem es
zunächst arbeitete, wurde in der Folge definitiv approbiert.
SELARE entstand als eine Einrichtung ohne Gewinnstreben, die sich in den
Dienst des Ordens und der in der Krankenpastoral Tätigen in Lateinamerika
stellte. Seine Zielstellung lautete: "Den Erneuerungsprozeß in den
verschiedenen Bereichen so koordinieren und fördern, daß die Wirkungskraft des
Ordens in Lateinamerika wächst.”
Von den zahlreichen Tätigkeiten, die von SELARE ausgegangen sind, verdienen
erwähnt zu werden:
Ordensintern:
· Im Rahmen einer Reihe von gezielten Besuchen bei allen Kommunitäten in den
verschiedenen Nationen wurden die Dokumente der katholischen Kirche, ihrer
jeweiligen Dikasterien und der Generalkurie vorgelegt.
· Es wurden Ausbildungskurse für Animatoren der Kommunitäten, für Ausbilder,
zur Vorbereitung auf die feierliche Profeß, zur Krankenpastoral und für
Hausobere angeboten.
· Im Dezember 1979 erschien die erste Ausgabe des Informationsheftes SELARE,
durch das die Brüder informiert und motiviert sowie Dokumente und Arbeiten
allgemeinen Interesses über das Ordensleben, die ständige Weiterbildung und die
Krankenpastoral publiziert wurden.
· Zugleich begann man unter dem Namen SELARE eine Bücherreihe herauszugeben,
in der bisher ca. 50 Bände zu den im vorigen Punkt genannten Themen erschienen
sind.
· Außerdem wurde in Zusammenarbeit mit der Universität "San
Bonaventura" von Bogotá ein Fernkurs zur Ausbildung von
Pastoralassistenten im Gesundheitsdienst angeboten.
Ordensextern:
Alle Initiativen, die von SELARE durchgeführt wurden, hatten zum Ziel, die
Pastoralarbeit im Gesundheitsdienst besser zu strukturieren und zu
organisieren. Die Instrumente, die zu diesem Zweck konzipiert wurden, sind auch
den Ortskirchen in den verschiedenen Nationen angeboten worden, die gern davon
Gebrauch gemacht haben, auch weil es vielfach die einzigen sind, die sie sich
erlauben können.
SELARE fördert, organisiert und wirkt bis heute aktiv an zahlreichen
öffentlichen Initiativen mit, die die medizinische Ethik, die Krankenpastoral
sowie die Theologie und Spiritualität der Krankheit zum Thema haben.
Am 30. Oktober 1989 stimmte die Generalkurie der Satzung zu, mit der, wie
in anderen Ordensregionen, in Lateinamerika ein interprovinzielles Sekretariat
errichtet wurde (SAL.OH). Seitdem wurde SELARE zu einer Abteilung dieses
interprovinziellen Sekretariats. Bei einer Sitzung in Cochabamba am 13.
September 1996 wurde es zu CIAL OH (Interprovinzielle Kommission für die
Animation in Lateinamerika) umgebildet. In Übereinstimmung mit den Leitlinien,
die beim 63. Generalkapitel in Bogotá beschlossen wurden, führt die Kommission
in Zusammenarbeit mit SELARE die vorher erwähnten Tätigkeiten fort und ist gern
zu neuen weiterführenden Initiativen bereit, die das Wachstum des Ordens und
der Kirche in Lateinamerika fördern helfen können.
b) Interprovinzielle Kommission der Region Asien/Pazifik
1979 wurden die Kommunitäten und Werke des Ordens in Asien als ein eigener
Bereich anerkannt. In jenem Jahr wählten die Brüder der Region Asien nämlich
erstmals eigene Repräsentanten zur Teilnahme am Außerordentlichen
Generalkapitel. In derselben Weise verfuhr man beim Generalkapitel 1982.
Am 25. Februar 1991 errichtete die Generalleitung des Ordens nach Rücksprache
mit den Oberen der Kommunitäten und Werke des Ordens in Asien das
interprovinzielle Sekretariat der Region Asien (AIPS). Am 15. Februar 1996
stimmte die Generalleitung einer Satzungsänderung zu, die bei einer
Zusammenkunft des Sekretariats im Oktober 1995 in Manila beschlossen worden war
und die Eingliederung der Australischen Provinz in die Region Asien vorsah. Die
Entscheidung, sich der Region Asien anzugliedern, hatte die Australische
Provinz angesichts der vielen kulturellen Parallelen und Verbindungen zwischen
den beiden Kontinenten getroffen. Seitdem nennt sich die Kommission
interprovinzielle Kommission der Region Asien/Pazifik (APIPC).
Das Ziel der Kommission ist, die
Tätigkeiten der einzelnen Kommunitäten und Werke des Ordens in der Region Asien/Pazifik
in gemeinsamen Interessenbereichen zu koordinieren. Die Kommission hat einen
Exekutivausschuß, der aus dem Präsidenten, dem Sekretär/Geschäftsleiter und aus
einem anderen gewählten Mitglied besteht. Der Exekutivausschuß beratet und
beschließt im Namen und Auftrag der gesamten Mitglieder der Kommission all jene
Angelegenheiten, die ihm von der Kommission zugewiesen werden.
Die Kommission fördert bzw. koordiniert:
· die Zusammenarbeit in den Bereichen der Pastoral, der Missionen, des
Lebensstils, der Ausbildung, der Laienmitarbeiter und der Leitung und
Verwaltung;
· die Ausbildung eines stärkeren Bewußtseins hinsichtlich der Anforderungen,
vor denen der Orden in Asien steht, damit er eine effektivere Präsenz erlangen kann. Eine solche Präsenz ist dann
gegeben, wenn der Orden durch frische und innovative Ausdrucksformen der
Hospitalität fest in Asien Wurzeln faßt;
· die Anträge um Hilfe an die internationalen Organisationen;
· die Erstellung wirksamer Programme in den Bereichen der Ausbildung und des
Lebensstils;
· den Austausch von Erfahrungen und Personalkräften unter den Kommunitäten
und Werken des Ordens in Asien.
Bei der Sitzung in Manila im Oktober 1995 beschloß die Kommission auch die
Errichtung eines regionalen Bildungsinstitutes zur Förderung der spirituellen,
kulturellen und professionellen Ausbildung der Heil- und Sozialberufe in Asien.
Hauptziel des Instituts ist, Brüder und Mitarbeiter auf die Übernahme leitender
Funktionen in unseren Werken vorzubereiten. Die Kommission gibt ein
dreimonatlich erscheinendes Informationsblatt heraus, in dem sie über ihre
Tätigkeiten und wichtige Ereignisse in der Region informiert.
c) Stiftung “Juan Ciudad” NGO (Nichtstaatliche Organisation)
Zur wirksameren Mittelbeschaffung für ihre Werke in Afrika beschlossen die
spanischen Provinzen, an ihr Interprovinzielles Sekretariat eine
Einrichtung anzugliedern, welche dank großer Zuwendungen von seiten
öffentlicher und privater Institutionen und ihres rührigen Einsatzes für die
Bedürfnisse der Menschen in Afrika am 1. November 1991 vom Bildungs- und Wussenschaftsministerium
sowie vom Wirtschafts- und Finanzministerium Spaniens als Lehr- und
Forschungsstiftung anerkannt wurde.
Die Stiftung widmet sich der Entwicklung und Förderung des
Gesundheitsdienstes in der sogenannten Dritten Welt und bemüht sich, im Rahmen
des Möglichen, die 33 Gesundheitszentren und 15 Sozialstationen des Ordens mit
insgesamt 4.000 Betten in Afrika und Lateinamerika zu unterstützen. Die
Grundorientierung ist zwar die, vor allem für die Werke des Ordens zu arbeiten,
aber zugleich wirkt sie auch an gezielten Projekten und Initiativen anderer
Einrichtungen und Organisationen mit.
Die Stiftung hat ihren Sitz in Madrid und zählt mehrere
Zweigniederlassungen in den Regionen Spaniens. Seit Juni 1994 gehört sie zu den
nichtstaatlichen Organisationen, die von der Regierung gefördert werden.
Die Ziele der Stiftung sind:
· die Gesellschaft für die Mängel und Bedürfnisse in der Dritten Welt vor
allem im Hinblick auf den Gesundheitsdienst sensibilisieren;
· den Werken des Ordens in Afrika und in Lateinamerika zu den erforderlichen
personellen, technischen und wirtschaftlichen Ressourcen verhelfen;
· bei den öffentlichen und privaten Einrichtungen, die im Bereich der
internationalen Kooperation und Entwicklungsarbeit tätig sind, um finanzielle
Hilfe für die Projekte ansuchen, die von den Werken des Ordens vorgelegt
werden;
· an der Bildungsarbeit zur Entwicklung der Länder mitarbeiten, in denen die
Werke des Ordens stehen;
· Informations- und Lehrtätigkeit in unserer Industriegesellschaft über
mögliche präventive und kurative Eingriffe in den unterentwickelten Ländern
durchführen;
· dafür Sorge tragen, daß die Werke des Ordens in der Dritten Welt als
“Verteiler und Multiplikatoren” der
Ressourcen dienen, damit ihr ganzes Einzugsgebiet davon profitiert.
Die Tätigkeiten sind natürlich unmittelbar auf die obengenannten Ziele
hingeordnet:
· Leitung und Finanzierung der Entwicklungsprojekte;
· regelmäßige Sendung humanitärer Hilfen;
· Förderung, Bildung und Orientierung der internationalen freiwilligen
Helfer;
· Organisation von Kursen und Seminaren zur Sensibilisierung der spanischen
Gesellschaft;
· regelmäßige Publikation einer Zeitschrift zur Sensibilisierung und
Bekanntmachung der Tätigkeit der Werke des Ordens in Afrika und in Lateinamerika.
d) Verein der Barmherzigen Brüder für die fernen Kranken - AFMAL
AFMAL (Abkürzung der italienischen
Benennung Associazione con i Fatebenefratelli per i malati lontani) ist
ebenfalls eine nichtstaatliche Organisation, die ohne Profitstreben im Bereich
des Gesundheitsdienstes und der internationalen Entwicklungsarbeit tätig ist.
Der Verein wurde am 30. Oktober 1979 zur Zusammenarbeit mit den zivilen
ehrenamtlichen Helfern gegründet und als solcher vom italienischen
Außenministerium am 17. Juli 1987 anerkannt. Seit 1993 gehört er zu den von der
Europäischen Union anerkannten nichtstaatlichen Organisationen. Der Verein
steht unter der Schirmherrschaft unseres Ordens und wird von ihm unterstützt.
Sein Hauptinteresse gilt der
Entwicklung und Durchführung gesundheitsfördernder Maßnahmen, wobei ein
besonderes Augenmerk sozial orientierten medizinischen Programmen gewidmet
wird. So ist der Verein einerseits im medizinischen Bereich mit Präventiv-,
Pflege- und Rehabilitationsmaßnahmen aktiv, andererseits aber auch in
Zusammenarbeit mit anderen nichtstaatlichen Organisationen und humanitären
Vereinen an agrartechnischen Projekten und Bildungsinitiativen beteiligt.
AFMAL wählt und bildet im In- und im
Ausland ehrenamtliche Helfer und professionelles Personal aus.
Zur Zeit arbeitet der Verein an
konkreten und spezifischen Programmen auf den Philippinen. Außerdem führt er
regelmäßig Sensibilisierungskampagnen durch, um die öffentliche Meinung auf
Probleme der Unterentwicklung, wie Hunger, Krankheit und Isolation, vor allem
in den ärmsten Ländern, hinzuweisen. Zu diesem Zweck werden Seminare und
Konferenzen, Werk- und Studienwochen durchgeführt, Informations- und Lehrmaterial angeboten sowie ein
Informationsheft publiziert.
IV.
TEIL
HOSPITALITÄT
HEUTE
Siebtes
Kapitel
DIE
NEUE BLÜTE DER HOSPITALITÄT
1. Europa: dynamische Kraft des Ordens
Die Krise, die die Kirche und unser Orden in der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts erlebten und den Orden in Ländern wie Spanien, Portugal und
Frankreich, in denen er eine jahrhundertelange Tradition hatte, auslöschte,
wurde allmählich überwunden. Wie wir weiter vorne gesehen haben, konnte sich
der Orden dank der Initiative und Hilfe der italienischen Brüder langsam wieder
organisieren.
Wenn es eine Landkarte mit den Standorten der Häuser des Ordens aus dem
Jahr 1900 geben würde, würden wir feststellen, daß sich sein Wirkungskreis
ausschließlich auf Europa beschränkte, sieht man von den Häusern ab, die Ende
des Jahrhunderts in Israel gegründet worden waren. Das bedeutet, daß Europa die
dynamische Triebkraft für die Ausbreitung des Ordens in den anderen Teilen der
Welt und auch in anderen Ländern Europas, wie z.B. in Jugoslawien, war. Die
Ausbreitung erfolgte auf folgende Weise: Die spanischen Provinzen gründeten Niederlassungen
in Süd- und Mittelamerika und in Afrika; die französische Provinz in Afrika und
Kanada; letztere weitete ihren Wirkungskreis auf die Vereinigten Staaten und
Vietnam aus; die irische Provinz gründete Häuser in Australien und Neuseeland,
Südkorea und jeweils ein Haus in den Vereinigten Staaten und in Afrika; die
bayerische Provinz gründete Niederlassungen in Japan; die rheinische in Indien,
die englische in Afrika, die portugiesische in Brasilien und in Afrika, die
lombardische in Afrika und die römische auf den Philippinen.
Dieses überwältigende Wachstum gibt Zeugnis von der Lebenskraft des
Ordenscharismas, von seinem kirchlichen, apostolischen und missionarischen
Geist, vom schlichten und evangelisch wirksamen Zeugnis der Brüder, von der
großen sozialen Leistung unserer Häuser und von der Unterstützung, die unser
Orden überall erfahren hat.
Das ständige Drängen der Kirche, neue Länder zu evangelisieren, der Wunsch
des Ordens, seine Tätigkeit in Ländern wieder aufzunehmen, in denen er bereits
tätig gewesen war, seine missionarische Berufung, das Verlangen, den Armen und
Kranken überall im Stil des hl. Johannes v. Gott zu dienen und das evangelische
Zeugnis der Brüder, das in manchen Fällen bis zum Martyrium ging, waren die
ausschlaggebenden Motive, denen wir heute den Umstand verdanken, daß unsere
Gemeinschaft auf allen fünf Kontinenten in über 50 verschiedenen Ländern aktiv
ist.
a) Die apostolische Tätigkeit unserer Häuser
Im 20. Jahrhundert hat der Orden seine apostolische Tätigkeit hauptsächlich
in ihm gehörenden Einrichtungen entfaltet, in denen er auf dringende
Bedürfnisse der Bevölkerung eine Antwort zu geben versuchte.
Heute gehören in Europa so seelisch kranke Menschen, geistig und körperlich
Behinderte und behinderte Kinder ebenso zum Tätigkeitsspektrum des Ordens wie
allgemeine Krankenhäuser, Altenheime, Obdachlosenheime und andere
Einrichtungen, in denen man sich neuer Bedürfnisse annimmt.
In diesen Einrichtungen haben wir Brüder uns bemüht, unsere apostolische
Sendung im Stil des hl. Johannes v. Gott zu erfüllen. Es war unser Anliegen, in
den Dienst der Patienten stets die besten und modernsten technischen Mittel zu
stellen. Zugleich haben wir uns bemüht, daß die Pflege ein humanes Gesicht
hatte und der religiösen Betreuung der gebührende Stellenwert gegeben wurde.
Die Aufnahme aller Menschen ohne Unterschied, die an die Türen unserer
Einrichtungen klopften, und das Bestreben, die Würde der Armen und Kranken
stärker zur Geltung zu bringen, kennzeichneten in besonderem Maße das Wirken
des Ordens in diesem Jahrhundert.
Es war eine schwere Zeit für den Alten Kontinent. Der Unterhalt der Werke
erforderte große Anstrengungen. Über weite Strecken konnten sie nur dank der
Almosen erhalten werden, die unser Orden von zahlreichen Gönnern empfing. Das
Verdienst hierfür gebührt unseren ehemaligen Bettelbrüdern, die ein für das
Überleben des Ordens grundlegendes Apostolat durchführten. Schließlich begann
man, die Rechte der Armen und Kranken vor den öffentlichen Behörden geltend zu
machen und zu ihrer Versorgung die Unterstützung der Solidargemeinschaft
einzufordern. Auch hier hat der Orden seine prophetische Stimme erhoben und ein
Stück Pionierarbeit geleistet. Heute sind seine Werke fast überall in Europa in
das öffentliche Gesundheits- und Sozialnetz eingebunden. .
Weitere Bereiche, in denen der Orden einen maßgeblichen Beitrag zur
Evangelisierungsarbeit der Kirche geleistet hat, waren die Krankenpastoral und
die Bioethik. Vor allem in den letzten Jahren hat sich der Orden intensiv
bemüht, diese Bereiche in unseren Einrichtungen durch eine systematischere und
besser strukturierte Organisation wirksamer zur Geltung zu bringen.
Im 20. Jahrhundert haben sich tiefgreifende Veränderungen in der
Gesellschaft, im Gesundheitswesen wie auch in der Kirche und im Orden
vollzogen. In diesem Umbruch hat der Orden eine große Anpassungs- und
Reaktionsfähigkeit bewiesen, indem er mit Schöpfergeist seine Werke den neuen
Gegebenheiten angepaßt hat, das, was modernisiert werden mußte, modernisiert
hat, das, was aufgegeben werden mußte, aufgegeben hat und dort, wo es notwendig
war, neue apostolische Wirkformen wagte. All das war dank seiner ständigen
Erneuerungsbereitschaft und Offenheit für den Heiligen Geist und seiner festen
Rückbindung an die tieferen Wurzeln unserer Tradition möglich.
b) Verwicklung in Situationen von Gewalt und Verfolgung
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stand Europa unter dem Zeichen einer starken
sozialen und politischen Instabilität, die sich das ganze Jahrhundert hindurch
spürbar machte. Zwei Weltkriege, der Bürgerkrieg in Spanien, die
Machtergreifung der totalitären Regime mit den sich daraus ergebenden
Verfolgungen der kirchlichen Einrichtungen und zuletzt der Balkankrieg sind die
traurige Bilanz dieses Jahrhunderts in Europa, das zugleich wichtige
Entdeckungen, Entwicklungen und Fortschritte hervorbrachte.
Mit Ausnahme des Balkankrieges, war unser Orden an all diesen Konflikten
und Verfolgungen direkt beteiligt. Doch auch in den dramatischen Gegebenheiten
von Krieg und Zerstörung haben die Brüder nie ihr Hauptziel aus den Augen
verloren und sich selbstlos dem Dienst an den Armen und Kranken gewidmet.
Im spanischen Bürgerkrieg (1936‑1939) haben 98 Brüder im Dienst der
Hospitalität den Tod gefunden. 71 davon sind von Papst Johannes Paul II.
am 25. Oktober 1992 seliggesprochen
worden. Für 19 ist das entsprechende Verfahren noch im Gang.
Die zwei Weltkriege führten für den Orden in
den Ländern, die in den Krieg verwickelt waren, vielfach zur Zerstörung seiner
Häuser, zu Verarmung und Elend, und in manchen Fällen auch zur Verfolgung und
Inhaftierung der Brüder, die bis zuletzt versuchten, am Krankenbett zu bleiben.
Deutschland und Österreich: Die zwei Weltkriege haben in den deutschsprachigen
Provinzen unauslöschliche Zeichen hinterlassen. Die Brüder erlebten große Not
und wurden vielfach zu Opfern der Verfolgung. Unbedingt erwähnt werden muß in
diesem Zusammenhang die Gestalt des Dieners Gottes Fr. Eustachius Kugler,
dessen Seligsprechung zur Zeit in Rom betrieben wird.
Wie alle anderen Einrichtungen in den beiden Nationen, erlitten auch die
Häuser des Ordens schwere Beschädigungen im zweiten Weltkrieg, vollzogen danach
jedoch auch den großen Aufschwung mit, den die beiden Länder erlebten. Heute
haben die Barmherzigen Brüder in Deutschland und Österreich best ausgerüstete
Einrichtungen, in denen ein von der Qualität her ausgezeichneter fachlicher und
humaner Dienst angeboten wird.
Osteuropa: Nach dem zweiten Weltkrieg haben in den Ländern
Osteuropas totalitäre Herrschaftssysteme die Macht ergriffen. Dieser Umstand
hatte für die Kirche im allgemeinen und für den Orden im besonderen traurige
Folgen, denn das Verbot der Ordensgemeinschaften, das in vielen von ihnen
erlassen wurde, führte praktisch zum Erlöschen des Ordens. Viele Brüder wurden
verfolgt und inhaftiert, weil sie ihrer Berufung als Barmherzige Brüder treu
blieben. Ein besonders beeindruckendes Zeugnis gab in dieser Zeit
der Provinzial der Böhmisch-Mährischen Provinz, Fr. Cölestin Sule, der im
Januar 1951 im Gefängnis in Brünn starb.
Einst blühende Provinzen wie die Jugoslawische, Rumänische, Ungarische, Böhmisch-Mährische
und Slowakische schrumpften zu einer kleinen Gruppe von Brüdern zusammen, die
mutig durchgehalten haben und bis zum Fall der totalitären Machthaber ihrer
Berufung treu geblieben sind. Obwohl der Orden verboten wurde, gelang es
einigen Brüdern weiterhin heimlich ihr Hospitalapostolat in Krankenhäusern oder
im privaten Bereich auszuüben. Heute versucht der Orden, mithilfe der wenigen
alten Brüder, die überlebt haben, seine Präsenz in diesen Regionen
neuzubeleben. Besondere Unterstützung erhalten bei diesem Unternehmen die
Ordensteile in Mitteleuropa von der österreichischen und von der bayerischen
Provinz.
Schlesische Provinz: Die wenigen Brüder dieser Provinz, zum größten Teil
deutscher Abstammung, die den zweiten Weltkrieg überlebten, durften nicht mehr
in die Provinz zurückkehren, weil die Region von nun an zum polnischen
Staatsgebiet gehörte. Deswegen bildeten diese Brüder einen neuen Ordensteil in
Deutschland, die Generaldelegatur Frankfurt a/M., aus der später die Rheinische
Provinz wurde (seit 1997 Rheinische Generaldelegatur). Schlesien ist zur Zeit
eine Generaldelegatur.
In Polen
waren die Folgen des politischen Umsturzes nicht so dramatisch. Obwohl der
Staat alle Häuser des Ordens beschlagnahmte, wurde den Brüdern erlaubt, in
Gemeinschaften zu leben und die Hospitalität auszuüben.
Wie wir gesehen haben, waren die Konsequenzen dieser Zeit für den Orden
schwerwiegend und die Verluste groß. Trotzdem war das Verhalten der Brüder
beispielhaft: Mit großer Hingabe, Treue und Frömmigkeit blieben sie in dieser
krisengeschüttelten Zeit Gott, der Kirche, dem Orden und den Kranken treu.
Nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte und entfaltete sich der Orden mit
neuer Kraft in den Ländern Westeuropas. Der Samen des Martyriums und das
lebendige Zeugnis der Brüder trug reiche Frucht. Der Orden war nicht
zurückgeschreckt, selbst seine wertvollsten Güter zu opfern, so wie Christus am
Kreuz sein Leben geopfert hat. Diese Opferbereitschaft war der fruchtbare
Boden, auf dem der Orden wieder aufblühte. Heute haben wir die Zuversicht, daß
der Samen des Martyriums und des Zeugnisses der Brüder, die uns vorausgegangen
sind, weiter Frucht trägt, und der Herr bei den Brüdern von heute und morgen
dieselbe Opferbereitschaft und Hingebungsfähigkeit vorfindet.
c) Die Industriekrise und die Notwendigkeit einer neuen Evangelisierung
Die verschiedenen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Krisen, die
Europa in diesem Jahrhundert erlebte, hatten auch eine gute Seite und haben der
Entwicklung und dem Fortschritt in den einzelnen Ländern unter vielen
Gesichtspunkten großen Auftrieb gegeben.
Der Fortschritt von Wissenschaft und Technik, der gemeinsame Markt, die
internationalen Institutionen, die übernationalen Industrieketten, neue
Beschäftigungsformen u.v.m. haben unter sozialem Gesichtspunkt vielerorts zu
einem Lebensstandard geführt, der gemeinhin unter dem Namen Wohlfahrtsstaat
bekannt geworden ist. Wir leben in einer Gesellschaft, in der der Bürger genau
definierte Rechte und Pflichten hat.
Unter dem Gesichtspunkt der Gesundheit, haben die Krankenversicherungen
dazu geführt, daß die medizinische Versorgung in der Mehrheit der europäischen
Länder zu einem festen Recht geworden ist, auf das man in vielen Fällen
unentgeltlich Anspruch hat, wobei die besten Systeme und Techniken in den
Dienst der Bürger gestellt werden.
Das hat zugleich jedoch zu einer Gesellschaft voller Kontraste geführt, in
der es wachsende Randgruppen und Elendsgebiete gibt. Außerdem hat das
Wertesystem einen starken Umbruch erfahren, durch den das Transzendente völlig
in den Hintergrund gedrängt und einem moralischen und ethischen Relativismus
Tür und Tor geöffnet wurden.
Obwohl bereits Paul VI. Europa als Missionsland bezeichnet hatte, war es
Johannes Paul II., von dem konkret der Appell ausgegangen ist, in der Welt, vor
allem in unserem Europa an der Jahrtausendwende, zu einer neuen Evangelisierung
anzusetzen. Dabei geht es nicht darum, ein neues Evangelium zu verkünden,
sondern das Evangelium mit neuen Methoden und neuem Elan sichtbar und erfahrbar
zu machen.
Den Gott des Lebens als obersten Wert des Menschen und der Welt gegenwärtig
machen, nicht nur mit Worten, sondern auch mit dem eigenen Leben Zeugnis geben,
für den Schutz des Menschen und seines Rechtes, geboren zu werden, würdig zu
leben und zu sterben, eintreten, sind die Pfeiler des Evangeliums, die heute
wie gestern von der Kirche in der Welt verteidigt werden müssen.
Der
Orden bemüht sich, an der neuen Evangelisierung Europas mit seiner Tätigkeit im
Gesundheits- und Sozialwesen mitzuwirken. Ein ganz auf Gott hingeordnetes und
vom persönlichen und gemeinschaftlichen Gebet gespeistes Leben, brüderliche
Lebensgemeinschaften, die im Namen des Herrn versammelt sind, und der
apostolische Dienst an den Armen und Kranken bilden dabei die Grundsäulen.
Der
Hintergrund, auf dem der Orden versucht, effektiv an der neuen Evangelisierung
aus dem eigenen Charisma heraus mitzuwirken, sind:
· Hellhörigkeit für neue Nöte und entsprechende Handlungsformen (psychisch
Kranke, chronisch Kranke, Obdachlose, Drogenabhängige, AIDS-Kranke, Sterbende
usw.);
· Öffnung zu und Einbindung der weltlichen Mitarbeiter in den Ordensauftrag;
· Zusammenarbeit mit kirchlichen und anderen Einrichtungen;
· Förderung des Pastoraldienstes und der Bioethik.
Im
Europa von heute ist es sehr wichtig, daß Ordensgemeinschaften wie unsere mit
Schlichtheit Zeichen setzen, die von den Werten des Evangeliums Zeugnis geben.
Dazu gehört: Sensibilität für die Schwächsten zeigen und Offenheit,
Dienstbereitschaft und Nähe für die am wenigsten beschützten sozialen Gruppen
demonstrieren. Zugleich haben wir die Aufgabe, dauernd den Pflegestandard in
unseren Häusern nach dem Vorbild des heiligen Johannes von Gott zu verbessern.
Dazu gehören technische Neuerungen ebenso wie die Humanisierung, der Schutz der
Rechte der Patienten ebenso wie die Zusicherung einer angemessenen religiösen
Betreuung, das Eintreten für ethische Werte ebenso wie die Verteidigung des
Lebens in allen seinen Phasen.
c) Länder, in denen der Orden tätig ist
Deutschland: In Deutschland ist der Orden durch die bayerische
Provinz mit 50 Brüdern und 8 Einrichtungen sowie durch die Rheinische
Generaldelegatur mit 12 Brüdern und 3 Einrichtungen vertreten. In den letzten
Jahrzehnten erlebte der Orden in Deutschland einen progressiven Rückgang der
Brüderzahl, während die Einrichtungen, vor allem in Bayern, durch den
Modernisierungs- und Technisierungsprozeß der Gesellschaft immer komplexer
wurden. Die Verantwortlichen sind dieser neuen Realität dadurch
entgegengetreten, daß sie eine wachsende Zahl von Mitarbeitern aktiv am
Apostolat in den Häusern beteiligten, von denen das Weiterbestehen der Häuser
im Geist des hl. Johannes v. Gott gewährt wird.
England:
Französische Brüder gingen 1877 nach England und gründeten ein Haus in Scorton.
Von 1934 bis 1953 bildeten England und Irland eine Provinz. Danach wurde die
Irische Provinz zur Unbefleckten Empfängnis und die Englische Provinz zum
heiligen Beda gegründet. Angesichts der rückläufigen Brüderzahl und dem
Ausbleiben neuer Berufe hat die Englische Provinz nach eingehender Überlegung
beschlossen, die Leitung der großen Werke abzugeben und sich anderweitig zu
betätigen. Zur Zeit hat sie ein Allgemeinkrankenhaus in Scorton, eine
Tagesstätte für psychisch Kranke und 11 Wohngruppen für geistig Behinderte, die
zwischen 1989 und 1993 errichtet wurden. Außerdem führt sie ein Pastoralzentrum
in Hemlington, das 1992 gegründet wurde. 1961 errichtete die Provinz ein Werk
in Lusaka (Sambia), das 1982 nach Monze verlegt wurde. Zur Zeit zählt die
Provinz 19 Brüder.
Frankreich: In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war das
Leben der Brüder und der Patienten bedingt durch die beiden Weltkriege sehr
hart und schwer. Vor allem im ersten Weltkrieg zeichneten sich die Brüder durch
ihren aufopferungsvollen Dienst in den Feldlazaretten und Militärkrankenhäusern
aus.
Heute
bemühen sich die Brüder, im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf die Bedürfnisse der
Kranken und Hilfsbedürftigen zeitgemäße Antworten zu geben. Die französische
Provinz zählt 8 Einrichtungen, die alle aufgrund der besonderen französischen
Gesetzeslage zu zivilen Körperschaften konstituiert wurden. Außerdem gehören
zur Provinz ein Altenheim auf der Mauritiusinsel (Pamplemousses) und ein
Behindertenheim auf der Insel La Reuniòn. Die Provinz hat 80 Brüder.
Irland: Der
Beginn des Ordens in Irland geht ebenfalls auf französische Brüder zurück, die
in Tipperory ein Heim für querschnittgelähmte Kinder gründeten. In der Zeit
danach erlebte der Orden in Irland denselben Werdegang wie in England, bis 1953
die Irische Provinz zur Unbefleckten Empfängnis gegründet wurde, die in der
Folgezeit ein beeindruckendes Wachstum erlebte: nachdem neue Gründungen in
Irland entstanden waren, weiteten die irischen Brüder ihr Wirkungsfeld 1956
nach Australien und 1959 nach Südkorea aus. Außerdem gründeten sie ein Heim für
Behinderte in New Jersey in den USA. Heute zählt die Provinz 9 Einrichtungen,
an die ein Netz von Wohngruppen für Behinderte angeschlossen ist, und ein
Missionswerk in dem afrikanischen Staat Malawi. Die irische Provinz hat derzeit
65 Brüder.
Italien: Die
zwei Weltkriege mit allen ihren Folgen haben den Orden in Italien in der ersten
Hälfte des Jahrhunderts tief gezeichnet. Dazu kamen die restriktiven Maßnahmen
des Staates, die teilweise zur Auflösung und Schließung der Krankenhäuser
führten. Das Ausbleiben neuer Berufe verschärfte die Krise noch weiter.
Trotzdem gelang es unseren beiden italienischen Provinzen, der römischen und
der lombardischen, in dieser Zeit, neue Gründungen zu errichten.
Eine
herausragende Gestalt dieser Zeit ist der heilige Richard Pampuri, ein Arzt und
Mitbruder der Lombardischen Provinz. Er starb am 1. Mai 1930 in Mailand, wurde
von Papst Johannes Paul II. am 4. Oktober 1981 selig- und dann am 1. November
1989 heiliggesprochen.
In
der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben die Brüder versucht, mit
Kreativität und Universalismus auf die Bedürfnisse der Armen, Kranken und
Randgruppen einzugehen. Heute führen sie, neben Allgemeinkrankenhäusern,
Einrichtungen, in denen chronisch Kranke, Behinderte, psychisch Kranke und Alte
betreut werden. Außerdem haben sie Werke im Ausland gegründet, und zwar die
lombardische Provinz in Afrika und die römische auf den Philippinen. Zur Zeit
leiten die beiden Provinzen, die zusammen 125 Brüder zählen, in Italien
insgesamt 23 Einrichtungen, zu denen die beiden Werke gezählt werden müssen,
die von der Generalkurie abhängen, das Krankenhaus auf der Tiberinsel und das
Zentrum in der Via Nocetta.
Österreich: Die Österreichische Provinz
besteht aus 35 Brüdern und leitet 10 Einrichtungen, darunter 7
hochqualifizierte Allgemeinkrankenhäuser. Aufgrund ihrer langen Tradition
genießen die Barmherzigen Brüder bei der Bevölkerung in Österreich großes
Ansehen. Bedingt durch die immer kleiner werdende Brüderzahl hat die
Provinzleitung eine fruchtbare Entwicklung der Öffnung hin zu den Mitarbeitern
eingeleitet. Das Ziel, das man sich dabei gesetzt hat, ist, den Mitarbeitern
die Werte der Hospitalität zu vermitteln. Heute sind bereits mehrere Häuser der
Leitung von Mitarbeitern anvertraut.
Polen: In Polen besteht der Orden aus der polnischen Provinz
und der schlesischen Generaldelegatur. Bereits vor dem Fall des totalitären
Herrschaftssystems konnten hier die Brüder teilweise eigene Werke leiten, die
zum größten Teil mit homöopathischer Medizin und im Bereich der Betreuung
geistig und psychisch kranker Menschen arbeiteten. Heute bemühen sich die
Brüder, obzwar nicht ohne Schwierigkeiten, die Rückschläge zu überwinden, zu
denen die lange Zeit der Isolation vom Rest des Ordens geführt hat. Dank der
intensiven Anstrengungen, die in den Bereichen der Grund- und Weiterbildung
unternommen werden, erobert der Orden langsam wieder das Prestige zurück, das
er seit 1853, als die Schlesische Provinz errichtet wurde, und seit 1922, als
die polnische Provinz wiedererrichtet wurde, bei der Bevölkerung genoß. Heute
hat der Orden in Polen 14 Einrichtungen und 90 Brüder.
Portugal: Bis
1927 gehörten die portugiesischen Ordenshäuser zur spanischen Provinz. 1927
wurde unter P. General Raphael Mayer die portugiesische Generaldelegatur
errichtet. Am 27. März 1928 wurde dann aus den vier bestehenden Einrichtungen
für geistig Kranke die portugiesische Provinz zum hl. Johannes v. Gott
konstituiert.
Die
Betreuung geistig und psychisch kranker Menschen bildet bis heute den
Tätigkeitsschwerpunkt der Provinz. Alle Häuser der Provinz, mit Ausnahme von
Montemor-o-Novo, sind der psychiatrischen Pflege gewidmet. Zusammen mit den
Hospitalschwestern decken die Barmherzigen Brüder in Portugal einen Großteil
der psychiatrischen Versorgung. Die Leistung der Brüder und Schwestern wird
allgemein anerkannt und geschätzt. Zur Zeit zählt die Provinz 13 Einrichtungen,
davon 3 in Brasilien, und 86 Brüder.
Slowakische Republik: Mit dem Tod von Fr. Fabian Macej im März 1997
wurde die Slowakische Vizeprovinz im Mai desselben Jahres als Provinzdelegatur
der österreichischen Provinz angegliedert. Die Gründe für diese Entscheidung
liegen darin, daß nur drei Brüder die totalitäre Herrschaftsepoche überlebt
haben und die neuen Kandidaten zur Zeit noch in den gerade erwähnten
interprovinziellen Ausbildungszentren in Deutschland und Österreich ihre
Ausbildung absolvieren.
Spanien: In
Spanien entwickelte und konsolidierte sich der Orden auf dem von P. Menni
vorgezeichneten Weg. 1934 wurde Spanien unter dem damaligen Provinzial und
heute Seligen Guillermo Llop in drei Provinzen aufgeteilt, nämlich in die
andalusische Provinz zu U.L. Frau vom Frieden, in die aragonische Provinz zum
hl. Erzengel Raphael und in die kastilische Provinz zum hl. Johannes v. Gott.
Nach
dem spanischen Bürgerkrieg erlebten die Provinzen trotz vieler Einschränkungen
und Schwierigkeiten einen großen Zuwachs an neuen Berufen, der die Gründung
neuer Einrichtungen ermöglichte und 1956 auch die Ausweitung der Tätigkeit nach
Afrika. In Übereinstimmung mit dem Ordenscharisma haben die Brüder versucht,
kreativ auf neue Nöte zu reagieren, indem sie Einrichtungen mit einer
ausgeprägt sozialen Orientierung eröffneten, in denen heute Drogenabhängige,
chronisch Kranke, AIDS-Kranke, Sterbende, geistig und psychisch Behinderte
u.v.a. betreut werden. Neben einer von der Qualität hochstehenden Pflege bemüht
man sich besonders um die geistliche Begleitung. Ein besonderes Augenmerk wird
auf ethische Themen und die Mitarbeit ehrenamtlicher Helfer gerichtet. Dadurch
sollen Fortschritt und Menschlichkeit ein harmonisches Ganzes bilden. Zur Zeit
zählt der Orden in Spanien 46 Einrichtungen und 396 Brüder.
Tschechische Republik: Die einst blühende böhmisch-mährische Provinz,
1919 gegründet und dem heiligen Erzengel Raphael gewidmet, besteht heute aus 9
Brüdern, die das totalitäre Herrschaftssystem überlebt haben, das nach dem
zweiten Weltkrieg eingeführt wurde. Mit der Hilfe der österreichischen und
bayerischen Provinz gelang es den Brüdern, 3 der 7 Häuser, die der Orden vor
dem zweiten Weltkrieg hatte, zurückzuerlangen. Die neuen Berufe werden in den
interprovinziellen Ausbildungszentren des Ordens in Deutschland und Österreich
ausgebildet.
Ungarn: Die ungarische Provinz, 1856 unter der
Schirmherrschaft der Unbefleckten Empfängnis gegründet, ist zur Zeit eine
Provinzdelegatur der österreichischen Provinz. Das totalitäre Herrschaftsregime
haben 3 Brüder überlebt. Die Kandidaten werden in den interprovinziellen
Ausbildungszentren des Ordens in Deutschland und Österreich ausgebildet. In
Ungarn hat der Orden 5 Häuser.
Vatikan: Seit 1874 leitet der Orden im Vatikan die weithin
bekannte Vatikanapotheke, in der eine internationale Kommunität von
Barmherzigen Brüdern, die direkt von der Generalkurie abhängt, den Betrieb
führt und zugleich ambulante Pflegedienste in der Vatikanstadt versieht.
2. Der Orden in Amerika heute
a) Der Neubeginn
Die Wiedererrichtung des Ordens in Amerika begann 1901. Neue Gründungen
wurden von diesem Zeitpunkt an durch die spanischen Provinzen und durch die
portugiesische Provinz errichtet. Am 5. Dezember 1994 beschloß das
Generaldefinitorium die drei bis dahin in Lateinamerika bestehenden Vizeprovinzen
zu Provinzen zu erheben. So entstanden die Provinz Mexiko und Mittelamerika zu
U.L. Frau von Guadalupe, die Provinz des Oberen Südamerika zum Ehrwürdigen P.
Francisco Camacho und die Provinz des Unteren Südamerika zum hl. Johannes v.
Avila.
1927 kamen französische Brüder nach Kanada, wo sie 1933 in Montreal das
Krankenhaus “Notre Dame de la Merci” errichteten. 1941 gingen kanadische Brüder
in die Vereinigten Staaten und gründeten 1953 ein eigenes Haus in West Adams
Blvd. in Los Angeles. Portugiesische Brüder gründeten 1963 ein Krankenhaus in
Divinopolis und legten damit den Grundstein zum heute in Brasilien bestehenden
Ordenswerk, das eine Provinzdelegatur der portugiesischen Provinz ist.
b) Beschaffenheit und Tätigkeitsbereiche unserer Werke in Amerika
Der Orden hat in diesem Jahrhundert seine Sendung in Amerika gezielt auf
die hilfsbedürftigsten Armen und Kranken konzentriert. Dabei arbeitete er in
eigenen Einrichtungen, übernahm aber teilweise auch Einrichtungen der
öffentlichen Hand und der Kirche.
Unsere Werke konnten lange Zeit hindurch nur dank der Spenden der
Bevölkerung erhalten werden. Noch heute ist in einigen Ländern Südamerikas das
Almosensammeln eine unerläßliche Hilfsquelle für unsere Häuser, obwohl beinahe
überall durch die wirtschaftliche Entwicklung Abkommen zur Finanzierung der
Häuser mit öffentlichen und privaten Sozialleistungsträgern bestehen.
Die psychiatrische Versorgung bildet den Tätigkeitsschwerpunkt des Ordens
auf dem amerikanischen Kontinent. Praktisch alle Provinzen widmen einen
Großteil ihrer Ressourcen der Pflege und Betreuung von geistig und psychisch
kranken Menschen. Dieser Tätigkeitsbereich bildete, ähnlich wie in Spanien und
Portugal, eine Konstante seit der Wiedererrichtung. Zweifellos gehören geistig
und psychisch kranke Menschen in Lateinamerika zur schwächsten sozialen
Kategorie. Aus diesem Grund widmeten der Selige Benedikt Menni und seine ersten
Gefährten diesen Menschen ihre besondere Zuwendung.
Daneben bewahrte der Orden jedoch stets auch ein offenes Auge für andere
Nöte und neue Bedürfnisse. So wurden etwa mehrere orthopädische Fachkliniken
und Heime für schwerstbehinderte Kinder errichtet.
Daraus entwickelten sich die beiden heutigen Haupttätigkeitsfelder des
Ordens in Südamerika: die Psychiatrie und die Betreuung behinderter Kinder. In
der Zwischenzeit haben andere Bedürfnisse Aufnahme in die Tätigkeitsprogramme
des Ordens gefunden: Obdachlosen, Alten und Randgruppen gehört die
Aufmerksamkeit der Brüder ebenso wie Basismedizinprogrammen und heilerzieherischen
Initiativen, die in Zusammenarbeit mit den Ordenskrankenhäusern durchgeführt
werden.
Außer diesen praktischen Maßnahmen ist der Orden in Amerika bemüht, die
Werte zu fördern und weiter zu vermitteln, die dem Charisma des hl. Johannes v.
Gott zugrunde liegen. Dies geschieht durch die konkrete Förderung der
Krankenpastoral, die Förderung der ehrenamtlichen Mitarbeiter, die Verteidigung
der ethischen Prinzipien der Kirche, die Humanisierung, durch Angebote zur
fachlichen und humanen Fortbildung sowie durch eine vernünftige Anwendung der
modernsten technischen Mittel.
Trotzdem bleibt noch viel zu tun. So wäre zum Beispiel ein breiter
gefächertes Tätigkeitsspektrum denkbar. Außerdem wäre zu überlegen, ob der
Orden seine Tätigkeit mehr auf einige Länder als auf andere konzentrieren
sollte, um den Bedürfnissen der Kranken, Armen und Randgruppen wirksamer
gerecht zu werden.
c) Länder, in denen der Orden tätig ist
In Südamerika ist der Orden wieder in den Ländern tätig, in denen er vor
seinem Erlöschen im 19. Jahrhundert gewirkt hatte. Außerdem weitete er seinen
Wirkungskreis auf Nordamerika aus. Konkret gibt es die Barmherzigen Brüder in
folgenden Ländern:
Argentinien: Sanatorio San Juan de Dios (Ramos
Mejia), Allgemeinkrankenhaus; Hospital San Juan de Dios (Lujan), psychiatrisches
Fachkrankenhaus ; Consultorio San Juan de Dios (Hurlingham), Beratungsstelle.
Bolivien: psychiatrische Klinik "Gregorio Pacheco"
(Sucre); psychiatrische Klinik “San Juan de Dios” (Cochabamba); psychopädagogisches
Zentrum (Sucre).
Brasilien: Hospital Sao Joao de Deus
(Divinopolis), Allgemeinkrankenhaus; Residencia Sao Joao de Deus (Itaipava), Altenheim;
Hospital Sao Joao de Deus (Pirituba), Einrichtung für geistig Behinderte.
Chile: Sanatorio Maritimo San Juan de Dios (Vina del Mar), Heim
für behinderte Kinder; Hospital Psiquiatrico Ntra. Sra. del Carmen (Santiago
del Cile), psychiatrisches Fachkrankenhaus.
Ecuador: Centro de Reposo San Juan de Dios (Quito), Einrichtung
für geistig kranke Menschen; Albergue nocturno San Juan de Dios (El
Tejar-Quito), Obdachlosenheim.
Kanada: 1940 wurde die kanadische Ordensprovinz zur Gnadenvollen
Jungfrau Maria errichtet. Später dehnten die kanadischen Brüder ihren
Aktionsradius nach Vietnam und den Vereinigten Staaten aus. Zur Zeit gibt es
drei Kommunitäten in Montreal und eine in Quebec. Die Brüder, 20 an der Zahl,
sind in einer Therapiegemeinschaft für Drogenabhängige und in einem Heim für
Obdachlose tätig und arbeiten in Krankenhäusern und anderen Diensten mit.
Kolumbien: Allgemeinkrankenhäuser: Clinica San
Rafael (Santafe de Bogotá); Clinica San Juan de Dios (La Ceja); Hospital
Parroquial Bto. Benito Menni (Machetà). Einrichtungen für geistig und psychisch
kranke Menschen: Hospital San Rafael (Pasto); Clinica San Juan de Dios (Chia);
Clinica San Juan de Dios (Manizales); Clinica N.S. de la Paz (Santafe de
Bogotá). Weitere Einrichtungen in der Hauptstadt: Krankenpflegeschule "S.
Rafael"; Instituto San Juan de Dios (Kolleg) und Centro de Salud San Juan
Grande (Poliklinik in einem Elendsviertel).
Kuba: Sanatorio San Juan de Dios (Havanna), Einrichtung für
geistig kranke Menschen; Clinica San Rafael (Havanna), ursprünglich ein Heim
für poliokranke Kinder, heute Altenheim. Zur Zeit wird ein Altenheim in
Camaguey gebaut.
Mexiko: Sanatorio Psiquiatrico San Juan de Dios (Zapopan),
psychiatrische Klinik; Sanatorio Psiquiatrico N.S. de Guadalupe (Cholula),
psychiatrische Klinik; Clinica San Rafael (Tlalpan); psychiatrische Klinik.
Peru: Hogar Clinica San Juan de Dios (Lima),
orthopädisches Fachkrankenhaus; Hogar Clinica San Juan de Dios (Arequipa),
Kinderkrankenhaus, an das ein Rehabilitationszentrum angeschlossen ist und von
dem aus von den Brüdern eine Pfarrei mitbetreut wird; Clinica San Juan de Dios
(Chiclayo), Heim für behinderte Kinder; Clinica San Juan de Dios (Cuzco), Heim
für behinderte Kinder; Centro de Reposo San Juan de Dios (Piura),
psychiatrische Einrichtung.
Venezuela: Hospital San Juan de Dios (Caracas),
Kinderkrankenhaus; Clinica San Rafael (Maracaibo), Kinderkrankenhaus mit
Unfallmedizin, Orthopädie und Rehabilitation. Hospital San Juan de Dios
(Merida), psychiatrische Klinik.
Vereinigte Staaten: 1950 wurden die Häuser in den USA zu einer Vizeprovinz und einige Jahre
später zur Provinz zur Seligsten Jungfrau von den Engeln erhoben. Heute hat die
Provinz drei Häuser, die sich in Los Angeles, Ojai e Apple Valley befinden.
Außerdem hat der Orden ein Heim für lernbehinderte Menschen im Bundesstaat New
Jersey, das von der irischen Provinz betrieben wird.
3.
Afrika: neue Lebenskraft für den Baum der Hospitalität
a)
Treue zum Charisma in schwierigen Situationen
Unser
Orden ist entstanden, um für die Schwächsten da zu sein. In Afrika war es für
den Orden nie schwer, diesem Kernauftrag treuzubleiben, weil die Brüder und
ihre Werke überall gebraucht und geschätzt werden. Im Gesundheitsdienst in
Afrika besteht nämlich nach wie vor großer Handlungsbedarf, so daß unsere
Arbeit allerorts als dringend notwendig bezeichnet werden kann.
Der Orden verfügt nicht über eine Struktur bzw. über die notwendigen
Mittel, um Katastrophensituationen zu bewältigen. Das ist auch nicht seine
Aufgabe. Doch wenn solche Situationen dort, wo wir Brüder tätig sind,
eintreten, sind wir stets an der Seite der Kranken und Hilfsbedürftigen
geblieben.
In den letzten Jahren hat die soziale, politische und wirtschaftliche
Instabilität in vielen Ländern Afrikas zu von Gewalt und Krieg beherrschten
Situationen geführt, die zahlreiche Opfer gefordert haben. Obwohl bisher kein
Bruder in Afrika eines gewaltsamen Todes gestorben ist, stehen wir in
verschiedenen von Krieg und Gewalt heimgesuchten Regionen an vorderster Front.
Im folgenden möchten wir in diesem Zusammenhang besonders auf die Lage in drei
Nationen hinweisen:
· Mozambique: Im Juni 1975 kamen Unabhängigkeitsbewegungen
totalitärer Prägung (mit an der Spitze FRELIMO) an die Macht, von denen die
Verstaatlichung aller Bildungs-, Sozial- und Gesundheitseinrichtungen,
einschließlich der der Kirche und des Ordens, angeordnet wurden.
Die Brüder kehrten darauf nach Portugal
zurück, mit Ausnahme von Fr. Manuel Nogueira, der sich weiter der Pflege von
Kranken und der Evangelisierung widmete, wofür er 1979 zweimal ins Gefängnis
kam. Heute leben und wirken Brüder, zwar in ruhigeren Gegebenheiten, aber nicht
ohne Schwierigkeiten (unsere ehemaligen Werke sind immer noch beschlagnahmt),
in Nampula.
· Liberia: 1990 kam es durch eine Gruppe von Rebellen zu einem
bewaffneten Aufstand gegen das damalige Regime. In den erbitterten Kämpfen, die
unzählige Menschenleben, darunter auch das des Staatspräsidenten, kosteten,
wurde unser Krankenhaus zu einem Zufluchtsort für viele Menschen, die vor dem
Krieg flüchteten. Die Brüder haben in dieser Zeit Großartiges unter humanitärem
und evangelischem Gesichtspunkt geleistet, bis man sie evakuierte. Danach wurde
unser Krankenhaus geplündert und schwer beschädigt.
Sofort nach dem Krieg kehrten die
Brüder, trotz der unsicheren Verhältnisse, am 7. Juni 1991 nach Liberia zurück,
um das Krankenhaus wieder aufzubauen und ihre missionarische Tätigkeit wieder
aufzunehmen. Im April 1996 flammte der Konflikt erneut mit dramatischen Folgen
für die Zivilbevölkerung auf. Trotzdem beschlossen die Brüder freiwillig, in
ihrem Krankenhaus in der Hauptstadt Monrovia zu bleiben.
· Sierra Leone: Analog zu dem Nachbarland Liberia kam
es in Sierra Leone 1995 zu einem bewaffneten Aufstand durch eine Gruppe von
Rebellen gegen die Staatsregierung. Die Folge war Terror, Zerstörung und der
Tod unzähliger Menschen. Nachdem durch die Abhaltung demokratischer Wahlen die
Befriedung des Landes erreicht zu sein schien, stürzte ein neuer Staatsstreich
im Jahr 1997 das Land erneut ins Chaos.
Die Brüder, die in unserem
Missionskrankenhaus in Lunsar im Inneren des Landes im Einsatz sind, leben in
ständiger Bedrohung. In das Krankenhaus sind bereits mehrere Male bewaffnete
Rebellen eingedrungen. In der Umgebung kam es zu schweren Auseinandersetzungen.
Bisher sind die Brüder noch jedesmal mit dem Schrecken davongekommen und widmen
sich weiter unerschrocken den vielen Kranken, Hilfesuchenden und Flüchtlingen,
die zu ihnen kommen.
b) Bemühungen, den Orden nach Afrika zu verpflanzen
Der Hospitalorden begann sein Wirken in Afrika im 20. Jahrhundert mit einer
Gründung in Mozambique (1943), auf die bald weitere folgten, und zwar in Somalia
(1955), Ghana (1956), Togo (1961), Sambia (1962), im Indischen Ozean auf der
Insel La Reunion (1962), Liberia (1963), Sierra Leone (1967), Kamerun (1968),
Benin (1970), Senegal (1975) und Malawi (1992). Einige dieser Gründungen wurden
zu stabilen Niederlassungen, andere mußten aufgegeben oder woanders hin verlegt
werden. Dieser starke missionarische Impuls ist einerseits der wachsenden
Brüderzahl zu verdanken, die die europäischen Provinzen (Portugal, Spanien,
Italien, England und Frankreich) in dieser Zeit verzeichneten, und andererseits
dem Wunsch, dem Appell zur Missionsarbeit Folge zu leisten, den die Kirche mit
besonderem Nachdruck nach dem II. Vaticanum lanciert hatte. Der Orden
mobilisierte eine große Zahl von Brüdern und Mitteln für den afrikanischen
Kontinent. Und auch als sich in den Mutterprovinzen der Rückgang der Berufe
empfindlich spürbar machte, blieb dieser Missionsbereich ein privilegierter
Tätigkeitsschwerpunkt des Ordens.
c) Konkrete Maßnahmen mit diesem Ziel
Unser Orden ist sich seit jeher bewußt, daß er mit seiner Sendung daran
mitwirken soll, das Reich Gottes bis in die verborgensten Winkel der Erde
auszubreiten. In Afrika hat er dazu in diesem Jahrhundert große Anstrengungen
unternommen. Die wichtigsten Maßnahmen in diesem Sinn waren folgende:
· Eine Gruppe von Provinzen beschließt, das Werk des Ordens nach Afrika
auszuweiten. 1943 gründet die portugiesische Provinz die erste Niederlassung
des Ordens in diesem Jahrhundert in Afrika. Andere Provinzen ziehen nach.
· Mit der Schaffung einer Abteilung für Missionskunde, die, wie wir weiter
vorne gesehen haben, 1955 an die Schule für Spiritualität angeschlossen wurde,
gaben P. General Moses Bonardi und sein Nachfolger P. Higinio Aparicio der Missionstätigkeit
des Ordens einen bedeutenden Impuls.
Durch sie wurde ordensweit eine
neue Sensibilität für die Missionen gefördert. Zahlreiche Brüder wurden an ihr
in qualifizierter Weise auf ihren späteren Einsatz in den Missionen
vorbereitet. Die Brüder, die an ihr ausgebildet wurden, aber dann nicht in die
Mission gingen, trugen dazu bei, das Bewußtsein und die Sensibilität für die
Missionen zu stärken. Es steht außer allem Zweifel, daß diese Schule einen
maßgeblichen Beitrag zur Verstärkung des missionarischen Wirkens des Ordens
geleistet hat
·
Ausgehend von den 50iger Jahren stellten immer mehr
Provinzen Mittel und Brüder für die Missionstätigkeit zur Verfügung. In wenigen
Jahren entstanden so zahlreiche Neugründungen, in denen bis heute eine
intensive apostolische, soziale und gesundheitsfördernde Arbeit betrieben wird.
·
Eine der Hauptsorgen in Afrika war immer die Erweckung
und Ausbildung einheimischer Berufe. Insbesondere seit den 80iger Jahren, in
denen das Buch “Die Ausbildung des Barmherzigen Bruders” auf Gesamtordensebene
erschien, geht man in diesem Bereich in koordinierterer und systematischerer
Form vor.
·
Die Errichtung der afrikanischen Generaldelegatur leitete
eine wichtige Entwicklung ein. Es war nicht leicht, Brüder, Konvente und Werke
aus verschiedenen Kulturkreisen zusammenzubringen. Trotzdem gelang es 1989
unter P. General Brian O’Donnell, nachdem es einige Jahre hindurch einen
Koordinator für alle Häuser Afrikas gegeben hatte, die Generaldelegatur zu
errichten, die ein praktisches Zeichen der Offenheit und Universalität setzte.
Das Projekt dazu war bereits unter dem Generalat von P. Pierluigi Marchesi
entstanden.
Unter der Leitung der Generaldelegatur
wurden auf dem Schwarzen Kontinent große Schritte nach vorne in verschiedenen
Bereichen gemacht: Ausbildung, Leitung und Verwaltung, Lebensstil u.v.a.
Trotzdem bleibt noch ein großes Stück Weg zurückzulegen.
·
Die Arbeit, die der Orden in Afrika leistet, ist sehr
umfangreich und von unschätzbarem Wert.
·
Ein weiterer wichtiger Aspekt, den wir zum Schluß
unterstreichen möchten, ist die Aufnahme und Eingliederung zahlreicher
ehrenamtlicher Helfer aus dem Ausland in unseren Häusern für befristete Zeit.
Von diesen Einsätzen profitieren nicht nur die Brüder und die Werke, sondern
auch die Helfer selbst, die nach Afrika kommen. An ihnen vollzieht sich nämlich
auf sinnbildliche Weise der Ausspruch des hl. Johannes v. Gott: “Brüder,
tuet euch selbst Gutes..."
d) Die Internationalität der Ausbildungszentren
Zu Beginn wurde die Ausbildung in Afrika wie in den Mutterprovinzen
durchgeführt. In manchen Fällen gab man die Postulanten nach Europa, weil sich
die Brüder in der Mission nicht in der Lage fühlten, als Ausbilder zu
fungieren. Diese Maßnahme erwies sich jedoch schon bald als ein Mißerfolg.
Angesichts der Unbeständigkeit der einheimischen Berufe in Europa beschloß man
so, die Ausbildungstätigkeit erneut direkt in Afrika vorzunehmen.
Da in diesen Jahren jedes Missionshaus des Ordens in Afrika von einer
anderen Provinz abhing und die Entfernungen unter ihnen sehr groß waren, war
jedes Haus gezwungen, den ganzen Ausbildungszyklus allein zu bewerkstelligen,
was natürlich mit großen Schwierigkeiten verbunden war.
In den 70iger Jahren begannen die in Afrika tätigen Brüder den Austausch
untereinander zu suchen, gemeinsame Lösungen anzustreben und gewisse Bereiche
untereinander zu koordinieren. Der Höhepunkt dieser Entwicklung wurde 1980
erreicht, als in Rom unter dem Generalat von P. Pierluigi Marchesi im Rahmen
der Erneuerungskurse auch ein Kurs für die in der Mission tätigen Brüder
abgehalten wurde.
Trotzdem blieben einige Schwierigkeiten bestehen. Insbesondere im
Bildungsbereich fehlte es an Brüdern mit der notwendigen Eignung, um dem
afrikanischen Nachwuchs, der immer zahlreicher an die Türen des Ordens klopfte,
eine angemessene Ausbildung zu gewährleisten. Anfang der 80iger Jahre
beschlossen die kastilische und die aragonische Provinz, ihre Novizen in das
Noviziat der andalusischen Provinz nach Nguti in Kamerun zu geben, und
eröffneten so einen neuen Zyklus fruchtbarer Zusammenarbeit. Bald verfuhr man
auch mit den Scholastikern in der gleichen Weise und bildete sie gemeinsam in
Afagnan in Togo aus, wo sie, neben ihrer religiösen und humanen Bildung, in
Zusammenarbeit mit der Krankenpflegeschule des Krankenhauses “Villa San Pietro”
der römischen Provinz ihre fachliche Ausbildung zu Krankenpflegern erhielten.
Die Zusammenarbeit verlief jedoch nicht ohne Rückschritte und
Schwierigkeiten. Deswegen berief der Generalprior im März 1985 eine Versammlung
nach Afagnan in Togo ein, bei der einstimmig beschlossen wurde, daß der Orden
durch die Gewinnung und Ausbildung einheimischer Berufe endgültig in Afrika
heimisch gemacht werden sollte und dazu alle beteiligten Provinzen Personal und
Mittel zur Verfügung stellen sollten. Als konkrete Schritte dazu wurden der Bau
eines gemeinsamen Noviziates in Lomé (Togo) sowie eines gemeinsamen
Scholastikates in Koforidua (Ghana) beschlossen. Den beiden Zentren wurde ein internationales
Gepräge gegeben, um den Kandidaten eine möglichst homogene Ausbildung zu
gewährleisten.
Im November 1986 fand in Lomé (Togo) am Sitz des Noviziats unter der
Leitung von Fr. Valentin Riesco der erste Ausbildungskurs für die in Afrika in
der Ausbildung tätigen Brüder statt. Bei dem Kurs, an dem zehn Brüder
teilnahmen, wurden die Kriterien und Leitlinien des Buches “Die Ausbildung des
Barmherzigen Bruders” auf die afrikanischen Gegebenheiten übertragen. Bei zwei
Folgetreffen wurde Zielkontrolle gehalten und neue Pläne entworfen.
1986 genehmigte die Regierung von Togo die Errichtung einer Krankenpflegeschule
am Ordenskrankenhaus in Afagnan, an der in der Folge die jungen Brüder ihre
Ausbildung zu Krankenpflegern erhielten. Die Schule nahm den Betrieb am 12.
Dezember 1989 mit einer ersten Klasse von 20 Schülern auf. Aus der Schule sind
bis heute 36 Diplomkrankenpfleger und 44 Hilfskrankenpfleger hervorgegangen. In
den Schulkurs 1994-1997 sind 27 Schüler eingeschrieben. Bedauerlicherweise ist
der Schule bisher nicht die Befugnis zuerkannt worden, die entsprechenden
Studientitel zu vergeben. Verhandlungen in diesem Sinn sind, vor allem zum Wohl
der Schüler, mit den verantwortlichen Behörden im Gang
Die Internationalisierung der Ausbildungszentren hat sich als ein sehr
kluger Schritt zur festeren Konsolidierung des Ordens in Afrika herausgestellt.
Durch die Zusammenlegung der Ausbildungszentren hat nicht nur die Qualität der
Ausbildung gewonnen, sondern wurde auch der Zusammengehörigkeitssinn der
afrikanischen Brüder gestärkt, was angesichts der großen Verschiedenheit an
Kulturen, Denkweisen, Brauchtümern usw. grundlegend für ihre gemeinsame Zukunft
ist.
e) Die afrikanische Generaldelegatur
Der Grundstein zu ihr wurde bei der Versammlung in Afagnan im Jahr 1985
gelegt, als man beschloß, eine zentrale Koordinationsstelle unter Einbezug
folgender Länder zu schaffen: Senegal, Sierra Leone, Liberia, Ghana, Togo,
Benin und Kamerun. Das Hauptziel dieser Maßnahme war, bestimmte allgemeine
Kriterien, vor allem im Bildungsbereich, zu vereinheitlichen. Zum ersten
Generalkoordinator wurde Fr. Justino Izquierdo berufen, der 1986 von Fr. Juan
Bautista Carbò abgelöst wurde.
In den vier Jahren, in denen diese Koordinationsstelle bestand, konnte die
Zusammenarbeit unter den Ordenshäusern in Westafrika bedeutend verbessert
werden. Bei mehreren Treffen am Sitz der Koordinationsstelle und im Noviziat in
Lomè (Dezember 1986 und Januar 1988) wurde die eingeschlagene Richtung
bestätigt und neue Impulse zur Weiterführung des Erreichten gegeben..
Nach den Provinzkapiteln 1989 berief die Generalleitung ein Treffen nach
Los Molinos (Madrid) mit den neuen spanischen Provinzialen und den Brüdern ein,
die aus Afrika zu den Provinzkapiteln gekommen waren. Außerdem wurden die
Provinziale aus England und Portugal eingeladen. Bei dem Treffen wurde die
Errichtung der afrikanischen Generaldelegatur beschlossen, die dann später von
den betroffenen Provinzdefinitorien ratifiziert wurde. Aus der zentralen
Koordinationsstelle wurde die afrikanische Generaldelegatur, die man unter den
Schutz des heiligen Richard Pampuri stellte. Auch Sambia und Mozambique
schlossen sich ihr an. Zum ersten Generaldelegaten wurde der ehemalige
Generalkoordinator Fr. Juan Bautista Carbò berufen, dem Fr. Justino Izquierdo,
Fr. Benoit Lokossou und Fr. Ivo Tangwa Tatah als Räte zur Seite gestellt
wurden.
Unter der Leitung der Generaldelegatur gelang es, ein gemeinsames Vorgehen
im Bereich der Berufepastoral durchzusetzen, gemeinsame Aufnahmekriterien für
die Kandidaten festzulegen, ein stärkeres, gemeinsames Denken auszubilden und
den Kommunitäten ein internationales Gepräge zu geben.
Die wichtigsten Fortschritte wurden zweifellos im Bereich der
Berufepastoral erzielt. Obwohl man bereits seit 1986 gemeinsame Pläne entworfen
hatte, gab es bei der Umsetzung in der Praxis große Schwierigkeiten. Allmählich
schaffte man es jedoch, nicht zuletzt dank der großen Opferbereitschaft mancher
Brüder, in den Ausbildungszentren eine wirksame Bildungsarbeit zu realisieren
und nach den Kriterien des Ausbildungsbuches des Ordens vorzugehen. Die Früchte
haben nicht auf sich warten lassen: Heute zählt der Orden in Afrika 80
einheimische Brüder, die unserer Ordensfamilie zu großer Hoffnung Anlaß geben.
f) Errichtung von zwei neuen Provinzen in Afrika
Die afrikanische Generaldelegatur erfüllte weitgehend die Hoffnungen und
Erwartungen, die man in sie gesetzt hatte und bereitete den Boden für die
Errichtung der zwei neuen Provinzen vor. Nach der Befragung aller Brüder und
dem Studium aller gangbaren Optionen, beschloß man bei der Konferenz der
Delegatur, die vom 14. bis 19. April 1997 in Lomé (Togo) unter dem Vorsitz von
P. General Pascual Piles stattfand, daß die Ordenshäuser in Afrika nach ihrer
geographischen und sprachlichen Zugehörigkeit in zwei Provinzen gegliedert
werden sollten. Aus dem englischsprachigen Teil wurde die Provinz zur Mutter
der Barmherzigkeit mit Häusern in Ghana, Sierra Leone, Liberia, Kamerun und
Sambia. Aus dem französischsprachigen die Provinz zum hl. Richard Pampuri mit
Häusern in Senegal, Togo, Benin und Mozambique.
Das Generaldefinitorium hat diesen Beschluß bei einer Sitzung am 25. April
1997 ratifiziert und die Provinziale und Provinzräte der beiden neuen Provinzen
ernannt. An die Spitze der Provinz zur Mutter der Barmherzigkeit wurden Fr.
José M. Viadero als Provinzial und die Brüder Raphael Ngong Teh, sac., Justino
Izquierdo, John Oppong, sac., und Ngha Nicholas Mue als Provinzräte berufen.
Die Brüder Jesús Labarta, Leopold Gnami, José M. Chavarri, Benoit Lokossou und
Fiorenzo Priuli wurden hingegen zum Provinzial bzw. Provinzräten der Provinz
zum hl. Richard Pampuri ernannt.
Der Weg zu diesen Entscheidungen war lang und mühsam. Auch der Weg in die
Zukunft kündigt sich schwierig und anstrengend an, wenn man die Größe,
Entfernungen und die sprachliche und kulturelle Verschiedenheit bedenkt. Doch
mit der großen Opferbereitschaft, die die Brüder bisher gezeigt haben, werden
auch diese Schwierigkeiten und Hindernisse überwunden werden. Wir haben die
feste Zuversicht, daß durch die Errichtung der beiden Provinzen das Wirken des
Ordens in Afrika einen wichtigen neuen Impuls erhalten wird.
4) Asien: Die Barmherzigen Brüder in einer Kultur voller Kontraste
Auf dem asiatischen Kontinent hat der Orden in den letzten 35 Jahren einen
großen Beitrag zum Evangelisierungswerk der Kirche vor allem in den
Entwicklungsländern geleistet. Unsere in Asien tätigen Brüder haben in
teilweise sehr verschiedener Weise auf die Bedürfnisse der Armen und Kranken
geantwortet. Der Orden hat die Entwicklung der staatlichen Gesundheitsdienste
und - programme dadurch gefördert, daß er, ohne in Konkurrenz zu den
öffentlichen Einrichtungen zu treten, neue Pflege- und Betreuungsmodelle
eingeführt hat.
In den asiatischen Ländern, wo die Gesundheitsstrukturen fehlten,
konzentrierte der Orden seine Tätigkeit auf medizinische Programme, bei denen
ganz besonders der soziale Hintergrund beachtet wurde. Solche Programme fordern
von den Verantwortlichen nicht nur die Fähigkeit, partnerschaftliche
Beziehungen zur Zielbevölkerung aufzubauen und in Teamarbeit vorzugehen,
sondern auch ein großes Einfühlungsvermögen für die Lage der Armen. Vor allem
ist dazu aber notwendig, daß sie vom Charisma der Hospitalität durchdrungen
sind.
Israel: Nach Israel kamen die Brüder 1891. Auf
die Initiative von P. Alfieri wurden zwei Krankenhäuser gegründet: eines in
Tantur (Jerusalem) und eines in Nazareth, in denen zwei Konvente zum
Krankendienst und zur Ausübung des missionarischen Apostolats gebildet wurden.
Heute hat der Orden in Israel nur mehr das Krankenhaus in Nazareth, das von der
lombardischen Provinz abhängt.
Japan: Die
bayerische Provinz gründete 1951 ein Werk in Kobe. Heute ist Japan eine
Provinzdelegatur mit zwei Werken. Da die japanische Gesellschaft den Wert des
Menschen in eminenter Weise an seiner Leistungsfähigkeit mißt, ist das
christliche Zeugnis der Brüder mit ihrer Zuwendung zu den Schwächsten für die
Kirche von großer Bedeutung. Dieses
Zeugnis geben die Brüder, indem sie sich um Menschen kümmern, die lange
Aufenthalte in psychiatrischen Krankenhäusern hinter sich haben und längere
Pflege und Betreuung brauchen.
Das fürchterliche Erdbeben am 17.
Januar 1995 hat den Konvent und die Kappelle der Brüder in Kobe-Suma
vollständig zerstört und das Gebäude der Einrichtung teilweise schwer
beschädigt. Glücklicherweise gab es weder Tote noch Schwerverletzte. Nach dem
ersten Schock gelang es den japanischen Brüdern mit der Hilfe der bayerischen
Provinz und einem Zuschuß der Regierung, die Gebäude in kurzer Zeit wieder zu
errichten. Das zweite Haus in Kobe-Kita überstand das Erdbeben, ohne Schäden zu
erleiden.
Die Einrichtung in Kobe‑Suma nimmt auch Patienten für kurze Aufenthalte auf, z.B. zur Erholung von Krankheiten, und bietet auch nichtmedizinische Dienste, wie z.B. Kneippkuren, an. Den zahlreichen nichtchristlichen Patienten kommen die Brüder durch ein ökumenisches Pastoralprogramm entgegen.
In Kobe-Kita führen die Brüder
ein Pflegeheim für geistig behinderte Menschen. Das Programm dieses Zentrums
ist auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten.
In einem Land, in dem die
Christen gerade 1% der Bevölkerung ausmachen und es im ganzen 430.000
Katholiken gibt, ist die Zahl der Ordensberufe natürlich sehr gering. Trotzdem
zählt der Orden mehrere japanische Brüder mit feierlicher Profeß.
Vietnam: Kanadische Brüder gingen 1952 nach
Vietnam und ließen sich im Norden des Landes nieder. Nach dem Ausbruch des
Bürgerkriegs wurde das Krankenhaus der Brüder in Tan Bien (Ben Hoa City) vom
Staat beschlagnahmt. Dasselbe Schicksal wurde dem Noviziat in Da Nang City
zuteil. Die kanadischen Brüder mußten das Land verlassen. Seitdem gab es zu den
vietnamesischen Brüdern nur sporadische Kontakte, die größtenteils über die
französische Provinz liefen. In jüngster Vergangenheit hat sich die Lage jedoch
wesentlich verbessert, so daß heute ein direkter Kontakt möglich ist. Weiterhin
schwierig ist aber, die Erlaubnis dafür zu erhalten, daß Vertreter der Kirche
aus dem Ausland, darunter auch die Mitglieder unserer Generalleitung, in einem
örtlichen Ordenshaus wohnen dürfen, wenn sie zu Besuch kommen. Ebenso schwierig
ist es, daß einheimischen, vietnamesischen Ordensleuten die Ausreise genehmigt
wird.
Die Kapelle der Brüder ist
dauernd mit Menschen gefüllt, die kommen, um vor dem Allerheiligsten und den
Bildern der Gottesmutter, des hl. Johannes v. Gott und des hl. Richard Pampuri
zu beten. Ein weiterer vielbesuchter Ort ist das Grab von Fr. William Gagnon,
einem Mitbruder amerikanischer Abstammung, das sich im Friedhof neben dem Haus
der Brüder in Tan Bien befindet. Fr. William gehörte zur kanadischen Provinz
und war der Gründer des Ordenswerkes in Vietnam. Gemeinsam mit anderen
kanadischen Brüdern war er zuerst als Missionar in Nordvietnam tätig und
flüchtete dann bei Ausbruch des Krieges in den Süden. Fr. William ist als ein
vorbildhafter Barmherziger Bruder im Gedächtnis der Bevölkerung verhaftet
geblieben und genießt große Verehrung. Jeden Tag pilgern Patienten des
Krankenhauses und zahlreiche andere Menschen zu seinem Grab. Im Leben wie im
Tod ist er seinen Brüdern und den Menschen in Vietnam nahe geblieben. Er liebte
Land und Leute aus ganzem Herzen und diente ihnen mit großer Hingabe und
Opferbereitschaft.
Mehrere einheimische Brüder haben
das Diplom zur Ausübung der orientalischen Medizin und der Akupunktur erlangt.
Diese arbeiten in Sozialstationen, wo vor allem Arme gepflegt werden. Außerdem
führen die Brüder einen Betrieb zur Herstellung von Heilkräuterpräparaten, die
sie nicht nur in ihren Sozialstationen vertreiben, sondern auch an die
umliegenden Krankenhäuser abgeben.
Die Brüder werden von zahlreichen
ehrenamtlichen Helfern unterstützt. In sieben Pfarrgemeinden sind
Bruderschaften des hl. Johannes v. Gott mit jeweils mehr als 30 Mitgliedern
entstanden, die Krankenbesuche machen und Sterbende begleiten. Diese an der
Gestalt des hl. Johannes v. Gott orientierten Pfarrgruppen haben um ihren
Anschluß an den Orden gebeten, um an seinen geistlichen Gütern teilzuhaben. Der
feierliche Anschluß fand während des Besuches von P. General im Jahr 1995
statt.
Trotz großer Einschränkungen
gelang es den vietnamesischen Brüdern, viele neue Berufe zu gewinnen und ihnen
eine solide Ausbildung zu geben. Ende 1995 gab es 70 Barmherzige Brüder in
Vietnam. Der ständige Zuwachs an neuen Berufen ist ein vielversprechendes
Zeichen für die Zukunft des Ordens in Vietnam.
Korea: 1959 kamen irische Brüder nach
Südkorea. Heute ist Südkorea eine Provinzdelegatur mit drei Werken. Das große
Verdienst der Barmherzigen Brüder in Südkorea ist, daß sie die Betreuung
geistig und psychisch kranker Menschen humanisiert haben und so ein wichtiges
prophetisches Zeichen in diesem Sektor des Gesundheitsdienstes gesetzt haben.
Die Zukunft kündigt sich angesichts des zahlreichen Nachwuchses sehr
vielversprechend an.
Seit der Inbetriebnahme des
Krankenhauses in Kwangju im Jahr 1960 hat der Orden sein Tun rigoros in den
Dienst der Armen gestellt, die sich die kostspielige Behandlung in den
bestehenden Gesundheitseinrichtungen nicht leisten konnten. Neben der
Hinwendung zu den Ärmsten wurden die Brüder auch in ökumenischer Hinsicht
tätig, indem sie ein Verhältnis enger Zusammenarbeit mit dem örtlichen
Krankenhaus der Presbyterianer zur Versorgung mittelloser Kranker aufbauten,
aus dem sich enge persönliche Beziehungen zwischen den beiden Gruppen
entwickelt haben.
Das Krankenhaus wurde zugleich
zum Stützpunkt verschiedener Hilfsmaßnahmen im Einzugsgebiet. So wurden beispielsweise
regelmäßige Besuche in einem naheliegenden Dorf mit Leprakranken gemacht, auf
der Straße lebenden Kindern und Jugendlichen unentgeltlich medizinische
Behandlung angeboten und ein von der öffentlichen Hand verwaltetes Armenhaus
unterstützt. Über 15 Jahre lang haben Brüder, Novizen und Postulanten
ehrenamtlich jeden Tag in diesem Haus gearbeitet, in dem über 400 Personen in
unmenschlichen Verhältnissen lebten. Ganz besonders schlimm war die Lage der
Geisteskranken und der Waisen. Mit der Genehmigung der öffentlichen Behörden
hat der Orden auf dem Gelände des Hauses ein Gebäude für die Pflege geistig
kranker Menschen errichtet. Dieses Zentrum war damals für Südkorea ein Pilotprojekt.
Mit dem wirtschaftlichen
Aufschwung und der damit einhergehenden Verbesserung des Lebensstandards wurden
auch in Korea Sozialversicherungen eingeführt, durch die heute auch die
medizinische Versorgung des armen Bevölkerungsteiles größtenteils gesichert wird. Die Klinik der Brüder ist auf
Hautkrankheiten, Kinderheilkunde und interne Medizin spezialisiert und wird von
vielen Patienten in Anspruch genommen. Sie dient weiterhin als Stützpunkt für
vielfältige Initiativen. Dazu gehört die Hauskrankenpflege bei Sterbenden und
unheilbar Kranken ebenso wie ein Zentrum für Krebspatienten in der Endphase,
ein Programm für Altenpflege ebenso wie ein Dienst für psychisch kranke
Menschen.
Gestützt auf die Erfahrungen, die
mit dem obenerwähnten Pilotprojekt im Bereich der Arbeit mit geistig kranken
Menschen gesammelt wurden, hat der Orden einen innovativen psychiatrischen
Dienst aufgebaut, der mehr den Charakter eines “Lebenszentrums” als einer
Heilanstalt hat. Diese Leistung hat bei der Bevölkerung große Anerkennung gefunden.
Bis heute ist das Haus der Brüder ein gern besuchter Ort zur Weiterbildung der
in diesem Bereich tätigen Heilberufe. Von den Barmherzigen Brüdern Koreas und
ihren Mitarbeitern sind eine Reihe wissenschaftlicher Bücher und Abhandlungen
zum Thema Geisteskrankheiten und psychischen Problemen veröffentlicht worden.
In Chuncheon, einer nordöstlich
von der Hauptstadt Seul gelegenen Stadt, übernahm der Orden 1984 auf Bitten der
zivilen Behörden und des Ortsbischofes, der vor seinem Tod 1994 erklärte, daß
eines der wichtigsten Werke, das ihm als Bischof gelungen sei, die Gewinnung
der Barmherzigen Brüder für seine Diözese gewesen sei, eine Nachtherberge für
150 Obdachlose. Das Heim wird vom Orden und der Gemeindeverwaltung
partnerschaftlich geführt.
1990 hat der Orden auf Bitten der
Erzdiözese Seoul ein Zentrum für junge lernbehinderte Menschen errichtet. Wegen
der Knappheit an Mitteln und Personal spielen ehrenamtliche Helfer und ganz
besonders Universitätsstudenten bei der Durchführung der Förderungsprogramme
für die Heimbewohner eine bedeutende Rolle.
Die Brüder in Korea haben
erkannt, daß sie, wenn sie weiterhin wirksam im Dienst der Armen tätig sein
wollen, alternative Wege bei der Beschaffung der erforderlichen finanziellen
Mittel gehen müssen. Zu diesem Zweck wurde eine eigene Abteilung geschaffen,
die ausschließlich mit der Sammlung von Spenden für die Werke des Ordens befaßt
ist. Die gesammelten Gelder werden nach dem Gutachten der höheren Oberen für
Projekte zugunsten der Armen oder für Projekte, die vom Staat oder anderen
Sozialträgern keine Hilfe bekommen, eingesetzt.
Indien: Die Entstehung des indischen
Ordensteiles ist von zwei interessanten Aspekten gekennzeichnet. Zum einen
gehörten zur Gründergruppe, die 1969 aus der rheinischen Provinz in Deutschland
kam, zwei einheimische Brüder, die bereits Profeß gemacht hatten. Zum anderen
wurde von Fr. Fortunatus Thanhäuser, der ebenfalls Mitglied der Gründergruppe
war, eine neue Schwesternkongregation ins Leben gerufen. Die Schwestern von der
Nächstenliebe des hl. Johannes v. Gott, so ihr Name, die 1992 ihr erstes
Generalkapitel feierten, arbeiten eng mit den Brüdern zusammen.
Am 1. Januar 1997 wurde die
bisherige Indische Provinzdelegatur der Rheinischen Provinz zur Indischen
Generaldelegatur erhoben
Obwohl das wichtigste Werk der
Brüder in Indien ein Allgemeinkrankenhaus ist, haben sie ein weitgespanntes
Tätigkeitsspektrum, zu dem u.a. ein Armenhaus für chronisch Kranke, ein
Altenheim, eine Sozialstation und nicht zuletzt auch ein Wohnbauprogramm
gehören, durch das bis heute mehr als 2000 armen Familien ein Heim gegeben
werden konnte. Während der laufende Bedarf des Allgemeinkrankenhauses des
Ordens in Kattappana im allgemeinen aus eigenen Mitteln abgedeckt werden kann,
sind die anderen Werke weitgehend auf Hilfe aus dem Ausland, vor allem aus
Österreich und Deutschland, angewiesen. Das Missionswerk der Brüder in Indien
wird seit seiner Gründung maßgeblich von der Österreichischen und von der
Bayerischen Provinz unterstützt- Der in Deutschland operierende Verein
"Indienhilfe des Hospitalordens vom hl. Johannes von Gott e. V."
finanziert seit 1979 ausgewählte Projekte des Ordens in Indien.
In Kattappana, der ersten
Gründung, haben die Brüder am Krankenhaus auch eine Krankenpflegeschule
errichtet, die von der Mahatma Gandhi-Universität anerkannt ist. Im Krankenhaus
kann unentgeltlich eine Notaufnahme und ein ophtalmologischer Dienst in
Anspruch genommen werden, deren ehrenamtliche Helfer auch regelmäßig Besuche in
den armen Dörfern der Umgebung machen.
Im Pratheeksha Bhavan (Haus der
Hoffnung) in der Nähe des Krankenhauses betreuen die Brüder und Schwestern
liebevoll Menschen mit chronischen Krankheiten. In dem Haus werden auch Kinder
aus armen Familien aufgenommen und mittellose Familien unterstützt, die sich in
Not befinden.
In Poonamalle (Madras/Chennai)
befindet sich der Sitz der indischen Generaldelegatur, das Noviziat, das
Postulantat und das Prä-Postulantat. An das Zentrum ist ein Altenheim mit einer
kleinen Sozialstation für arme Familien angeschlossen.
In Deshgaon in Zentralindien ist
eine weitere Gründung des Ordens. Dabei handelt es sich um ein
Gesundheitszentrum mit einigen Zimmern für Notfälle, das auch ambulante Dienste
in den umliegenden Dörfern durchführt.
In Velloor (Kerala) wird zur Zeit
die Gründung einer Behinderteneinrichtung vorbereitet.
Der Orden verzeichnet in Indien
einen ständigen Zuwachs an neuen Berufen. Die jungen Brüder werden zu
Krankenpflegern ausgebildet oder erlernen andere Sozialberufe und erhalten eine
profunde Ausbildung im Geist des hl. Johannes v. Gott, um die Werte und die
Philosophie des Ordens später wirksam in die Praxis umsetzen zu können.
Philippinen: Der langgehegte Traum des
Ordens, auf die Philippinen zurückzukehren, ging 1988 in Erfüllung, als die römische Provinz ein
Ausbildungszentrum und eine Sozialstation in
Quiapo, einem Elendsviertel von Manila, gründete. In einem Land mit so
großen Unterschieden, schwelenden Spannungen und beschränkten Mitteln kann
unser Orden einen wichtigen Beitrag zum Gemeinwohl leisten.
Die Sozialstation in Quiapo ist zwischenzeitlich zu einer Poliklinik
umfunktioniert worden, die unentgeltlich ihre Dienste anbietet. 1996 wurde
zudem eine Schule für taubstumme Kinder eingerichtet, in der auch Kurse zur
Berufsausbildung von Jugendlichen durchgeführt werden.
In Amadeo (Cavite) wurde 1990 ein Noviziat errichtet, an das 1996
eine Einrichtung für lernbehinderte Kinder angeschlossen wurde.
Die philippinische Provinzdelegatur der römischen Provinz ist die
jüngste Gründung des Ordens in Asien. In Zusammenarbeit mit der
Ortskirche kann der Orden in diesem Land, dem katholischsten ganz Asiens, einen
wichtigen Beitrag zur Evangelisierung leisten.
4) Ozeanien: neue Horizonte der Hospitalität
In Australien und Neuseeland ist heute, wie in Europa und den USA, ein
postmodernes Gesellschaftsmodell dominierend, unter dessen Einfluß die Religion
zu einer vollkommen von der Kollektivität getrennten Privatsache geworden ist.
Persönliche Freiheit, soziale Gerechtigkeit, Ökologie und Feminismus zählen
viel mehr als das Bekenntnis zu einem Glauben. In diesen veränderten
Gegebenheiten haben die Ordensleute begonnen, sich aus den großen
Einrichtungen, die einst die Hochburgen der apostolischen Tätigkeit der
Ordensgemeinschaften waren, zurückzuziehen und sich auf kleinere Dienste und
offene bzw. individuelle apostolische Tätigkeitsformen zu konzentrieren..
Australien: Die ersten Barmherzigen Brüder, die
1947 in der Erzdiözese von Sydney ankamen, gehörten zur letzten Welle irischer
Missionare, die auf den australischen Kontinent kamen. Zu jener Zeit stand die
Pflege und Betreuung geistig behinderter Kinder in Australien auf einem sehr
niedrigen Niveau. Die Brüder wandten sich dieser Tätigkeit zu und öffneten nach
und nach drei Sonderschulen und eine Förderwerkstätte für geistig behinderte Kinder und Jugendliche. Ihre Leistungen
auf diesem Gebiet haben das Evangelisierungswerk der Kirche enorm gefördert,
gaben sie mit ihrem Dienst doch ein eindrucksvolles christliches Zeugnis der
Nächstenliebe.
Zugleich widmeten sich die Brüder
in Australien auch der Psychiatrie, die bis dahin als reine Aufbewahrungs- und
Wegsperrtätigkeit betrieben wurde. In den zwei psychiatrischen Krankenhäusern
des Ordens wurden neue Methoden angewandt, wie z.B. ein verstärkter Einsatz der
Gruppentherapie und differenzierte pharmakologische Heilverfahren.
1997 feierte der Orden sein
50jähriges Bestehen in Australien. Zur Zeit ist er in den beiden Bundesstaaten
New South Wales und Victoria tätig, und zwar mit einem Heim für geistig
behinderte Kinder in Morisset, zwei psychiatrischen Krankenhäusern in Sydney
sowie einem Netz von sozialen und therapeutischen Diensten für Behinderte in
Melbourne.
Neuseeland: Bereits
dem ersten Ordensoberen in Australien, der 1947 aus Irland gekommen war, wurde
aufgetragen, das Werk des Ordens auch
auf das benachbarte Neuseeland auszuweiten. Der Plan konnte 1955 in die Praxis
umgesetzt werden, als vier Brüder nach Christchurch, der Hauptstadt des Bundesstaates
South Island in Neuseeland gingen, wo sie eine Sonderschule für lernbehinderte
Kinder eröffneten.
Die Schule, "Marylands"
mit Namen, wurde wegen ihrer fortschrittlichen, heilpädagogischen Lehrmethoden
in ganz Neuseeland bekannt. Sie wurde 28 Jahre lang von den Brüdern geleitet,
bis sie dem Staat übergeben wurde. Danach widmete sich der Orden in
Christchurch in einem Heim der Betreuung psychisch kranker Erwachsener.
Außerdem errichtete er eine Wohngruppe für jugendliche Kriminelle, bei denen es
sich in der Mehrzahl um Maori handelt. 1995 übernahm der Orden zusätzlich in
Hastings in North Island von den Kleinen Schwestern der Armen ein Altenheim.
Der Tätigkeitsschwerpunkt des
Ordens in Neuseeland liegt zur Zeit in der Altenarbeit und Rehabilitation
behinderter Menschen. Außerdem kümmert er sich um Obdachlose, vor allem
Jugendliche. Seine wichtigsten Werke sind das Altenheim in Hastings und das
Obdachlosenheim in Christchurch. Seit 1955 sind mehrere junge Männer aus
Neuseeland in den Orden eingetreten, von denen das Werk des Ordens sowohl in
Neuseeland selbst als auch in Papua-Neuguinea wesentlich mitgetragen wird.
Papua‑Neuguinea: Papua-Neuguinea zählt ca. 3 Millionen Einwohner, von denen die Hälfte
Christen sind. Davon sind wiederum ca. die Hälfte Katholiken. Die gebirgige
Landschaft führte zu einer konfessionsmäßig zersplitterten Evangelisierung,
wobei jede Konfession sich ein Gebiet zu eigen machte. Diese Aufteilung bestand
bis zum Ende der Kolonialzeit. Danach haben sich die christlichen Kirchen auch
außerhalb ihrer politischen und natürlichen Grenzen ausgeweitet. Die
melanesianische Kultur kennt keine Form des Ordenslebens oder Priesteramtes
Die Barmherzigen Brüder kamen
1971 nach Papua-Neuguinea. In der Hafenstadt Port Moresby begannen sie, sich um
behinderte Kinder zu kümmern. 1976 dehnte der Orden seinen Wirkungskreis in das
Bergdorf Kamina aus, in dem die Brüder eine Sozialstation in Betrieb nahmen,
von der sie die Bildung, Landwirtschaft und andere Bereiche förderten. 1994
zogen sich die Brüder aus Kamina zurück und konzentrierten ihre Tätigkeit auf
das Noviziat in Port Moresby.
Die meisten der einheimischen
Brüder in Papua-Neuguinea stehen noch in der Ausbildung. Trotzdem führt der
Orden ein Heim für jugendliche Obdachlose in Holola (Port Moresby) und ein
Zentrum für Alkohol- und Drogenabhängige in Goroka. Außerdem sind die Brüder
seelsorgerisch in einem Gesundheitszentrum in Raihu (Aitape) tätig und leiten
in Port Moresby eine Förderwerkstätte für Leprakranke.
Es gibt bereits mehrere
einheimische Profeßbrüder und einen anhaltenden Strom neuer Kandidaten. Das
Scholastikat ist in Aitape. Hier werden die jungen Brüder darauf vorbereitet,
die Werke des Ordens selbständig weiterzuführen. Das Zentrum für Alkohol- und
Drogenabhängige in Goroka wird in Zusammenarbeit mit der Bischofskonferenz
geführt, der es gehört.
Die vielfältigen Ausdrucksformen,
in denen die Hospitalität umgesetzt werden kann, sind der ganz besondere
Beitrag des Ordens zum Evangelisierungswerk der Kirche in Papua-Neuguinea. In
diesen Ausdrucksformen spiegeln sich wirkungsvoll so wichtige christliche Werte
wieder wie die Hingabe an den Nächsten und die Dienstbereitschaft für den
Schwächsten.
Achtes Kapitel
AKTUELLE HERAUSFORDERUNGEN
FÜR DIE MISSIONSTÄTIGKEIT DES
ORDENS
1. Die Berufung des Barmherzigen Bruders im Licht der
Missionsarbeit
Alle Getauften sind dazu berufen, Evangelisatoren und Zeugen des Reiches
Gottes zu sein. "Die ganze Kirche ist missionarisch und das Werk der
Evangelisierung ist eine Grundpflicht des Gottesvolkes" (EN 59). Aber
es gibt verschiedene Dienste innerhalb der Einheit dieser Sendung (vgl. EN 66).
Johannes Paul II. betont in der Enzyklika "Redemptoris Missio"
den fruchtbaren und reichhaltigen Beitrag, den das Ordensleben zur
Evangelisierung leistet. Er lädt besonders die aktiven Ordensgemeinschaften
ein, unabhängig davon, ob sie eine spezifisch missionarische Ausrichtung haben
oder nicht, für die Ausbreitung des Reiches Gottes zu arbeiten. "Die
Kirche muß die großen Werte des Evangeliums, deren Trägerin sie ist, bekannt
machen. Niemand bezeugt diese Werte wirksamer als der , der ein geweihtes
Leben... lebt" (RMi 69).
Für uns Barmherzige Brüder ist "der eigentliche Sinn unseres
Lebens, durch unser Apostolat die Liebe Jesu sichtbar und erfahrbar zu machen
und... unser Leben in den Dienst der Evangelisierung der Kranken und Armen zu
stellen" (DGK 5.6; vgl. Konst.
1984,41). Deswegen ist es unsere Aufgabe, den missionarischen Geist unablässig
wachzuhalten und ihn auch in der Verkündigung “ad gentes” zu bezeugen, indem
wir unserer Präsenz in den Missionsländern neuen Impuls geben (vgl. Konst.
1984, 48), um überall auf der Welt von der barmherzigen Liebe des Vaters zu den
Kranken und Hilfsbedürftigen Zeugnis zu geben.
Wenn wir den missionarischen Geist nach dem Vorbild unseres hl. Stifters
unter uns lebendig erhalten wollen, müssen wir:
a) Mit Freude unsere Identität und Weihe als
Ordenschristen leben und bezeugen
Unsere Sendung wird in erster Linie an unserem Lebensstil sichtbar. Wenn
wir fest in unserer Weihe als Barmherzige Brüder ruhen, zeigen wir, daß Gott
der höchste Wert in unserem Leben ist und daß unser einziger Wunsch darin
besteht, seinen Willen zu erfüllen. Indem wir für jeden Hilfsbedürftigen ein
offenes Ohr haben, ihn aufnehmen und pflegen, erwidern wir die erfahrene Gottesliebe
und zeigen unsere Liebesfähigkeit.
Unser Glauben, den wir durch die tägliche Begegnung mit Gott im
persönlichen Gebet, in der Eucharistie und im Stundengebet nähren, muß sich
konkret im praktischen Einsatz für den Armen und Kranken zeigen (vgl. DGK 5.4).
"Das geweihte Leben ist beredter Ausdruck dafür, daß einer, je mehr er
aus Christus lebt, ihm um so besser in den anderen dienen kann, indem er bis in
die vorderste Missionsfront vorstößt und größte Risiken auf sich nimmt"
(VC 76; vgl. EN 69).
"Die Hospitalität, die wir als Gabe empfangen habe,
verlangt von uns, die Brüderlichkeit in Einfachheit zu leben" (Konst. 1984, 36b). Wir sollen:
·
Lebensgemeinschaften bilden,
·
die in einer geteilten Welt die
menschliche Zusammengehörigkeit bezeugen
·
und die Bruderliebe wie echte
Brüder leben und die Umgebung, in der sie eingegliedert sind, mit dem Gedanken
der Geschwisterlichkeit durchdringen (vgl. DGK 5.5.1).
Die Pflege der Geschwisterlichkeit in unseren Gemeinschaften ist eine
vorrangige Aufgabe unserer Sendung als Barmherzige Brüder.
b) Zeugen Christi sein
"Der besondere Beitrag der Personen des geweihten
Lebens zur Evangelisierung besteht vor allem im Zeugnis eines Lebens der
vollständigen Hingabe an Gott und an die Brüder und Schwestern" (VC 76). Indem wir Barmherzigen Brüder der Spur
Jesu von Nazareth, der umherzog und allen Gutes tat (vgl. Apg 10,38), "indem
er die verschiedensten Gebrechen und Leiden heilte" (Mt 4, 23), und
von Johannes von Gott folgen, "der in restloser Hingabe den Armen und
Kranken diente" (Konst. 1984, 1), wirken wir an der Rettung des
Menschen und der Welt mit, und zwar durch unsere Präsenz und Nähe, durch die
Achtung und den Schutz der Rechte der menschlichen Person, durch die Anwendung
aller erforderlichen Mittel für eine ganzheitliche Pflege, durch die Hinwendung
zum kranken und hilfsbedürftigen Menschen als Mittelpunkt unserer Interessen,
durch die explizite Verkündigung des Evangeliums und dadurch, daß wir uns von
den Ärmsten evangelisieren lassen (vgl. POE 37).
c) Ganzhingabe
an Gott und restlose Verfügbarkeit für den Dienst am Menschen und an der
Gesellschaft
"Durch ihre Ganzhingabe im Ordenstand sind sie im
Höchstmaß frei und willens, alles zu verlassen und hinzugehen, um das
Evangelium zu verkünden bis an die Grenzen der Erde" (EN 69; vgl. RMi 69). Unsere Berufung als
Barmherzige Brüder verlangt eine bedingungslose Verfügbarkeit. Wir müssen
bereit sein, überallhin zu gehen, wo ein kranker oder hilfsbedürftiger Mensch
um unsere Hilfe bittet. Dieses Gebot gilt nicht nur für die Missionsländer,
sondern betrifft alle Realitäten, in denen der Orden tätig ist.
d) Inkulturation, Ökumenismus und Universalismus
Diese drei Elemente sind grundlegend zur Erhaltung unseres missionarischen
Geistes. Wir müssen den verschiedenen Kulturen mit großer Achtung, Offenheit
und Wertschätzung begegnen und uns bemühen, verschlossene oder voreingenommene
Haltungen, die dem Evangelium keinen großen Dienst erweisen, zu überwinden
(vgl. VC 79,80). Der Universalismus sollte uns dazu bewegen, stets eine Kultur
des Dialogs und der Solidarität zwischen den Völkern, den Institutionen und den
Einzelnen zu fördern, wobei echter Pluralismus und Achtung vor allen unsere
Grundlage bilden müssen. Der Ökumenismus ist nach dem II. Vaticanum eine
Aufgabe, durch die immer stärker zum Dialog und zur Zusammenarbeit zwischen den
Religionen hingearbeitet werden soll. "Der Dialog ist ein Weg zum Reich
Gottes und wird sicherlich Frucht bringen, auch wenn Zeiten und Fristen dem
Vater vorbehalten sind" (RMi 57; vgl. VC 101).
e) Angemessene Vorbereitung und Ausbildung
Unsere Sendung als Barmherzige Brüder verlangt "eine menschliche,
theologische und berufliche Ausbildung als unabdingbare Voraussetzung, um bei
den Kranken und Hilfsbedürftigen einen wirksamen Einsatz zu erbringen, den sie
verdienen und mit Recht von uns erwarten" (Konst. 1984, 43). Es liegt
auf der Hand, daß die Ausbildung je nach den Gegebenheiten der Regionen, in
denen der Orden tätig ist, und den Bedürfnissen der Menschen, die wir
betreuen, gestaltet werden muß. Als
allgemeine Grundlage ist jedoch überall eine angemessene persönliche Reife und
eine solide spirituelle Basis im weitesten Sinn wünschenswert und notwendig,
damit die Weihe als Barmherzige Brüder mit Hingabe und missionarischem Geist
umgesetzt werden kann.
f) Sich dem Orden und der Kirche in der Mission
gemeinschaftlich verbunden fühlen
Durch unsere Sensibilität, Sorge und Verbundenheit mit den Missionswerken
des Ordens und der Kirche signalisieren wir sichtbar und konkret unseren
missionarischen Geist. Das persönliche und gemeinschaftliche Gebet, die
Solidarität und Zusammenarbeit mit den Missionswerken und ihre Förderung im
Rahmen unserer Möglichkeiten sind Forderungen, die wir alle erfüllen müssen.
Wir sollen zwar eingebunden in der jeweiligen Realität leben und uns ihr
verpflichtet wissen, doch zugleich uns tief mit dem Gesamtorden und der
Weltkirche verbunden fühlen. "Nur eine tiefe Liebe zur Kirche vermag
den Eifer des Missionars zu stärken... Für jeden gilt: Die Treue zu Christus
kann nicht von der Treue zu seiner Kirche getrennt werden" (RMi 89).
2. Die missionarische Animation: eine ständige
Herausforderung für unsere Kommunitäten
Unsere Kommunitäten müssen sich, wenn sie wirksame Zeichen für die
Gegenwart des Gottesreiches in der Welt sein wollen, der missionarischen
Animation und dem Verkündigungsdienst mit demselben Elan wie ihrer
unmittelbaren praktischen Tätigkeit widmen. Ausgehend von dem Geheimnis der
Menschwerdung und der Auferstehung sollen sie Zeichen und Zeugen dafür sein,
daß sie gesandt sind, das Gottesreich zu errichten, das das Hauptziel
jedes Evangelisierungswerkes ist.
·
Gottvater hat seinen eingeborenen
Sohn mit dem Auftrag in die Welt gesandt, das harmonische Verhältnis
zwischen Mensch und Schöpfer wiederherzustellen und die Menschen, nach dem
Schöpferplan, am Leben Gottes teilhaben zu lassen (vgl. Joh 12, 49; 6-9; 1 Joh
4, 9-10). “Um den Willen des Vaters zu erfüllen, hat Christus das Reich der
Himmel auf Erden begründet, uns sein Geheimnis offenbart und durch seinen
Gehorsam die Erlösung gewirkt" (LG 3).
·
Christus hat wiederum die
Gemeinschaft, die er zu seiner Kirche konstituierte, mit dem Auftrag in die
Welt gesandt, allen Menschen die Frohe Botschaft zu verkünden (vgl. Mk
16,15; Joh 20,21; Lk 24.46; Hebr 1,8). "Wie nämlich der Sohn vom Vater
gesandt ist, so hat er selbst die Apostel gesandt...Diesen feierlichen Auftrag
Christi zur Verkündigung der Heilswahrheit hat die Kirche von den Aposteln
erhalten und muß ihn erfüllen bis zu den Grenzen der Erde" (LG 17).
·
Kraft ihrer Zugehörigkeit zur
Kirche, sendet unsere Gemeinschaft ihre Mitglieder, damit sie in
Übereinstimmung mit unserem Charisma die Frohbotschaft verkünden und sichtbar
machen. Deswegen pflegen wir in treuer Erfüllung des Auftrags, den die Kirche
vom Herrn empfangen hat, ständig den missionarischen Geist auf persönlicher und
gemeinschaftlicher Ebene und widmen uns der missionarischen Animation (vgl.
Konst. 1984, 48 und Gst. 58).
·
Unsere Kommunitäten erfüllen dann
den Auftrag zur missionarischen Animation, wenn sie ständig bereit sind, den
missionarischen Geist unseres Ordens zu fördern und andere an ihm zu beteiligen
durch "Formen der missionarischen Kooperation" (vgl. RMi 77 u.f.;
Gst. 59), die sich wie folgt darstellen können:
·
Das Zeugnis des eigenen Lebens,
verwurzelt in evangelischem Radikalismus, der sich in allen Bereichen des
Gemeinschaftslebens zeigt (Glaubens- und Gebetsleben, Bruderleben und
apostolischer Dienst).
·
Innere Beteiligung an der
Missionsarbeit durch das Gebet, Opfer und die pastorale Tätigkeit bei unseren
Patienten und Heimbewohnern mit dem Ziel, ihnen den österlichen Wert des in
Gemeinschaft mit Christus ertragenen Leidens nahezubringen.
·
Sich über die Missionstätigkeit der
Kirche im allgemeinen und die des Ordens im besonderen informieren.
·
Interesse, Förderung und
Unterstützung der Ausbildung der Missionsberufe.
·
Beteiligung an der materiellen und
finanziellen Unterstützung unserer Missionswerke
·
Mitarbeiter dafür gewinnen, ihr
Fachkönnen und Glaubensengagement in befristeter oder ständiger Weise in den
Dienst der Missionen zu stellen.
·
Durch die ständige Weiterbildung
auf persönlicher und gemeinschaftlicher Ebene sich mit den neusten
Entwicklungen und Herausforderungen im Missionsbereich vertraut machen.
·
Entsprechende Initiativen mit den
Instrumenten koordinieren, die der Orden für die missionarische Animation und
Förderung vorgesehen hat.
Wenn unsere Kommunitäten die missionarische Animation wirksam leben, geben
sie damit ein Zeichen für ihre Glaubensreife, ihr Ruhen in Christus als
Ordenschristen und ihr Verantwortungsbewußtsein für die Rettung aller Menschen
zum Aufbau des Reiches Gottes (vgl. RMi
77).
3. Die Charta zur missionarischen Animation
Dieses Dokument entstand bei einer Sitzung des Sekretariates für die
Missionen im Mai 1984 in Rom.
In der Einleitung wird ein Rückblick auf die Missionstätigkeit des Ordens
gegeben und die Notwendigkeit zur Errichtung des Generalsekretariates für die
Missionen erklärt. Im Anschluß werden die für die Missionsarbeit erforderlichen
Grundhaltungen illustriert: Opferbereitschaft, Anpassungsvermögen und Fähigkeit
zum Zuhören. Dabei wird darauf aufmerksam gemacht, daß wir alle, direkt oder
indirekt, an der Missionsarbeit mitwirken und in ihr einen bevorzugten Raum zur
Evangelisierung und Förderung des Menschen sehen sollen.
In der Charta sind weiter in Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche und
unseren Konstitutionen und Generalstatuten die Leitlinien zur missionarischen
Entwicklung und Animation im Orden enthalten. Dabei wird hervorgehoben, daß
sich die missionarische Animation des Barmherzigen Bruders durch zwei sich
einander ergänzende Tätigkeiten vollzieht: durch die Sendung “ad gentes"
(Verkündigungsdienst) und die missionarische Animation innerhalb des Ordens.
Letztere wird viel wirksamer sein, wenn die in den Missionen tätigen Brüder
durch Kontakte und Besuche die Kommunitäten und anderen Einrichtungen des
Ordens sensibilisieren. Obwohl wir alle kraft der Taufe und unserer Ordensweihe
berufen sind, aktiv an der missionarischen Animation mitzuwirken, ist es
sinnvoll, daß sich einige Brüder ganz besonders dieser Aufgabe widmen und die
Kommunitäten sie dabei bestmöglich unterstützen.
Es werden folgende konkrete Aktionen angeregt:
·
jährliche Begegnungen auf Provinz-
und interprovinzieller Ebene mit dem Ziel, das Interesse für die Missionen zu
fördern;
·
Behandlung missionarischer Themen
bei der Grundausbildung und ständigen Weiterbildung;
·
Sensibilisierung der Mitarbeiter,
der Ortskirche und anderer Organisationen.
Die Charta zur missionarischen
Animation hat im Orden folgendes bewirkt:
·
die Erhellung dieser Dimension der
Berufung zum Barmherzigen Bruder und wertvolle Impulse für die Zukunft (so
begann man zum Beispiel auf ihre Anregung hin, in einigen Provinzen die
Missionswoche abzuhalten, eine Einrichtung, die heute in den meisten
Ordensteilen besteht);
·
eine größere Sensibilität für die
Missionswerke, die zu einer größeren Solidarität, Gütergemeinschaft und
Unterstützung führte;
·
die Beseitigung einer Lücke und das
Bewußtsein, daß eine gezieltere Politik im Bereich der Missionsarbeit auf
Gesamtordensebene erforderlich war.
4. Grundlagen unserer Missionsarbeit
Um seine Wurzeln wissend und den Auftrag der Kirche zur neuen
Evangelisierung ernstnehmend, blickt der Orden an der Schwelle zum dritten
Jahrtausend hoffnungsvoll in die Zukunft, in der den Barmherzigen Bruder
unverändert eine große Aufgabe an der Seite des leidenden Menschen erwartet: "Das
ist der Wirkungsbereich des Barmherzigen Bruders bei der Neuevangelisierung:
Zeuge der christlichen Zuwendung zu dem Menschen in seiner Ganzheit sein, wofür
wir den Ausdruck Humanisierung geprägt haben; Zeuge der Solidarität mit den
Armen, den Kranken und Verlassenen sein; kurz den Menschen ein Bruder
sein" (DGK 4,1).
Da die Verhältnisse, in denen wir tätig sind, von Ort zu Ort verschieden
sind, muß von Fall zu Fall bedacht werden, wie in ihnen die Evangelisierung von
uns schöpferisch und treu zum Charisma realisiert werden kann. (vgl. Konst.
1984, 6). Folgende grundlegende Kriterien sollten dabei von allen befolgt werden.
a) Die Hospitalität ist der zentrale Kern unseres Lebens
"Unsere Existenz in der Kirche hat den Sinn, das
Charisma der Hospitalität nach dem Vorbild des heiligen Johannes von Gott zu
leben und offenbar zu machen" (Konst. 1984,1).
Die Hospitalität ist der Wesenskern, der unser Dasein bestimmt und uns "zur
Erfüllung unserer Sendung, das Reich Gottes unter den Armen und Kranken zu
verkünden und gegenwärtig zu machen" (Konst. 1984, 2), befähigt. Durch
sie haben wir am Gründerwerk unseres hl. Stifters teil. Sie ist eine Gabe
Gottes, die wir jeden Tag im Gebet und in der Hingabe an die Brüder erneuern
müssen. Die Hospitalität läßt uns wach bleiben und in steter Umkehrbereitschaft
leben, damit wir wie Jesus und Johannes von Gott den Kranken und Verlassenen heilmachende
Hilfen zu ihrer ganzheitlichen Befreiung anbieten können (vgl. POE 63).
Die erfahrene Barmherzigkeit Gottes drängt uns, uns restlos Gott zu
schenken und unermüdlich für den Menschen in Not da zu sein, um ihm und allen
damit die Frohe Botschaft vom reich Gottes zu verkünden.
b) Der Orden als Mitträger der Heilssendung der Kirche
Als Jünger Jesu ist es unsere Aufgabe, an der Evangelisierung mitzuwirken
und Zeugen dafür zu sein, daß er gekommen ist, den Menschen vom Leiden zu
heilen und zu erlösen. Dies tun wir, indem wir das Evangelium von der
Barmherzigkeit leben und in die Praxis umsetzen. “Die Kirche blickt mit
Bewunderung und Dankbarkeit auf die vielen Personen des geweihten Lebens, die
durch ihre Hilfe für die Kranken und Leidenden in bedeutsamer Weise zu ihrer
Sendung beitragen" (VC 83).
In Übereinstimmung mit der Tradition des Ordens stellen wir den leidenden
Menschen in den Mittelpunkt unserer Sorgen und Zuwendung und pflegen ihn
ganzheitlich. So führen wir das Heilswerk Christi fort. Neben den
medizinischen, psychischen und sozialen Hilfen, ist für uns die geistliche
Betreuung von ganz besonderem Interesse (vgl. VC 83).
c) Evangelisierung, Humanisierung und Förderung des
Menschen
Wahre Evangelisierung geht immer Hand in Hand mit dem konkreten Einsatz für
den Menschen. Die Herausforderung für uns Barmherzigen Brüder lautet heute, daß
unsere Heilmethoden zugleich christliches Heilsangebot, d.h. Evangelisierung,
sein müssen. Humanisierung und Evangelisierung müssen für uns ein untrennbares
Ganzes bilden, denn "dort wo die Liebe nicht ist, ist auch Gott nicht,
wenngleich Gott überall ist" (LB 15).
Eine größtmögliche technische und fachliche Qualität unter Einsatz der
modernsten Mittel mit einem behutsamen und rücksichtsvollen Umgang mit den
Menschen, die sich uns anvertrauen, verbinden, das wird heute von uns verlangt.
Unter diesem doppelten Zeichen bemüht sich der Orden seit Johannes von Gott,
seinen Auftrag zu erfüllen..
Die Förderung des Menschen gehört unlösbar zu unserer Sendung. Wir tragen
zu ihr je nach unseren Möglichkeiten bei. In den Regionen, in denen die Armut
am größten ist und die Mittel fehlen, zeigen wir uns durch konkrete Aktionen
mit den Betroffenen solidarisch, indem wir uns bemühen, ihnen mit einfachen,
verhältnismäßigen, aber wirksamen Mitteln zu helfen.
Ein Risiko, das den Einsatz des Barmherzigen Bruders für die Förderung des
Menschen beeinträchtigen kann, ist, daß er sein Selbstbewußtsein ausschließlich
oder vorwiegend aus der sozialen Nützlichkeit und Effizienz seines Tuns bezieht
und darüber vergißt, daß seine eigentliche und letzte Bestimmung die ist, für
die Liebe Gottes zu den Menschen Zeugnis abzulegen. Ein weiteres Risiko ist,
daß er der Wissenschaft und Technik nicht die gebührende Beachtung schenkt,
wohingegen es unsere Aufgabe ist, den Dialog zwischen beiden zu fördern und zu
zeigen, daß Wissenschaft und Technik in dem Maß zur Zivilisierung und
Humanisierung der Welt beitragen, in dem sie vom Wissen um Gott durchdrungen
sind (vgl. DGK 4.3).
d) Universelle Offenheit und Inkulturation
Diese zwei Grundhaltungen müssen wir unablässig pflegen und weiter
ausbauen, wenn wir unseren Auftrag glaubwürdig erfüllen wollen. Der Orden hat
bei der Ausübung seiner apostolischen Sendung nie Unterschiede zwischen den
Menschen gemacht: alle Kranken und Hilfsbedürftigen haben ein Recht auf seine
Zuwendung und Hilfe. Trotzdem sagen wir im Bewußtsein um unsere Grenzen mit
Johannes von Gott: "Während ich so viele Kranke, die doch meine Brüder
und Nächsten sind, in Not sehe..., gerate ich in große Traurigkeit, weil ich
ihnen nicht helfen kann" (2 GL 8).
An jede Situation und an jeden hilfsbedürftigen Menschen müssen wir
getragen von dem Gedanken der Solidarität herangehen, indem wir wie Jesus
handeln, der, obwohl er Gott war, sich uns Menschen gleich machte und unser
Leben teilte (vgl. Phil 2, 6). Wir müssen mit großem Respekt an die
verschiedenen Kulturen herangehen, uns angemessen vorbereiten und ausbilden und
ihre Ideen, Stile und Brauchtümer achten. Nur so können wir die Barmherzigkeit
und Liebe Gottes zu den Menschen glaubwürdig bezeugen: “Die Synode
betrachtet die Inkulturation als eine Priorität und Dringlichkeit im Leben der
Teilkirchen für eine tatsächliche Verwurzelung des Evangeliums in Afrika, als
ein Erfordernis der Evangelisierung, als einen Weg zur vollen Evangelisierung,
als eine der größten Herausforderungen für die Kirche auf dem Kontinent
angesichts des nahenden Jahrtausends" (EA 59).
e) In Zusammenarbeit mit der Kirche und anderen
Institutionen und offen für den
interreligiösen Dialog
Wir sind nicht allein in dem Tätigkeitsbereich, zu dem wir durch unsere
Sendung bestimmt sind. Deswegen sind wir gerne zur Zusammenarbeit mit
kirchlichen und anderen Einrichtungen bereit, die sich wie wir für den kranken
und hilfsbedürftigen Menschen einsetzen, vorausgesetzt, unsere
Handlungsfreiheit wird nicht beschnitten. Gruppen und Organisationen, mit denen
eine Zusammenarbeit möglich ist, sind: andere Ordensgemeinschaften, kirchliche
Vereine, Vereine anderer Konfessionen, soziale Organisationen und die
öffentliche Verwaltung.
Diesen Geist der Offenheit und Zusammenarbeit müssen wir ganz besonders mit
den kirchlichen Einrichtungen pflegen und weiter ausbauen. Mit derselben
Bereitschaft müssen wir den interreligiösen Dialog fördern, denn "da
der interreligiöse Dialog Teil der Sendung der Kirche zur Verkündigung des
Evangeliums ist, können sich die Institute des geweihten Lebens nicht der
Verpflichtung entziehen, sich auf diesem Gebiet zu engagieren, ein jedes gemäß
seinem Charisma und nach den Weisungen der kirchlichen Autorität” (VC 102;
vgl. RMi 55). Deswegen müssen sich die Brüder, die in den Missionen tätig sind,
spezifisch auf die ökumenische Zusammenarbeit vorbereiten und ausbilden.
f) Die prophetische Dimension unserer Sendung als
Barmherzige Brüder
"In unserer heutigen Welt, in der sich die Spuren
Gottes oft zu verlieren scheinen, erweist sich ein starkes prophetisches
Zeichen seitens der Personen des geweihten Lebens als dringend notwendig” (VC 85). Die Ordensleute stehen seit jeher bei
der Durchführung des Sendungsauftrages der Kirche an vorderster Front (vgl. EN
69).
Unser Orden hat immer prophetische Zeichen gesetzt, sei es durch die
schlichte und aufopferungsvolle Hingabe an die Kranken im alltäglichen Dienst,
sei es durch unerschrockenes Auftreten und die Anprangerung ungerechter
Zustände in Grenzsituationen. Das stille Wirken vieler Brüder an Grenzposten
des Krankendienstes und das Zeugnis des Martyriums, das viele von ihnen
erlitten haben, sprechen in eindrucksvoller Weise für die prophetische Kraft
des Ordens.
Wir müssen heute dieses Erbe übernehmen und mit unserem persönlichen und
gemeinschaftlichen Zeugnis fruchtbar weiter entfalten. Dabei sollten wir ganz
besonders folgende Punkte berücksichtigen:
·
Unser prophetisches Zeugnis gründet
auf unserem Lebensstil, auf der Qualität der Beziehungen, die wir zu unseren
Mitmenschen unterhalten, auf den Werten, die unserem Leben Sinn geben, kurzum,
auf unserer Lebensform, die eine Alternative zu dem Lebensmodell bilden muß,
das heute in der Welt dominiert und sowohl Gott als auch den Menschen in seinem
Personsein entwertet.
·
Dazu ist notwendig, daß wir, als
Einzelne und als Gemeinschaften, einen schlichten und bescheidenen Lebensstil
pflegen, nicht der Versuchung der Bequemlichkeit und des Konsumismus erliegen,
mit den Schwächsten solidarisch sind und uns konkret für sie engagieren und
kritisch zu ungerechten Haltungen, Strukturen und Maßnahmen Stellung nehmen.
All dies müssen wir persönlich und gemeinschaftlich als Aufgabe übernehmen,
wenn wir unserem prophetischen Erbe treu bleiben wollen.
·
Wir wissen um unsere Pflicht,
darüber zu wachen, daß das Recht der Person, geboren zu werden, menschenwürdig
zu leben, bei Krankheit gepflegt zu werden und in Würde zu sterben, gewahrt
bleibt (vgl. Konst. 1984, 23). Wir wissen, daß wir uns zur Stimme derjenigen
machen sollen, die keine Stimme haben, damit überall jeder Person die
menschliche Würde zuerkannt werde und der Mensch im Mittelpunkt jedes
Tätigkeitsprogrammes stehe (vgl. EA 70). "Außerdem erinnert die Kirche
die Personen des geweihten Lebens daran, daß es zu ihrer Sendung gehört, die
Bereiche des Gesundheitswesens, in denen sie tätig sind, zu evangelisieren,
indem sie versuchen, durch die Vermittlung der Werte des Evangeliums das Leben,
das Leiden und das Sterben der Menschen unserer Zeit zu erleuchten. Es ist ihre
Aufgabe, sich im Dienst des Evangeliums vom Leben der Humanisierung der Medizin
und der Vertiefung der Bioethik zu widmen" (VC 83).
·
Wie Jesus sollen wir uns mit den
Leidenden, Ausgeschlossenen und Schwächsten identifizieren. Obwohl wir
traditionsgemäß unseren Auftrag bisher hauptsächlich in eigenen Häusern
ausgeübt haben, sollen wir in den heutigen Gegebenheiten bereit sein, unsere
Arbeit auch außerhalb unserer Werke zu entfalten, vor allem dort, wo die
Eingliederung unserer Mitarbeiter die treue Fortschreibung der Werte des Ordens
gewährleistet und die Stabilität des Werkes keine besonderen Schwierigkeiten
aufweist.
·
Obwohl alle Bereiche der Armut, der
Krankheit, des Elends und des Leidens für uns Barmherzige Brüder bevorzugte
Handlungsgebiete zur Umsetzung des Evangeliums von der Barmherzigkeit sind,
müssen wir den ärmsten und verlassensten Kranken unsere ganz besondere
Aufmerksamkeit widmen (vgl. VC 83). Dazu gehören: Obdachlose, Sterbende,
AIDS-Kranke, Drogenabhängige, Immigranten, Alte und chronisch Kranke. Wenn wir
unseren Blick in die Missionsländer richten, entdecken wir zusätzliche
Dringlichkeiten: endemische Armut, epidemische Krankheiten (Malaria, Lepra, Polio,
parisitäre Pathologien u.v.a.), die geistig und psychisch Kranken, die noch
vielmals von der Gemeinschaft ausgeschlossen werden, Konsequenzen der Kriege,
Flüchtlinge und Heimatvertriebene.
g) Gemeinsam mit den Mitarbeitern
In Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Kirche ist unser Orden seit
geraumer Zeit bemüht, zu unseren Mitarbeitern ein partnerschaftliches
Verhältnis herzustellen. Das Dokument “Gemeinsam dem Leben dienen - Die
Barmherzigen Brüder und ihre Mitarbeiter" (1992) enthält die pastoralen
und praktischen Leitlinien, nach denen auf dieses Ziel hingearbeitet werden
soll.
Es ist ein Geschenk für die Kirche und für den Orden, daß so viele
Mitarbeiter, ehrenamtliche Helfer und Wohltäter unsere Sendung mittragen und
gemeinsam mit uns die Hospitalfamilie bilden. In Gemeinschaft mit ihnen führen
wir unsere apostolische Sendung fort (vgl. VC 54).
Es ist unsere Aufgabe, uns für die weitere Ausfaltung dieses
Gemeinschaftssinnes einzusetzen. Dazu bieten sich vielfältige Möglichkeiten an,
die mit gegenseitiger Achtung wahrgenommen werden sollten. Beim letzten
Generalkapitel haben die Mitarbeiter wie folgt zu ihrer Integration in den
Orden Stellung genommen:
"Die
Vertreter der Mitarbeiter anerkennen und schätzen die Bemühungen des Ordens,
sich selbst und sein Handeln vor dem Hintergrund der Erfordernisse der Zeit zu
hinterfragen und zu erneuern, und sind der Ansicht, daß die Integration der
Mitarbeiter in den Sendungsauftrag des Ordens heute... wichtig, notwendig und
unentbehrlich ist" (Erklärungen des 63. Generalkapitels, S. 31).
Es gilt, neue Projekte einzuleiten und die bestehenden weiterzuentwickeln.
Dabei sollen wir Brüder die treibende Kraft und Vordenker sein, während die
Mitarbeiter unseren Einsatz für die Schwächsten teilen und unterstützen sollen.
Es gibt Erfahrungen in dieser Richtung, die als Grundlage für neue
Unternehmungen dienen sollten.
h) Verkündigungsdienst
Alles, was bisher gesagt wurde, gilt auch, natürlich mit den gebührenden
Anpassungen, für die Tätigkeit des Ordens in den Missionsländern. Trotzdem
möchten wir hier den Appell herausstreichen, der von der Kirche in “Vita
Consecrata” an die Ordensleute hinsichtlich des Verkündigungsdienstes gerichtet
wurde:
Es ist Aufgabe des geweihten Lebens, “in jedem Teil der Welt für die Festigung
und Ausbreitung des Reiches Christi zu arbeiten, indem sie die Botschaft des
Evangeliums überallhin, auch in die entferntesten Gegenden bringen"
(VC 78; vgl. LG 44). In Entsprechung zu diesem Appell ist der Orden heute auf
allen fünf Kontinenten aktiv, nachdem er in der zweiten Hälfte dieses
Jahrhunderts enorme Anstrengungen unternommen hat, den Orden nach Afrika, Asien
und Ozeanien zu verpflanzen.
Die Leistungen, die in diesen Jahren vollbracht wurden, sind enorm und die
Brüder in den Missionen sind für uns alle wahre Vorbilder. Wir sollten uns um
ein engeres Näheverhältnis bemühen und zu unserer gegenseitigen Bereicherung
den Austausch intensivieren. Wir können viel für unsere Brüder in den Missionen
tun; aber wir können von ihnen und den Menschen, denen sie helfen auch viel
empfangen.
Alle Brüder haben die Pflicht, mit ihrem Gebet und ihrer Nähe das
Evangelisierungswerk des Ordens mitzutragen. Darüber hinaus sollte jeder bereit
sein, direkt in den Missionsländern zu arbeiten.
5. Neue Hospitalität: Neuevangelisierung im Geist des
heiligen Johannes von Gott
Erinnern wir uns zunächst, wie das 63. Generalkapitel die neue Hospitalität
verstanden wissen wollte:
"Die
neue Hospitalität ist an allererster Stelle eine Bewegung, die den Orden selbst
zum Gegenstand hat und den innersten Kern seiner Identität betrifft. Durch sie
soll in erster Linie das Primat der Evangelisierung vor allen anderen Aufgaben
des Ordens bekräftigt und verdeutlicht werden. Es handelt sich weder um ein
‘neues Charisma’, noch um den Versuch, es an das Wertesystem unserer
Gesellschaft anzupassen. Das Neue gilt nicht für den Inhalt des Charismas, der
unberührt fortbesteht, sondern bezieht sich darauf, daß wir die Gabe, die uns
der hl. Johannes v. Gott als Vermächtnis hinterlassen hat, in Entsprechung zu
den Bedürfnissen und Erwartungen des Menschen von heute, der unter Krankheit,
Alter, Ausgrenzung, Behinderung, Armut und Einsamkeit leidet, mit einer neuen
Sprache, neuen Zeichen und neuen Formen des Apostolates leben und zur Entfaltung
bringen sollen” (Erklärungen des 63. Generalkapitels, S. 13).
Von einer neuen Hospitalität sprechen, heißt, sich die Frage stellen: Wie
kann und soll der Orden heute wirksam seinen Auftrag erfüllen?
Unser apostolischer Auftrag verlangt, daß wir den Gedanken der Hospitalität
im Geist des hl. Johannes v. Gott definieren und in die Praxis übertragen.
Dieser Gedanke soll für den kranken und hilfsbedürftigen Menschen gedacht,
gemeinsam mit den Mitarbeitern gelebt und im Dienst an der Gesellschaft von heute
umgesetzt werden.
Unser Evangelisierungswerk richtet sich traditionsgemäß an eine Vielzahl
von kranken und hilfsbedürftigen Personen. Heute unterscheiden wir unter
“klassischen” Patienten und “neuen” Armen, Menschen, die den Rhythmus der
Gesellschaft nicht mitzuhalten imstande sind, und solchen, die darunter
zusammenbrechen, Industrieländern mit modernsten Mitteln und
Entwicklungsländern mit einer rudimentären Medizin.
Mit unserer Arbeit leisten wir einen wertvollen Beitrag zur Gesellschaft
von heute, und zwar überall, wo wir sind, unabhängig davon, ob wir mit unserem
Dienst das öffentliche Gesundheits- und Sozialnetz ergänzen oder, dort wo es
fehlt, es ersetzen.
In den letzten Jahren hat sich unser Orden eingehend befragt, wo sein Tun
am notwendigsten ist, und hat in Beantwortung darauf seine Optionen getroffen.
Das Dokument des letzten Generalkapitels “Neuevangelisierung und
Hospitalität an der Schwelle zum dritten Jahrtausend” listet diese Optionen in
dem Abschnitt 5.6.1. auf und nennt: Obdachlose, Sterbende, AIDS-Kranke,
Drogenabhängige, Immigranten, Alte und chronisch Kranke.
In diesen und anderen Tätigkeitsbereichen sollen unsere Werke, durch den
Dienst, den sie erfüllen, und durch die Form, in der sie ihn erbringen,
Lebensräume sein, in denen die barmherzige Liebe Jesu Christi zu den Kranken
und Hilfsbedürftigen in evangelischer Zeichenhaftigkeit aufleuchtet. An dem
Betreuungsmodell, das dazu notwendig ist, wirken in erster Linie die Brüder und
die anderen gläubigen Menschen mit, die mit ihnen zusammenarbeiten (Laien,
andere Ordensleute und Priester), aber wie uns das Konzil gelehrt hat, auch die
Mitarbeiter, die, ohne unseren Glauben zu teilen, den Samen des Reiches Gottes
in sich tragen und dadurch unbewußt an seinem Aufbau teilhaben. Deswegen sollen
wir auch mit ihnen freudig unsere Sendung teilen.
Davon leiten sich eine Reihe von Schlüssen her, denen wir bei der Erfüllung
unseres Sendungsauftrages Rechnung tragen müssen:
1. Alle
Personen, die in unseren Häusern tätig sind, müssen sich zum Dienst am
menschlichen Leben und zu seinem Schutz vereint fühlen und ihre menschlichen,
fachlichen und spirituellen Werten in den Dienst des gemeinsamen Zieles
stellen.
2. Die
Brüder und ihre christlichen Mitarbeiter sollen das angewandte Betreuungsmodell
mit der Erfahrung des Erlösergottes bereichern, der ein Freund des Lebens ist
und für alle das Beste wünscht. Diese Erfahrung soll den anderen Mitarbeitern
sowie den Kranken und Hilfsbedürftigen weiter vermittelt werden.
3. Ohne
eine Gruppe zu bilden, die Druck ausübt, sollen wir Christen in unseren Werken
und in unserer Arbeitsumgebung in Wort und Zeugnis Kirche bilden, auch wenn wir
unterschiedliche Kriterien haben und verschiedenen Sektoren der Kirche
angehören. Es ist sicher keine leichte Aufgabe, diesen Gemeinschaftsgeist
auszubilden, aber wir sollten keine Mühe scheuen, um eine echte Hauskirche
aufzubauen.
4. Eine
große Herausforderung an unsere pastorale Sendung liegt darin, daß wir mit
Schlichtheit und Freude unseren Glauben vor unserer Umwelt bezeugen sollen.
Dabei sollen wir mit evangelischem Geist freundschaftlich und verständnisvoll
auf die zugehen, die anders denken und glauben als wir.
5. Eine
andere große Aufgabe unserer pastoralen Sendung besteht darin, den gütigen und
barmherzigen Christus und seine frohe Botschaft zu den Kranken und
Hilfsbedürftigen zu bringen, die sich von Gott abgewandt haben oder mit ihrem
Schicksal hadern.
Wir sind dazu berufen, gelebtes Evangelium zu sein: mit Achtung vor jedem
Menschen, in Gemeinschaft mit der Ortskirche und mit ökumenischer Offenheit für
die verschiedenen Konfessionen.
Wir leben in einer Welt, in der sich die Menschen immer stärker über den
Sinn des Lebens, die Gründe ihres Schicksals und über die Existenz Gottes
befragen.
Der Orden ist in Regionen tätig, wo man noch nie von Jesus Christus
sprechen gehört hat. Er wirkt in musulmanischen, hinduistischen,
konfuzianischen und animistischen Kulturkreisen. Obwohl unsere Sendung nicht
unmittelbar die Verkündigung des Wortes zum Ziel hat, wissen wir, daß wir mit
unserem Dienst deutliche kirchliche Zeichen setzen, auch dann, wenn diese nicht
verstanden oder mißverstanden werden.
Mit unserem Dienst am kranken und hilfsbedürftigen Menschen und der
Pastoralarbeit, die wir in Zusammenarbeit mit Schwestern, Priestern und
Gläubigen durchführen, arbeiten wir mit der Ortskirche zusammen und ergänzen so
mit unserem karitativen Werk den Dienst, den andere Ordensleute, Priester und
Katechisten durch das Wort erfüllen, indem wir mit den Zeichen unseres Lebens
die heilmachende Gegenwart Christi sichtbar machen:
"Unser
Leben als Barmherzige Brüder in der Kirche wurzelt in der Person Jesu und in
seinen Taten. In seinem irdischen Leben waren die Kranken, die Armen und die
Demütigen die Bevorzugten seiner Liebe" (Konst. 1984, 41b).
DOKUMENTATION UND BIBLIOGRAPHIE
1. DOKUMENTATION
Zweites Vatikanisches Konzil
- Ad Gentes. Dekret über die Missionstätigkeit der
Kirche
- Apostolicam
Actuositatem. Dekret über das Laienapostolat
- Dei Verbum. Dogmatische Konstitution über die
göttliche Offenbarung
- Gaudium et Spes. Pastorale Konstitution über die
Kirche in der Welt von heute
- Lumen Gentium. Dogmatische Konstitution über die
Kirche
- Nostra Aetate. Erklärung über das Verhältnis der
Kirche zu den nichtchristlichen Religionen
- Perfectae Caritatis. Dekret über die zeitgemäße
Erneuerung des Ordenslebens
- Sacrosanctum
Concilium. Konstitution über die heilige Liturgie
Paul VI.
- Evangelii Nuntiandi. Apostolisches Schreiben.
Die Evangelisierung in der Welt von heue
Johannes Paul II.
- Salvifici Doloris. Apostolisches Schreiben über
den Sinn des menschlichen Leidens
- Redemptoris Missio. Enzyklika über die
fortdauernde Gültigkeit des missionarischen Auftrags
- Ecclesia in Africa. Apostolisches Schreiben über die Kirche in Afrika
- Vita
Consecrata. Apostolisches Schreiben über das geweihte Leben
IV. Generalkonferenz des lateinamerikanischen
Episkopats
Santo Domingo (12. - 28. Oktober 1992) (Celam IV).
Hospitalorden des heiligen Johannes von Gott
- Konstitutionen des Hospitalordens vom hl. Johannes v.
Gott. Rom, 1984.
- Erklärungen des 63. Generalkapitels. Santafé de Bogotá,
1994.
- Die apostolische Dimension des Hospitalordens vom hl.
Johannes v. Gott. Rom, 1982.
- Gemeinsam dem Leben dienen - Die Barmherzigen Brüder
und ihre Mitarbeiter. Rom, 1991.
- Johannes von Gott lebt. Rom, 1991.
- Neuevangelisierung und Hospitalität an der Schwelle zum
dritten Jahrtausend. Rom, 1994.
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- Was ist die Krankenpastoral? Rom, 1980.
- Regel des hl. Augustinus - Briefe des hl. Johannes v.
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R. Padre Gabriel, hijo de los Condes de Ferrara, in La Caridad, 13 bis
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Lizaso Berruete,
Félix., Braulio Ma. Corres, Federico Rubio
y compañeros Mártires, Hospitalarios de San Juan de Dios. Madrid, 1992.
Marcos Bueno,
Octavio., Testimonio
martirial de los Hermanos de San Juan de Dios en los días de la persecución
religiosa española. Madrid, 1980.
Pozo Zalamea,
Luciano del., Caridad y
Patriotismo. Reseña histórica de la Orden Hospitalaria de San Juan de Dios,
escrita con ocasión del quincuagésimo aniversario de su reflorecimiento en
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Russotto, Gabriele, Immolati per
amore de Dio. Rom, 1962.
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La guerra civile di Spanien (1936-1939) nell´Archivio Generale dei
Fatebenefratelli. Rom, 1987.
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San Giovanni di Dio e il suo Ordine Ospedaliero. Rom, 1969. Mit einem
eigenen
Bericht
über die polnischen Ordensmärtyrer (S. 117-118).
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Eustachio Kugler Fatebenefratello. L´uomo e la sua spiritualità. Rom,
1960.
Santos, Juan., Los cinco primeros compañeros de San Juan de Dios (con
las vidas de otros venerables
Padres). Barcelona, 1914.
Saucedo Cabanillas, Rafael María.,- El descubrimiento de Australia y la Orden
Hospitalaria de San Juan de Dios, in Paz y Caridad, 1 (1950), S. 16-19 u. 2
(1950), S. 83-87.
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“Hasta el cielo”. Biografía y martirio de 54 Hermanos Hospitalarios de San
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I nostri Martiri di Polonia, in Vita Ospedaliera, 2 (1947), S. 102-107.
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Il Servo de Dio P. Guglielmo Llop dei Fatebenefratelli, Rom, 1957. Vita Ospedaliera, 1 (1957).
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Los Siervos de Dios R. P. Braulio Ma. Corres y compañeros mártires de la Orden Hospitalaria de San Juan de Dios.
Barcelona, 1948.
Soria, Domingo
de, - Portento de la Gracia, Vida
admirable y heroicas virtudes del Serafín del amor divino, esclarecido con el
don de Profecías, el Venerable Siervo de Dios Fr. Francisco Camacho. Por
Fray Domingo Soria OH., Fundador del Hospital de Coquimbo, Guánuco y Valdivia.
Madrid, 1833.
VV.AA., - El Beato Ricardo Pampuri.
Madrid, 1981.
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Labor Hospitalario-Misionera de la Orden de San Juan de Dios en el mundo
fuera de Europa. Madrid, 1929. Mit
besonderen Bezügen zu den:
-
kolumbischen Ordensmärtyrern (S. 65-86)
-
chilenischen Ordensmärtyrern (S. 87-101)
-
brasilianischen Ordensmärtyrern (S. 102-111)
-
philippinischen Ordensmärtyrern (S. 111-129)
-
Ehrwürdigen P. Camacho (S. 121-142)
-
Fr. Cebrián de los Llanos (Fr. Cebrián de la Nada) (S. 143-157)
-
Fr. Manuel Chaparro (S. 158-163)
-
Recordando una vida, una obra, un martirio en el Padre Juan Jesús Adradas,
Pbro., OH. Madrid, 1960.
2.5.- Andere Schriften über die Missionstätigkeit
des Ordens
Alvarez Sierra Manchón, José., Influencia
de San Juan de Dios y su Orden en el progreso de la medicina y de la cirugía. Madrid, 1950
Eseverri Chaverri, Cecilio., Historia de la Enfermería Española e
Hispanoamericana. Barcelona, 1984. Zweite erweiterte Ausgabe,
Madrid, 1995.
González Pinto, Rodrigo., La obra hospitalaria en la asistencia a los
enfermos mentales. Madrid, 1950.
Russotto, Gabriele., Riflessi di un´anima. Rom, 1955.
Valencia, Justiniano., Instrucciones sobre asistencia a los enfermos mentales. Madrid, 1931.
Ventosa Esquinaldo, Francisco., Historia
de la Enfermería Española.
Madrid, 1984.
[1] CASTRO, Francesco de, Geschichte des Lebens und der heiligen Werke des Johannes von Gott, (VIII. Kap.).
[2] CASTRO, ebd., (IX. Kap.).
[3] CASTRO, ebd., (III. Kap.).
[4] CASTRO, ebd., (VI. Kap.).
[5] CASTRO, ebd., (XIV. Kap.).
[6] CASTRO, ebd., (XI. Kap.).
[7] CASTRO, ebd., (XXI. Kap.).
[8] CASTRO, ebd., (XX. Kap.).
[9] CASTRO, ebd., (XVII. Kap.).
[10] CASTRO, ebd., (XX. Kap.).
[14] Pius XI., Aus der Botschaft, die der heilige Vater bei einer außerordentlichen Udienz an die Mitglieder des Generalkapitels des Ordens richtete, bei dem u.a. auch die Umstrukturierung des Krankenhauses zum hl. Johannes Calibita auf der Tiberinsel diskutiert wurde. Rom,24. Mai 1930.
[15] P. Giovanni M. Alfieri, Aus einem Schreiben an den Gesamtorden vom 20.08.1865. Zu jener Zeit grassierte eine schwere Choleraepidemie in Europa und P. Alfieri forderte die Brüder auf, sich mutig der Opfer anzunehmen.
[16] Idem 15.01.1867.
[17] J.Cruset, Cronica Hospitalaria, Ed. Hospitalaria, Barcelona 1971, S.87-88..
[18] Fr. F.Lizaso, Perfil Juandediano del Beato Benito Menni. Granada 1985, Brief 33, 25-XI-1900.
[19] Idem, Gw., Brief 79, 1-II-1888.
[20] Idem, Gw., Brief 76, 24-X-1887.
[21] Idem, Gw., Brief 83, 15-X-1885.
[22] Idem, Gw., Brief 42, 8-III-1911.
[23] Fr. G.Russotto, Riflessi di un’anima, Rom 1955, Brief 28, 14-VIII-1923.
[24] Idem, Gw., Brief 80, 8-VI-1927.
[25] Idem, Gw., Brief 21, 5-IX-1923.
[26] Idem, o.c., Lettera 88, 23-VIII-1927.
[27] P. E.Blandeau, Rundschreiben an den Orden, 29-I-1941.
[28] P. M. Bonardi, Rundschreiben an den Orden, 15-VIII-1954.
[29] Idem, id, 28-XI-1955.
[30] P. H. Aparicio, Rundschreiben an den Orden, 12-II-1967.
[31] Idem, id, 28-XI-1969.
[32] Idem, Rundschreiben an die spanischen Provinzen, 2-II-1963.
[33] Fr. Anthony Leahy gehört zur Australischen Provinz. Er lebt und wirkt seit vielen Jahren in Papua Neuguinea, wo er auch Novizenmagister war.
[34] Fr. Fortunatus gehört zu den Urhebern des Missionswerkes des Ordens in Indien und ist der Gründer der Schwestern von der Nächstenliebe des heiligen Johannes von Gott.
[35] Priester-Mitbruder aus Vietnam. War viele Jahre lang Novizenmagister.
[36] Priester-Mitbruder aus Portugal. Er blieb während der Revolution in Mozambique und ist ein wahrer Zeuge der Treue zur Hospitalität. Er wurde mehrmals verhaftet.
[37] Fr. Ricardo ist Arzt und gehört zur Aragonischen Provinz. Er hat die besten Jahre seines Lebens den Kranken in Sierra Leone gewidmet, bis ihn das Alter und eine Krankheit zwangen, auf Anordnung der Oberen nach Spanien zurückzukehren.
[38] Fr. Rafael Teh ist ein aus Kamerun gebürtiger Priester-Mitbruder.
[39] Fr. Juan B.Carbó war bis zum 1. Mai 1997 Generaldelagt in Afrika.
[40] Statuten für die Missionen, Einleitung, Rom, 1957, S. 3.
[41] Vgl. Satzung des gemeinsamen Missionsfonds, Februar 1992. Generalarchiv des Ordens, Ordner Or. 51, Akte I., C.
[42] Moses Bonardi, Rundschreiben, 28-XI-1955.
[43] Moses Bonardi, ebd.